Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
Morduntersuchung vermasseln.« Diane kannte zwar das Mädchen nicht persönlich, aber sie war ungeheuer erleichtert, dass es nicht getötet worden war. Mit Gefängnis und Prozessen konnte man fertig werden, der Tod war endgültig.
»Das ist wirklich nicht lustig.«
»Nein, bestimmt nicht. Was genau haben sie eigentlich falsch gemacht?«
»Janice Warrick, die die Untersuchungen führt, hat Georges Mutter und Stiefvater erlaubt, das Haus zu betreten. Sie hat sogar zugelassen, dass der Stiefvater im Schlafzimmer herumgetrampelt ist, bevor die Kriminaltechnik kam.«
Diane presste die Lippen zusammen. »Hast du Detective Warrick nicht deutlich gemacht, dass man den Tatort mit falschen Spuren kontaminiert, wenn Leute ihn betreten dürfen?«
»Ich habe es ihr deutlich gemacht. Ich habe es ihr sogar an den Kopf geworfen. Daraufhin hat sie mich gefragt, was so ein Papppolizist überhaupt von Tatortarbeit versteht. Sie ließ sie sogar Dinge aus dem Haus mitnehmen. Als ich dagegen protestierte, wollte sie mir tatsächlich einen Platzverweis erteilen. Ich machte ihr klar, dass ich der Testamentsvollstrecker des Opfers bin und die Polizei von Rosewood und sie persönlich vor Gericht bringen werde, wenn etwas im Hause fehlt.«
»Warst du am Tatort?«
Frank starrte sie einen Moment lang an. »Ich blieb meist auf der Eingangsterrasse. Hast du an den Knochen gedacht?«
»Ja.« Sie zog ein Blatt Papier aus der Schublade. »Hier ist das Gutachten. Ich habe ein Standardformular benutzt.«
Er warf einen Blick darauf. »Irgendwas Neues?«
»Ja.«
»Du meinst, du hast beim ersten Mal etwas übersehen?«
Diane nickte. »Ja, leider.«
»Also dann sind wir wieder quitt, wenn man bedenkt, dass ich die Spinnweben weggeworfen habe. Was hast du gefunden?«
»Eine Fischgräte und den Deckel des Pupariums einer Schmeißfliege in der Markhöhle.«
»Was? Eine Fischgräte und ein was?«
»Den Deckel der Tönnchenpuppe einer Schmeißfliege. Kennst du dich im Lebenszyklus der Schmeißfliegen aus?«
»Aber sicher, den kennt doch jeder … Über Fliegen weiß ich nur, dass sie verdammt eklige Plagegeister sind.«
»Wenn es sie und einen Haufen anderer ekliger Kreaturen nicht gäbe, wäre die Welt übersät von toten, unverwesten Lebewesen. Nach dem Ende des dritten Larvenstadiums der Schmeißfliege …«
»Nicht zu kompliziert, bitte.«
»Also gut. Du weißt doch, dass Fliegen von Leichen und Aas angezogen werden.«
»Ja, das ist mir bekannt.«
»Es gibt einen Punkt im Lebenszyklus einer Schmeißfliege, wo deren Larve den Leichnam verlässt und sich im Boden eingräbt. Diese dritte Häutung verpuppt sich dann, sie wird zu einer Tönnchenpuppe, einem Puparium. Nach einer gewissen Zeit verlässt sie dann den Boden als ausgewachsene Fliege, indem sie den Deckel am Ende des Pupariums absprengt und aus der Puppe ›ausschlüpft‹. Einen solchen Deckel habe ich gefunden. Meine entsprechende Zuschreibung muss noch vom Entomologen überprüft werden, aber die Bedeutung dieser Funde liegt zweifellos darin, dass sich weder die Fischgräte noch der Pupariums-Deckel in diesem Knochen hätten befinden dürfen.«
»Okay. Und wie sind sie dann dorthin gekommen?«
»Ich nehme an, sie wurden eingespült. Aber es sind auch noch andere Szenarien denkbar. Der Knochen könnte unter der Erde gelegen haben. Dann wäre die Larve von einem anderen, oberirdisch verwesenden Lebewesen gekommen, hätte sich in den Boden eingegraben und wäre dann in die Knochenhöhle geschlüpft. Später könnte der Knochen durch die Erosion des Bodens freigelegt oder von einem Tier ausgegraben worden sein, um dann von deinen Freunden gefunden zu werden.«
»Bringt uns das irgendwie weiter?«
»Es sagt uns etwas über die Umgebung, in der sich der Knochen befand …«
»Etwa ein Fluss?«
»Nein, die Schmeißfliegenlarve lebt nicht unter Wasser. Denk daran, dass dein Freund George gedacht hat, es handle sich um einen Hirschknochen, weil er daneben Hufe, Geweihe oder ähnliches gefunden haben will. Also lagen hier Fischgräten und Hirschknochen an derselben Stelle. Ich glaube, du solltest also den Rest des Körpers – die übrigen Knochen – an einem Ort suchen, an dem man mit unterschiedlichen Tierknochen umgeht. Etwa ein Jagdlager, in dem Wild oder Fisch ausgenommen und zerteilt werden.«
Frank nickte. »Das ist ja schon ein Anfang. Woher weißt du eigentlich so viel über Insekten?«
»Das war Teil meines alten Jobs. Körper, Knochen, Insekten und
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