Stern der Leidenschaft
glaube, wir bleiben beim Du, wenn es dir recht ist. Immerhin gehörst du jetzt zur Familie«, sagte sie zunächst freundlich. Dann setzte sie hinzu: »Martha gab mir eine Sublim-Kassette mit deiner Sprache. Drücke ich mich nicht verständlich genug aus?«
»An der Sprache liegt es nicht. Ich verstehe nur kein einziges Wort.«
»Die Erklärung mit dem Arzt in der Kiste war doch schon ganz gut.« »Du nimmst mich auf den Arm.« »Nein, wirklich. Wir nennen das Ganze eben eine meditechnische Einheit.«
»Okay, nehmen wir einmal an, so etwas gibt es tatsächlich«, sagte Brittany seufzend. »Welchen medizinischen Zweck erfüllt es?«
»Fast jeden, außer jemanden vom Tod ins Leben zurückzuholen oder Kinder zur Welt zu bringen. Meditechnische Einheiten leisten dieselbe Arbeit wie ein Ärzteteam, nur um einiges schneller. Außerdem beschleunigen sie den Heilungsprozess so enorm, dass der Patient innerhalb von Minuten wieder voll einsatzfähig ist. Krankheiten werden geheilt, gebrochene Knochen passgenau zusammengefugt, Risse in der Haut und in den Muskelfasern geschlossen. Sogar alte Narben werden zum Verschwinden gebracht.« »Das klingt alles ziemlich nach einem Wunder.« Shanelle zuckte die Schultern. »Vielleicht beruhigt es dich, dass man auf vielen Planeten dieselben Schwierigkeiten hat wie du, sich etwas so Großartiges vorzustellen. Auch auf Sha-Ka’an überwogen zunächst die Zweifel. Aber inzwischen ist man dort von den Vorzügen der Meditechnik überzeugt. Wenn ein Verletzter, der mit dem Tod ringt, schon nach einem halbstündigen Aufenthalt in einer meditechnischen Einheit wieder quietschvergnügt und kerngesund durch die Gegend marschiert, ist auch der ärgste Skeptiker bald vom Nutzen dieser Technik überzeugt. Die Erfolge der Meditechnik sprechen für sich, und selbst die Sha-Ka’ani, die ansonsten hoffnungslos altmodisch sind, haben inzwischen in jeder Stadt meditechnische Einheiten installiert. Warum sollte man sich dem wissenschaftlichen Fortschritt verschließen, wenn man mit seiner Hilfe Leben retten kann, die ein gewöhnlicher Arzt bereits verloren gibt?«
»Sicher«, stimmte Brittany zu. »Wenn es so etwas wie Meditechnik tatsächlich gibt.«
Shanelle grinste. »Hoffen wir, dass es dir nie am eigenen Leib bewiesen werden muss.« »Es wäre mir auch lieber, wenn ich es einfach so glauben könnte.«
Nun blinzelte Shanelle verdutzt. »Heißt das, du würdest eine Verletzung riskieren, nur um mit eigenen Augen zu sehen, wozu eine meditechnische Einheit im Stande ist? Ich glaube nicht, dass Dalden das zulässt.« »Sagtest du nicht, man könnte mit dieser Meditechnik Narben loswerden? Davon habe ich mehr als genug. Besonders grässliche sind zwar nicht darunter, aber kleinere Verletzungen handelt man sich in meinem Beruf ständig ein.«
»Sie lässt nicht locker, meine Kleine«, schnurrte Marthas Stimme aus der Sprechanlage. »Bring sie in die Krankenstation. Das könnte interessant werden.« In Brittany regten sich erste Zweifel. Wie bereitwillig man auf ihren Wunsch einging und dass selbst Martha nichts dagegen einzuwenden hatte, erregte ihr Misstrauen. Womöglich steckte ein Trick dahinter. Zugegeben, die Massage war sehr angenehm gewesen. Aber wahrscheinlich handelte es sich bei der Massagetruhe um den Prototyp eines Gerätes, das nur noch nicht ganz ausgereift war und deshalb bisher nicht in den einschlägigen Spezialgeschäften stand. Diese so genannte Meditechnik war wieder etwas anderes. Die ganze Sache klang in etwa so glaubwürdig wie die Geschichte mit dem Raumschiff und dem Flug zum Mond.
Trotz allem folgte sie Shanelle. Gegen ihre Neugier war nun einmal kein Kraut gewachsen. Außerdem war sie schon gespannt, was man ihr erzählen würde, wenn sie nach einer meditechnischen Behandlung noch immer all ihre Narben vorweisen konnte. In einem makellos weißen Raum, der Krankenstation, stand eine Reihe von schachtelartigen Geräten. Brittany sah sich vergeblich nach einem Techniker um, der sich um den Betrieb und die Wartung der wundersamen Gehäuse kümmerte. Auf den ersten Blick glichen sie den Massagetruhen, doch sie waren länger, breiter und höher. Der Gedanke an Särge schlich sich wieder in Brittanys Kopf. Konnte sie jetzt noch einen Rückzieher machen, ohne als Angsthase dazustehen? Immerhin hatte sie selbst daraufgedrängt, die Meditechnik am eigenen Leib testen zu dürfen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und trat etwas näher an eine der Kisten heran, um sie erst einmal in
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