Stern der Leidenschaft
sodass man zehn ankommende Raumschiffe gleichzeitig abfertigen konnte. Aber außer ihnen schien im Augenblick niemand gelandet zu sein. Der Ausgang, auf den sie nun zusteuerten, war durch einen Laufgang mit einem weiteren Gebäude verbunden. Nirgendwo gab es Fenster, was Brittany überhaupt nicht überraschte. »Das Zentrum ist eine Art eigene Stadt, wenn auch eine ziemlich kleine. Überhaupt sind die Städte auf Sha-Ka’an längst nicht so groß, wie du es von zu Hause gewohnt bist«, erklärte Martha. Sie hatte nun die Rolle des Fremdenführers übernommen. »Die ganze Anlage hier bedeckt eine Fläche von etwa zwei Quadratmeilen. Die Hälfte davon nimmt der eigentliche Flughafen ein, und die andere Hälfte besteht größtenteils aus Lagerhäusern. Dann gibt es noch die Unterkünfte für die Handelsvertreter, den Sicherheitsdienst, das Personal und die Kurzbesucher. Außerdem befinden sich Instandhaltungseinrichtungen, Reparaturwerkstätten und Versorgungseinrichtungen auf dem Gelände.«
»Und die ganze Anlage ist natürlich völlig unabhängig vom Rest des Planeten.«
»Exakt. Etliche Bewohner dieses Sterns würden sogar abstreiten, dass es das Besucherzentrum und den Flughafen überhaupt gibt. Die Einrichtungen werden von der Liga betrieben, die im Interesse ihrer Mitglieder Wert auf Handelsbeziehungen mit Sha-Ka’an legt. Daldens Vater ist der einzige Shodan, der regelmäßig direkt mit dem Besucherzentrum zu tun hat. Wenn die anderen Shodani etwas brauchen oder mit Fremden Handel treiben wollen, wenden sie sich an ihn.« Brittany wusste bereits, dass ein Shodan so etwas wie der Bürgermeister einer Stadt war. Oder vielleicht eher eine Art mittelalterlicher Herrscher über ein kleines Königreich. Er hatte vielfältige Aufgaben. Man wandte sich mit Problemen an ihn, er traf in allen Belangen, die seine Stadt betrafen, wichtige Entscheidungen, und Witwen und Waisen standen unter seinem persönlichen Schutz. Gleichzeitig konnte ihn jeder beliebige Krieger herausfordern und einen Anspruch auf seine Position anmelden. Dem Sieger gehörte die Macht.
In Kanis-Tra wurde der Titel eines Shodan also nicht automatisch vom Vater an den Sohn weitervererbt. In Falons Heimatstadt Ba-Har-an und einigen anderen Ländern hingegen bestimmte die Erbfolge, wer der nächste Anführer seines Volkes wurde. Doch sogar in diesem Fall musste der Sohn, der die Nachfolge seines Vaters antreten sollte, erst eine ganze Anzahl von Prüfungen bestehen.
»Nun zeig dich von deiner besten Seite, Püppchen. Deine Schwiegereltern sind im Anmarsch«, verkündete Martha plötzlich. »Wie bitte?«
Brittany blieb wie angewurzelt stehen. Dalden, der sie noch immer an der Hand hielt, wandte sich zu ihr um und lächelte ihr aufmunternd zu. Er hatte das Paar, das am Ende des Korridors auf sie wartete, längst entdeckt.
Der Mann war genauso riesenhaft wie Dalden, hatte dasselbe goldene Haar und dieselbe bronzene Hautfarbe, war also genauso gut aussehend wie er. Nachdem sie nun drei Monate in Gesellschaft von fünfzig Kriegern verbracht hatte, wusste Brittany, dass sie alle gern Lederhosen trugen, die sie Bracs nannten, und ihre massigen Oberkörper mit einer losen Tunika bedeckten. Die Frau war beinahe so groß wie Brittany und trug ihr langes, schwarzes Haar hoch an ihrem Kopf zu einem Pferdeschwanz gebunden. Ihr eigenartiges Gewand schien aus unzähligen einzelnen grünen Schals zu bestehen. Der schleierartige Stoff lag in mehreren Bahnen übereinander, sodass das Kleid nicht wirklich durchsichtig war. Es reichte beinahe bis zum Boden. Um die Schultern der Frau lag ein weißer Umhang. Sie war zweifellos wunderschön. Und sie sah ungeheuer jung aus. So jung, dass sie unmöglich die Mutter eines erwachsenen Mannes sein konnte. Nun steuerte auch Dalden eine Erklärung bei. »Sei unbesorgt, Kerima. Das sind meine Eltern. Sie holen uns ab. Martha hat schon seit dem letzten Aufgang Kontakt zu Brock. Meine Eltern wissen also bereits alles über dich. Stimmt’s, Martha?« »Worauf du dich verlassen kannst!« Shanelle war schon vorausgelaufen und umarmte die beiden. Die Krieger, die gemeinsam mit ihnen ausgestiegen waren, gingen weiter und überließen die Familie ihrer Wiedersehensfreude. »Geh schon vor. Ich brauche noch einen Augenblick, um mich zu sammeln«, sagte Brittany zu Dalden. Nervös lächelte sie ihn an. Auch er schien ein wenig aufgeregt zu sein. Man hätte glauben können, es handle sich tatsächlich um ein erstes Treffen mit seinen echten
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