Stern auf Nullkurs (1979)
Gitterkristallhirnen besser aus als sie.
Ihr Rücken verhindert die Sicht auf die Kugel, und da nichts den Schall überträgt, sieht man nur an den Bewegungen ihrer Schultern, daß sie Kontakte schließt, Adapter ansetzt, Meßinstrumente beobachtet und Werte vergleicht. Minutenlang sind in den Helmen keine anderen Geräusche als das elektronische Hintergrundrauschen und Pelas tiefe Atemzüge.
Schließlich wendet sie sich um. Mit hastigen Bewegungen verstaut sie die Drahtenden der Adapter in den Schenkeltaschen. „Das sieht nicht gut aus", sagt sie.
Sie schwebt vor dem Globoid, ein wenig schräg zwischen den Leitungen hängend, und stopft immer noch Kabel in ihre Taschen. Ihr Gesicht ist blasser als sonst.
Niemand drängt sie zu einer schnellen Beurteilung der Lage, im Halbkreis schweben sie vor ihr und warten, bis sie sich selbst eine Meinung gebildet hat. Nur Randolph wendet ihr den Rücken zu und beginnt angelegentlich die Wände des Kokons zu untersuchen. Er zeigt auch kein Interesse, als sie endlich weiterspricht.
„Die Situation ist ziemlich eindeutig. Der Innenwiderstand der Kristallstruktur ist erheblich gesunken. Das verursacht ein Steigen des Rauschpegels und begünstigt Fehlschaltungen. Das Resultat wird ein Totalausfall der Anlage sein."
„Und es gibt kein Mittel dagegen?" erkundigt sich Nelen.
Pela hebt die Schultern. „Keins, das mit absoluter Sicherheit eine Lösung brächte. Wenn man mit diesen Sonnenemissionen gerechnet hätte, wäre vielleicht eine Abschirmung möglich gewesen."
„Weshalb jetzt nicht mehr?"
Sie schüttelt heftig den Kopf. „Zu spät! Der Schaden ist nicht mehr zu beseitigen. Man müßte die Hirne abschirmen und neu programmieren. Das ist jedoch hier draußen kaum möglich. Es kann nur noch eine Frage der Zeit sein, bis..."
Vielleicht sieht sie zu schwarz. Pela neigt ein wenig dazu, in Extremen zu denken. Bisher funktioniert die Anlage immer noch zur Zufriedenheit. Bis auf die wenigen ausgefallenen Sektionen.
„Wir sollten nicht aufgeben", sagt Kalo. „Nicht jetzt!"
Sie mustert ihn aufmerksam. Um ihren Mund spielt ein Lächeln. „Ich gebe nicht auf", pariert sie. „Ich versuche das letzte, wenn auch nur noch ein Funke Hoffnung besteht. Immer!"
Kalo nickt erleichtert. „Ich wußte es!"
Sie blickt ihn noch immer an, und ihr Lächeln irritiert ihn.
„Worauf warten wir noch", fragt er.
Sie schiebt sich mit dem Rücken von der Kugel ab, schwebt auf ihn zu und faßt ihn am Arm. „Du kommst mit mir", erklärt sie. „Die Sektionen vierzehn und fünfzehn senden die stärksten Störimpulse zur Zentrale. Sie sind am meisten gefährdet. Aikiko und Torre sollten in der Zwischenzeit den Rückflug zum Transporter antreten und dabei die am Wege liegenden Sektionen überprüfen." Sie zieht mehrere Adapter aus der Tasche und erklärt in kurzen Worten deren Funktion. „Der Pegel darf nicht über Null Komma drei liegen", sagt sie abschließend. „Liegt er höher, so ist die Sektion sofort zu verlassen."
Kalo ist betroffen von dem beschwörenden Klang, der plötzlich in ihrer Stimme schwingt. Und in diese Betroffenheit mischt sich eine Spur von Sorge, als sie nach Nelens Schultern faßt und ihn zu sich umdreht.
„Kein falsches Heldentum, Torre", flüstert sie. „Rechtzeitige Flucht und Feigheit sind zwei grundverschiedene Dinge."
Nelen nickt wortlos. Mit einer kurzen Bewegung macht er sich aus ihrem Griff frei und verschwindet zusammen mit Aikiko im Kokon. Nur noch für kurze Zeit ist ihr Weg am Leuchten der Schubstrahlen zu verfolgen.
Pela wendet sich an Randolph. „Du solltest ihnen folgen. Kalo und ich gehen einen Weg, der nicht ungefährlich ist, William."
Der Hüne lächelt, aber seine Augen bleiben kalt. „Ich weiß", sagt er. „Nur habe ich einen besseren Vorschlag. Ich werde draußen hinter den Spiegeln Posten beziehen und genau auf eure Signale achten. Bei Gefahr werde ich sofort zur Stelle sein."
Das sieht nach Rückzug aus. Kalo hält es für die typische Reaktion eines Kyborgs, der mit mathematischer Sicherheit in Sekundenbruchteilen den Punkt ermittelt hat, an dem seine Überlebenschance am größten ist.
Schon will er auffahren, da sagt Pela zustimmend: „Keine schlechte Idee! Wir werden dich ständig auf dem laufenden halten."
Es gelingt Randolph, sich durch eine der Maschen des Kokons zu zwängen. Als draußen die Mündungsfeuer seiner Schubstrahler aufflammen, blickt er ein letztes Mal zurück und winkt einen flüchtigen
Weitere Kostenlose Bücher