Stern auf Nullkurs (1979)
bleibt blau und klar.
Schließlich verstummt das Dröhnen der Reaktionstriebwerke, die Last der Startbeschleunigung weicht von den Schultern, die Rakete tritt in die Phase des antriebslosen Orbitalfluges ein.
Kalo Jordan ist auf dem Wege zu Aikiko Mangawa.
Wie hat er aufgehorcht, als Kregg ihren Namen nannte! Ausgerechnet sie bei einer Arbeitsgruppe der Interkos. Zuerst schien ihm allein schon der Gedanke abwegig, ja grotesk. Ausgerechnet Aikiko, die jede Erwähnung außerirdischer Intelligenzen mit Hohn und Spott beantwortet hat.
Dies war die Eigenschaft Aikikos, die ihm am meisten Kummer bereitete, und so ungern er daran denkt, immer wieder wird er daran erinnert, vor allem dann, wenn er fürchten muß, Wissen und Kraft abermals einer Hoffnung wegen zu vergeuden, die sich am Ende doch als Trugbild erweisen wird.
Aikiko faßte sich als Warnerin auf. Sie versuchte das Feuer der Euphorie, das immer dann spontan in ihm auszubrechen pflegte, wenn ihn eine neue Aufgabe erwartete, mit kalter Überlegung zu löschen. Selbst noch kurz vor ihrer Trennung, Minuten, bevor sie endgültig auseinandergingen.
„Millionen Menschen erfüllen ihre Aufgaben ohne die Hoffnung, je Umwälzendes zu vollbringen", sagte sie leise. „Aber sie denken gar nicht daran zu verzweifeln, weil sie wissen, daß sie gebraucht werden, und zwar genau an ihrem Platz, weil sie wissen, daß das, was sie tun, getan werden muß. Und vielleicht, Kalo..., vielleicht ist die Arbeit dieser Menschen wichtiger als jede Himmelsstürmerei."
Aikiko hatte nie ein Blatt vor den Mund genommen. „Himmelsstürmerei" nannte sie das, was er als seine Lebensaufgabe betrachtete, wofür er sich oft quälte, was ihm ebenso häufig aber auch Halt war.
Er versuchte in ihrem Gesicht zu lesen, damals, kurz bevor sie sich trennten, aber in diesen letzten Minuten ihres gemeinsamen Lebens blieb ihre Miene ernst und nachdenklich, da war kein Zug von Spott mehr zu entdecken. Aus warmen, dunklen Augen blickte sie ihn an.
„Das solltest du dir immer vergegenwärtigen, Kalo Jordan. Vor allem, wenn du Neues beginnst. In den vielen Jahren bewußter menschlicher Geschichte haben die, auf die du wartest, nichts von sich hören und sehen lassen. Weshalb sollte das ausgerechnet in der kurzen Zeitspanne geschehen, in der du lebst?"
Ihre Worte trafen ihn hart, vielleicht gerade deshalb, weil der Spott in ihnen fehlte.
Damals hätte er schwören mögen, sie sei einfach rückständig, aber niemand wußte besser als er, daß er ihr damit unrecht getan hätte. Sie hatte auf ihrem Fachgebiet, der Konstruktion biokybernetischer Transporter, größere Erfolge aufzuweisen als er auf dem seinen, der Kommunikationstechnik. Als der von ihrer Arbeitsgruppe geschaffene Prototyp eines biomechanischen Schwirrflüglers die ersten Probestarts absolvierte, hatte er noch nicht ein Kommunikationsmodell geschaffen, das wenigstens in Teilaspekten unumstritten gewesen wäre.
Nein, sie war nicht gegen den Fortschritt, sie hatte lediglich einen besonders kritischen Verstand. Und vielleicht wollte sie ihm wirklich nur helfen, wie sie immer beteuerte, aber eben in der ihr eigenen, mitunter verletzenden Weise.
Als damals der Einsatzbefehl kam, neigte er sogar dazu anzunehmen, sie werde recht behalten, man werde ihm irgendeine Aufgabe übertragen, die er abzuarbeiten habe, ohne innere Anteilnahme, ohne die Überzeugung, Wichtiges zur menschlichen Evolution beizutragen, eine Arbeit, die er hinter sich zu bringen habe, damit er nicht über kurz oder lang Gefahr laufe, seine Selbstachtung zu verlieren.
Nun aber hat sich wenigstens erwiesen, daß Aikiko teilweise irrte. Diesmal gibt es Greifbares, nicht nur nebelhafte Vermutungen. Der Dunkle existiert, und die Imagines sind Wirklichkeit.
Aber er kennt Aikiko gut genug, um nicht mit einem Triumph zu rechnen. Wenn er sie auf ihren Irrtum hinweist, wird sie ihr bezauberndstes Lächeln aufsetzen und sagen: „Soll ich mich denn schmollend in einen Winkel zurückziehen, wenn ich erkennen muß, daß ich unrecht gehabt habe? Oder soll ich gegen die Imagines wettern, weil es sie gibt, obwohl ich ihre Existenz stets verleugnet habe? Nein, mein Lieber, das ist nicht meine Art."
Nein, ihre Art ist das wirklich nicht, und deshalb wird er sich hüten zu triumphieren.
Nachdem Kregg und Randolph gegangen waren, blieben ihm noch zwei Tage, zwei Tage, die er nutzte, um sich in der Stadt umzusehen, und an denen er durch Versorgungszentren und Gaststätten
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