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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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ein angekündigter Probealarm weniger Sinn haben sollte, denkt Kalo. Er wird sich mit Atto Dyson unterhalten müssen. Er hält diese routinemäßigen Alarmierungen für völlig unsinnig, sie schläfern ein, stumpfen ab, und sie sind dazu angetan, emotionale Abwehrreaktionen zu provozieren. Das alles müßte Dyson bekannt sein. Welches sind seine Gründe, sich über die einfachsten Regeln der Psychologie hinwegzusetzen? Oder ist gerade das die typisch Dysonsche Psychologie, ist es das, was ihm seine manchmal verblüffenden Erfolge beschert?
    Noch immer entlassen die Türen der Aufzüge neue Bewohnerscharen. Die Halle füllt sich langsam. Nirgends ist auch nur die Spur von Aufregung zu bemerken, man nimmt diesen Alarm hin wie ein Naturereignis, wie etwas Unausbleibliches, ja wie etwas Normales. 
    Irgendwo ertönen leise Klingelzeichen, Robotwagen fahren vorsichtig durch den Raum, umrunden Menschengruppen, halten hier und da an, beschreiben Kreise und Bogen, verschlungene Linien. Ihre tischförmigen Aufsätze tragen Stapel von Schalen und Gefäßen, Nahrungsrationen aus verschiedenen Pilzgerichten, Kräutern und pastetenartigen Happen, dazu Getränke, zumeist Obstsäfte und Konzentrate. Nur selten macht jemand von dem Angebot Gebrauch, die meisten der Anwesenden stehen in kleineren oder größeren Gruppen zusammen und unterhalten sich zwanglos.
    Nelen schiebt sich durch das Gedränge. Schon von weitem winkt er aufgeregt herüber. „Habt ihr das gehört?" ruft er. „Ein tolles Stück." Dieser Alarm ist eine Übung. Kann man sich das vorstellen? Eine Übung."
    Unvermittelt bricht er in Lachen aus. Die in der Nähe Stehenden lächeln verständnisvoll, für sie ist das wohl längst nichts Neues mehr, auch nicht, daß sich Neuankömmlinge darüber erregen oder daß sie in Lachen ausbrechen.
    Erst als Nelen in die Gesichter seiner Kollegen blickt, wird er wieder ernst. „Was ist? Findet ihr das etwa nicht komisch?"
    Pela berührt seinen Arm. „Anfangs schon", sagt sie. Aber da steckt Methode dahinter. Ich erinnere mich an die Situation auf Pluto III. Sie war ganz ähnlich. Und was tat Dyson, kaum daß er angekommen war? Er führte ein strenges Regime des Warndienstes ein, ließ den Ernstfall, die Katastrophe trainieren, und er hatte Erfolg damit. Die Mannschaft fühlte sich irgendwie gerüstet, die Alarmierungen kamen ihrem Sicherheitsbedürfnis entgegen."
    „Und die Disziplin festigte sich", wirft der in der Nähe stehende Randolph ein.
    Kalo beobachtet ihn. Randolph zeigt nicht die Spur einer Regung, unter dem Foliehemd hebt und senkt sich die dunkel behaarte Brust kein bißchen schneller als vorhin im Lift. Randolphs künstlicher Kreislauf ist wohl kaum aus seinem Rhythmus zu bringen. 
    „Ich weiß nicht...", sagt Kalo. Er möchte jetzt keine Diskussion über Dysons Leitungsmethoden heraufbeschwören, und er möchte Randolph nicht unbedingt zeigen, daß er ihn nicht besonders mag. 
    Torre Nelen kommt ihm unbewußt zu Hilfe. „Und was nun?" will er wissen.
    Kalo schiebt die unerfreulichen Gedanken beiseite. „Nach diesem Alarm werden wir uns zuerst um die Spiegel kümmern", sagt er. „Es gibt nichts Wichtigeres. Und über Dysons Leitungsstil haben wir uns nicht den Kopf zu zerbrechen. Außerdem gibt ihm der Erfolg recht." 
    Er sieht, daß Randolph bestätigend nickt, und obwohl er es nie zugeben würde, beruhigt ihn die Zustimmung des Kyborgs. „Wenn nur dieser Alarm erst vorüber...", beginnt er erneut.
    Die Computerstimme kommt wie auf Stichwort: „Alarm beendet! Alarm beendet! Normalisierung aller Systeme in spätestens vier Minuten abgeschlossen."
    Man begibt sich zu den Eingängen der Aufzüge, aber auch jetzt hastet niemand. Man geht gemessenen Schrittes, führt begonnene Unterhaltungen weiter, lacht, gestikuliert, das Groteske der Situation scheint niemandem bewußt zu werden.
    Die Robotwagen stehen sinnlos an den Wänden herum.
    Dann ein Knacken in unsichtbaren Tonträgern, abermals Worte, diesmal jedoch mit unverkennbar menschlichem Timbre; es ist Dysons Stimme: „Ich gebe eine Zusatzinformation! Achtung, Zusatzinformation! Die Übung wurde vorzeitig beendet, um die Startvorbereitungen der Gruppe Extrakom nicht zu behindern. Das Unternehmen Spiegel beginnt in zweiundsiebzig Minuten."
    Wieder knackt es in den Tonträgern, dann abermals Dysons Stimme, nicht mehr ganz so sachlich wie eben noch: „Ein Hinweis für die Arbeitsgruppe der Extrakom. Seit zwölf Minuten beobachten wir verstärkte

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