Stern der Leidenschaft
Augenschein zu nehmen. Der Deckel öffnete sich automatisch und gab den Blick auf die Liegefläche, eine Art Couch, frei. Die Polster wirkten einladend. Brittany fand die Vorstellung, sich darauf auszustrecken, plötzlich gar nicht mehr so beklemmend. Allerdings wunderte sie sich, wie wenig Platz die Truhe bot. Sicher gab es nicht nur schlanke Menschen, denen geholfen werden musste. »Was passiert, wenn ein übergewichtiger Mensch krank wird oder sich verletzt?«, fragte sie, als sie sich vorsichtig auf der Liegefläche niederließ. »Für Schwangerschaften ist die Meditechnik nicht geeignet. Ich glaube, das sagte ich bereits«, antwortete Shanelle.
»Ich dachte eher an eine ganz normale Person, ganz gleich ob Mann oder Frau, die nur etwas zu viel wiegt.«
»Nun ja, so jemand würde wahrscheinlich zuerst ein wenig abspecken müssen.«
»Und Gefahr laufen zu sterben, bevor er behandelt werden kann?«
Shanelle lächelte nachsichtig. »Auf dem Planeten, auf dem diese Geräte erfunden wurden, ernährt man sich schon lange nicht mehr von den wenigen noch verbliebenen pflanzlichen und tierischen Ressourcen. Man nimmt Speisen zu sich, die aussehen und schmecken wie eh und je. Dabei handelt es sich jedoch um synthetisch hergestellte Nahrungsmittel mit einem genau errechneten Gehalt an Nährstoffen. Davon kann beim besten Willen niemand dick werden.« »Heißt das, die Meditechnik wird nur an einen Kundenkreis verkauft, der keine Gewichtsprobleme kennt?«
»Nein, das ist kein Kriterium für die Vermarktung dieses Produktes. Aber könntest du dir einen besseren Anreiz als eine lebensrettende Maschine vorstellen, um gar nicht erst dick zu werden? Tut mir Leid – das war kein besonders geschmackvoller Scherz. Allerdings haben die meisten höher entwickelten Welten so profane Dinge wie Übergewicht tatsächlich längst hinter sich gelassen. Hier und da ist es sogar per Gesetz verboten. Aber meist reicht eine weit entwickelte Intelligenz und ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen schon aus, um gewisse Probleme gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dann gibt es noch die militaristisch organisierten Planeten. Dort gilt körperliche Fitness als eine der Grundvoraussetzungen des Überlebens. Übergewicht kommt in solchen Gesellschaften praktisch nicht vor. Wie dem auch sei, wenn eine Welt entdeckt worden ist, kann man sich dort zwischen dem eigenen, vielleicht recht langsamen Entwicklungstempo und der Übernahme der modernen Errungenschaften anderer Planeten entscheiden. Die Liga der Vereinigten Planeten hält sich aber stets an das Grundprinzip der Nichteinmischung.«
»Aber warum großartige Erfindungen ablehnen, wenn sie einem angeboten werden?«
»Dafür gibt es viele verschiedene Gründe. Sie können kultureller Art sein oder schlichtweg aus Dummheit, Unwissen oder Misstrauen gegen alles Anderweltliche entspringen …«
Gelächter klang aus allen Lautsprechern. Shanelle zog eine Grimasse und setzte dann hinzu: »Okay, manchmal reicht auch die ungeheure Sturheit gewisser Kriegervölker.«
»Ich glaube, Marthas Lachen galt vor allem meinem Misstrauen«, sagte Brittany verlegen.
Shanelle schüttelte den Kopf. »Deine paar Zweifel sind im Vergleich dazu, wie Sha-Ka’ani denken, ein Klacks. Wenn es um Anderweltler und Erfindungen anderer Planeten geht, sind sie an Sturheit nicht zu überbieten.«
Shanelle trat einen Schritt zurück, und der Deckel des Gehäuses senkte sich über Brittany. Die Angst, die ihr im ersten Augenblick den Atem nahm, verflog schnell. Schon zum zweiten Mal innerhalb einer Stunde lag sie nun in einer rätselhaften Maschine. Diesmal spürte sie nur einen warmen Lufthauch, der sie umwehte und hier und da ein Kribbeln auslöste. Dann sprang der Deckel wieder auf. Brittany setzte sich auf und blickte kritisch an sich hinunter. Der ganze Vorgang hatte nur wenige Sekunden gedauert. Aber sie hatte ja bereits geahnt, dass hier ein Schwindel vorlag. Wahrscheinlich behauptete Shanelle jetzt gleich, das Gerät sei defekt. »Es funktioniert wohl nicht«, wollte Brittany ihr zuvorkommen.
Shanelle legte die Stirn in Falten. »Warum? Hast du etwa immer noch irgendwelche Narben?« Nun erst sah Brittany etwas genauer hin. Sie betrachtete ihre linke Hand, die im Laufe ihrer Lehrjahre so manchen Schnitt oder Schlag abbekommen hatte. Sie hielt sie ins Licht und drehte sie hin und her. Dann hob sie die Hand dicht vor ihre Augen und musterte sie nochmals eingehend.
Brittanys Gesichtsausdruck
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