Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
Vom Netzwerk:
sie in ihm das Gefühl wecken, er sei nichts als ein Staubkorn im Sturm evolutionärer Prozesse, mag sie ihn vielleicht sogar verzweifelt nach dem Sinn seiner Existenz fragen lassen, ihn Kalo, bedrückt sie nicht. Er weiß, daß der Mensch unbeantwortete Fragen braucht wie die Nahrung und die Luft zum Atmen. Diese Fragen haben die Evolution bewirkt, die ihn in Jahrmillionen zum Menschen gemacht hat und die ihn Mensch bleiben läßt.
    „Immer noch nichts?"
    Er schüttelt den Kopf, ohne sich umzuwenden. Hinter ihm steht Pela. Wie immer in den letzten Tagen, seit sie den Globoiden untersuchen, klingt ihre Stimme ernst und gespannt.
    Obwohl die Funken und Linien weiterhin inhaltlos über die Mattscheibe huschen, starrt er auch jetzt noch auf das Bild. Er mag Pete einfach nicht ansehen, er ist überzeugt, sie könnte ihm die Gedanken von der Stirn ablesen.
    „Die Ströme waren wohl schon erloschen, als wir ihn fanden", sagt er leise. „Ich glaube nicht, daß dies hier noch Sinn hat. Wir werden keine Engramme finden. Es gibt sie nicht mehr." 
    „Ich hatte es vermutet." Er hört deutlich, daß sie ihrer Stimme Festigkeit zu geben versucht.
    Langsam steht er auf und blickt sie nun doch an. Sie sieht müde aus. Alle in der Station sehen müde aus. Sie haben alles versucht, jetzt ist ihnen kaum noch eine Hoffnung geblieben.
    „Vielleicht kommen die Biologen zu einem Ergebnis", sagt er gegen seine Überzeugung. „Sie haben schließlich greifbares Material in Händen."
    Pela schüttelt wortlos den Kopf.
    Wahrscheinlich hat sie recht mit ihrer Skepsis. Zu fremdartig ist das, was sie auf Pluto an Bord genommen haben. Es gibt keinen Vergleich mit Bekanntem, keine Muster, an denen sich das Programm orientieren könnte. Sie forschen blind, und jede Erkenntnis, die sie gewonnen zu haben glauben, entgleitet ihnen beim nächsten Untersuchungskomplex.
    Er legt den Arm um Pelas Schulter und führt sie zur Tür. Sie geht langsam und schleppend. So kennt er sie nicht. „Vielleicht wissen wir morgen schon mehr", sagt er. 
    Pela lächelt kaum merklich. „Vielleicht."
    Sie lehnt sich an ihn, aber ihr Lächeln vergeht sogleich wieder. Der Beginn ihres gemeinsamen Lebens fällt in keine gute Zeit.
     
    Nachdem der erste Schock vorüber war, setzten sie einen Spruch nach Pluto III ab. Wieder war Dyson am Apparat. Sie bedauerten, sein Gesicht nicht sehen zu können, als sie von ihrem Fund berichteten. 
    Atto Dyson schwieg lange. Nur seinen stoßweisen Atem hörten sie. Schließlich meldete er sich wieder. „Sag das alles noch einmal, Hal. Aber bitte deutlich. Wir wollen jedes Wort mitschneiden." 
    Und Hal Krokot wiederholte. In dürren Worten beschrieb er die Kugel zum zweitenmal, die glasige Oberfläche, die fleischige Masse im Innern, die bestürzenden, grünen Augen mit den rötlichen Adern in der Iris und den waagerechten, schwarzen Pupillen. Alle begriffen, daß Dyson Zeit brauchte, um sich zu fassen.
    „Wie groß ist die Masse der Kugel?" erkundigte er sich endlich. Sie betrachteten das Ding erneut, als hätten sie es nicht ständig vor Augen gehabt.
    „Unter tausend und über vierhundert Kilo", schätzte Tonder. Dyson stieß die Luft aus. „Genauer bitte."
    „Es wäre sinnlos, Atto", schaltete sich Kalo ein. „Wir wissen nichts über diesen Körper. Veyt hat recht."
    Hal Krokot verzog das Gesicht, aber auch er mochte wohl einsehen, daß jede andere Angabe äußerst fragwürdig sein mußte. 
    „Gut", sagte Dyson. „Die Transportfähre startet in spätetens zehn Minuten. "Wir werden die Startvorbereitungen auf ein Minimum beschränken. Bleibt an Ort und Stelle. In weniger als sieben Stunden sind meine Leute bei euch und laden die Kugel ein." 
    Kalo ging mit Hal Krokot zur Station, um den Hitzestrahlbohrer herbeizuschaffen. Sie legten die fünfunddreißig Kilometer in etwas mehr als sechs Stunden zurück. Die Kugel hatte sich in der Zwischenzeit wieder mit einer dicken Reifschicht überzogen. 
    Sie schmolzen das Eis rings um das Objekt herum auf. So entstand ein Krater, der bis an den Rand mit irisierender Flüssigkeit gefüllt war. Die Kugel schwamm leicht, sie tauchte kaum ein, und sie bewegte sich, wenn jemand sie berührte. Langsam schmolz die Reifschicht. Zum erstenmal sahen sie das Innere als Ganzes.
    Fingerstarke Fortsätze ragten aus der ebenfalls kugeligen, fleischigen Masse heraus und preßten sich, an den Enden kräftig verdickt, von innen gegen die Wandung, die Masse offensichtlich in der Schwebe haltend.

Weitere Kostenlose Bücher