Stern der Leidenschaft
begegnen, der das offenbart, indem er mit den Zähnen knirscht oder mit den Füßen stampft. Das kommt bestenfalls bei den Bak lar-ani-Kriegern vor. Die Männer aus Daldens Clan sind stolz auf ihre Unerschütterlichkeit. Gefühle zeigen sie nie. Das bedeutet allerdings, dass sie sich gewisse menschliche Regungen, welche die von ihnen so geschätzte Selbstbeherrschung stören könnten, erfolgreich abgewöhnt haben.«
»Wenn Sie das behaupten, muss es wohl so sein«, antwortete Brittany und verdrehte dabei die Augen. Martha kicherte, doch Dalden klang Brittanys Nein noch in den Ohren. »Ich verstehe dich nicht. Wie kannst du uns einerseits nicht glauben, andererseits aber dennoch akzeptieren, was wir sagen?« »Man nennt so etwas ›das Spiel mitspielen‹, Dalden«, erklärte Martha. »Oder anders ausgedrückt: Sie hält alles, was sie sieht oder hört, in Wirklichkeit für eine raffinierte Täuschung, setzt jedoch ein nachsichtiges Lächeln auf und lässt sich ihre Zweifel nicht anmerken. Sie tut, als wären die äußeren Umstände gar nicht wichtig. Natürlich weiß sie in ihrem tiefsten Inneren genau, dass sie sich etwas vormacht. Aber sie weigert sich einfach, die Wahrheit zu sehen.« Es war schon fast unheimlich, mit welcher Treffsicherheit Martha die Gedanken und Gefühle einer Person erriet. Und das nur anhand weniger, laut ausgesprochener Worte. Sie erschien Brittany beinahe wie ein begnadeter Psychiater, dem selbst spärlichste Informationen tiefe Einblicke in das Gefühlsleben seiner Patienten erlauben. Aber wahrscheinlich war sie nicht die erste Probandin in diesem Testverfahren. Hier wusste man also längst, mit welchen Fragen und Problemen gebracht und in einen Aufruhr der Gefühle gestürzt worden war, nur um ein Experiment mit ihr durchzuführen. Was, zum Teufel, konnte das alles hier sonst sein?
»Ich stelle zunehmende Verzweiflung fest, Dalden. Du bringst Brittany am besten gleich zur Massage-Einheit. Und beeil dich!«
Kapitel Zweiunddreißig
Etwas Vergleichbares hatte Brittany noch nie erlebt. Ein einziges Mal hatte sie sich bisher eine Massage gegönnt und dafür fünfzig Dollar auf den Tisch geblättert. Nach Vollendung eines besonders schwierigen Bauauftrages hatte sie sich den kundigen Händen eines Masseurs anvertraut und war unter größten Schmerzen ihre Verspannungen losgeworden. Seither hielt sie nichts mehr von Massagen. Warum sollte man sich einer derart schmerzhaften Prozedur unterziehen, nur um ein paar andere Schmerzen loszuwerden? Sie musste allerdings zugeben, dass sie sich am darauf folgenden Tag wie neu geboren gefühlt hatte. Doch was sie nun erlebte, war etwas völlig anderes. Sie befand sich in einem Zustand absoluter Entspannung und genoss die Behandlung so sehr, dass sie regelrecht enttäuscht war, als sich der Deckel wieder hob. Erst hatte Brittany sich gar nicht in die eigenartige Kiste legen wollen. Sie erinnerte an einen Sarg oder genauer gesagt an einen Sarkophag, denn sie war der menschlichen Körperform nachgebildet. Eine ganze Reihe dieser Massagetruhen stand in dem großen Fitnessraum. Außerdem gab es jede Menge Trainingsgeräte, die Brittany völlig fremd waren. Eigentlich kannte sie sich mit der Ausstattung von Sportstudios bestens aus, aber mit den sonderbaren Geräten in diesem Raum konnte sie nichts anfangen. Dalden hatte ihr versichert, die Massage würde ihr gefallen. Gern hätte er ihr erst einmal selbst die wohltuende Wirkung einer solchen Behandlung vorgeführt. Doch zu seinem Bedauern waren die Massagekisten einfach zu klein für ihn. Er erklärte der zaudernden Brittany, sie müsse einfach nur gegen den Deckel drücken, falls sie sich in dem engen Kasten unwohl fühle und die Massage vorzeitig abbrechen wolle. Zu ihrem grenzenlosen Erstaunen empfand Brittany, selbst nachdem sich der Deckel über ihr geschlossen hatte, keinerlei Beklemmungen. Auch das Atmen fiel ihr wider Erwarten nicht schwer. Das Gerät setzte sich in Gang. Hunderte von kleinen Rollen und Massagekissen bearbeiteten Brittanys Körper von Kopf bis Fuß. Von allen Seiten gleichzeitig wurde sie sanft, aber wirkungsvoll massiert und durchgeknetet. Sie spürte, wie die Anspannung ihren Körper verließ, und fühlte sich bald so gelöst und angenehm schlapp, dass sie fürchtete, gar nicht mehr aufstehen zu können, wenn die Massage beendet war.
Schließlich hob sich der Deckel. Brittany erwartete einen grinsenden Dalden, der sie mit den Worten: »Habe ich es dir nicht gesagt?«,
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