Stern der Göttin
verhindern. Allerdings bringt es uns auch nichts, wenn wir uns alle in die Festung des Magiers zurückziehen. Damit gäben wir Waihe nur freie Hand, vollendete Tatsachen zu schaffen. Jemand muss hierbleiben und ihn beschäftigen!«
»Du willst, dass wir uns teilen? Das halte ich nicht für so gut.« Ysobel wedelte abwehrend mit den Händen und sah dabei Borlon hilfesuchend an.
Der Bärenmensch kaute auf seinen Lippen herum und überlegte. »So schlecht ist die Idee nicht. Du bist keine Kriegerin und Naika auch nicht. Ich will damit nicht sagen, dass ihr euch nicht zur Wehr setzen könnt. Das habt ihr gerade bewiesen. Es ist aber etwas anderes, mit einem kleinen Trupp aneinanderzugeraten, als sich mit einer größeren Schar herumschlagen zu müssen. Ich würde vorschlagen, dass ihr zwei euch mit Punji, Tiehu und den Gefangenen in die Festung zurückzieht, während Laisa, Rongi und ich uns um Waihes Gefolgsleute kümmern.«
Obwohl der Rat klug klang, kratzte Laisa sich die Nase und überlegte. »Die Festung ist meiner Meinung nach zu weit weg. Wir haben doch unterwegs in einer geräumigen Höhle übernachtet. Die ist in meinen Augen sicher genug. Außerdem gibt es einen kleinen Teich in der Nähe, in dem Naika schwimmen kann.«
Die Augen der Nixe ruhten traurig auf dem schönen Waldsee, den sie in der kurzen Zeit liebgewonnen hatte. Das war doch ein ganz anderes Leben als in den engen Wasserbassins der Festung. Aber der Teich, den Laisa erwähnt hatte, war tausend Mal besser, als erneut tief unten in der Erde eingesperrt zu sein. Trotzdem brachte sie noch einen Einwand vor. »Was ist mit den Gefangenen? Ysobel kann sie nicht allein bewachen. Sobald es ihnen bessergeht, werden sie versuchen, sich zu befreien und zu fliehen. Dies könnte unserer Freundin, aber auch Punji und Tiehu das Leben kosten.«
»Aus diesem Grund werden Borlon und Rongi mit euch gehen«, erklärte Laisa.
Damit war jedoch keiner von beiden einverstanden. »Du kannst nicht allein durch dieses Land schleichen!«, rief Borlon, während Rongi protestierend fauchte.
Laisa versuchte, sie zu beschwichtigen. »Es ist besser so. Kannst du dich vielleicht im Geäst der Bäume verstecken und so schnell laufen wie ein Pferd? Außerdem werden Waihes Knechte mich für einen schrecklichen Dämon aus dem Osten halten. Leute wie dich, Borlon, kennen sie, und werden sich von dir nicht abschrecken lassen. Außerdem musst du auf die Gefangenen achtgeben und die anderen beschützen.«
»Und ich?«, fragte Rongi beleidigt.
»Du bist ihr Späher und kannst mögliche Verfolger weitaus eher entdecken als die anderen. Dazu wirst du mein Kurier, dem ich Nachricht geben kann, wenn es nötig ist. Im Gegensatz zu allen anderen bist du in der Lage, der Duftspur zu folgen, die ich setzen werde. Führe Borlon und die anderen sicher zur Höhle und bleibe zwei Tage bei ihnen, danach folgst du mir so unauffällig wie der Wind, verstanden?«
»Ich bin also ihr Führer!« Rongi fühlte sich durch Laisas Vertrauen aufgerichtet.
Diese strich ihm über sein Stirnfell und nickte. »Natürlich bist du das. Du findest von allen am leichtesten den Weg.«
Borlon brummte immer noch missmutig vor sich hin. Als er jedoch Laisas scharfen Blick auf sich gerichtet sah, winkte er ab. »Ich weiß, dass du recht hast. Aber muss es mir deshalb gefallen?«
»Nein. Aber damit wirst du leben müssen. Da ich nicht weiß, wie rasch Waihe jemanden hinter den Kerlen herschickt, die wir gefangen haben, halte ich es für das Beste, wenn ihr morgen früh aufbrecht. Ich lasse mein Pferd bei euch. Auf meinem jetzigen Weg kann ich es nicht gebrauchen.« Zu ihrer Überraschung bedauerte Laisa es sogar, denn trotz gewisser Probleme mochte sie die massige Stute, die die Pferde der Tanfuner wie Fohlen aussehen ließ.
»Nimm mit, was du brauchst. Wir kommen schon zurecht.« Borlon atmete tief durch und blickte dann nach oben, wo sich zwischen den Baumkronen der Himmel immer mehr verdüsterte. »Es wird Nacht, und wir haben noch nicht einmal richtig gegessen.«
»Du vergisst den Riesenfisch von vorhin, bevor Tiehu und Punji aufgetaucht sind«, spottete Naika. Sie ließ sich aber herab, einen weiteren Fisch für Borlon zu fangen und auch einen für Laisa, die eben gemerkt hatte, dass Kämpfen hungrig machte.
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Achtes Kapitel
Der Evari
E s dauerte einige Zeit, bis Khaton seinen Turm bis in den hintersten Winkel durchforstet hatte und dabei auf Aufzeichnungen und Schriften gestoßen war, die er bereits
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