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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Melli
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Laisa noch, dann versetzte sie Rongi einen auffordernden Klaps.
    »Jetzt komm mit. Aber sobald ich Gewissheit habe, wer Waihe ist, kehrst du hierher zurück!«
    Zufrieden grinsend folgte ihr der Katling durch den nächtlichen Wald. Als die Umrisse des Gebäudes schon durch die Stämme zu sehen waren, blieben sie stehen und schnupperten ausgiebig.
    Schon nach kurzer Zeit wisperte Rongi Laisa ins Ohr, dass der Usurpator anwesend wäre. Nur wenig länger dauerte es, bis er sie auf dessen Geruch aufmerksam gemacht hatte. Als Laisa sicher war, Waihe damit zu erkennen, schickte sie den Katling wieder zurück und schlich selbst weiter auf die Jagdhütte zu. Schon bald konnte sie diese vollständig überblicken. Bei dem Gebäude handelte es sich eher um einen aus Holz errichteten Palast, der dreißig Mal so lang wie sie selbst war und zehn ihrer Längen in der Breite maß. Um das Haus herum brannten etliche Lagerfeuer, an denen Krieger sich in dichten Trauben drängten. Es handelte sich um Tanfuner, deren Abzeichen auf Brust und Rücken sie als Waihes Leibwache auswiesen.
    Die Männer redeten leise miteinander und warfen immer wieder scheele Blicke auf zwei nebeneinanderliegende Lagerfeuer, an denen Fremde saßen. Diese waren leichter ausgerüstet als Waihes Garde und trugen nur Lederrüstungen mit einzelnen, aufgenieteten Metallplättchen. Die Helme hatten sie abgenommen, so dass Laisa ihre Gesichter erkennen konnte. Die schmalen, raubvogelartigen Züge erinnerten sie an die Flussmäuler, mit denen sie aneinandergeraten war. Auch die Amulette, die die Männer trugen, glichen denen der Sklavenhändler.
    Da die Tanfuner sich ein Stück von den Freistädtern fernhielten und diese eng zusammengerückt waren, wurde eine Ecke des Jagdhauses in ein irritierendes Spiel aus Licht und Schatten getaucht, das Laisa auszunützen gedachte. Dieses Stück konnte sie mit drei Sätzen überwinden, aber sie musste warten, bis niemand direkt hinsah. Das Dach selbst bereitete ihr keine Sorgen, denn es bot mit seinen aufgewölbten Rändern reichlich Deckung.
    Bevor Laisa Anlauf nahm, um auf das Dach zu springen, umkreiste sie das Haus, um herauszufinden, hinter welchem der erleuchteten Fenster sich der Thronräuber aufhielt. Ihre Nase wies ihr den Weg, und sie versteckte sich in der Nähe dieser Stelle hinter einem Baum.
    Unterdessen waren mehrere Lagerfeuer niedergebrannt, und die Offiziere befahlen einigen Männern, neues Brennholz zu holen. Für etliche Augenblicke achtete niemand mehr auf das Gebäude. Laisa schoss auf die Jagdhütte zu, nutzte ihren Schwung, um den Rand des Daches zu erreichen, und zog sich so leise hinauf wie ein Waldvogel, der auf den hölzernen Schindeln nach Samenkörnern sucht. Sechs Herzschläge später lag sie eng an das Dach gepresst und belauschte die Gespräche in dem Raum unter ihr.
    ☀ ☀ ☀
    Waihe hatte gut und reichlich gegessen, dem Wein aber weniger zugesprochen als seine Gefolgsleute und die Gäste aus den Freistädten. Diese ließen ihn immer wieder hochleben und wünschten ihm Ruhm und Macht. Auch jetzt richtete sich der Anführer der Freistädter wieder auf und hob den Becher.
    »Auf König Waihe, den Herrscher von Tanfun!«
    »Er soll leben!«, scholl es aus dem Kreis seiner Kameraden zurück.
    Waihe nahm ebenfalls seinen Becher und trank einen winzigen Schluck. »Auch auf dich, Freund Morkok!«
    Dabei stieß er Kaoni, den Siebten in der Hierarchie der Priesterschaft von Tanfun und einzigen hochrangigen Kleriker, der sich ihm angeschlossen hatte, mit dem Fuß an und befahl ihm, den Trinkspruch des Freistädters ebenfalls zu beantworten.
    Kaoni tat es mit verkniffener Miene. Wie die meisten Tanfuner verabscheute er die Leute aus den Städten am Strom, in denen nur das Gesetz des Stärkeren galt, und fragte sich, ob Waihe gut daran tat, ausgerechnet solche Männer in seine Dienste zu nehmen. Doch welche Wahl hatte der General? Seit die Nachricht im Reich umlief, Prinz Punji habe niemals auf sein Erbrecht verzichtet, sondern fordere dies im Gegenteil vehement ein, ließ sich die Herrschaft über Tanfun nur noch mit Hilfe fremdländischer Söldner aufrechterhalten. Trotzdem wäre es dem Priester lieber gewesen, sein Anführer hätte andere Krieger angeworben.
    Daher wagte er zum ersten Mal so etwas wie Kritik. »Verzeiht Eurem ehrerbietigsten Diener, mein König, doch die Anwerbung von Freistädtern dürfte nicht in allen Teilen des Reiches gerne gesehen werden. Bedenkt doch: Die Bewohner der

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