Stern der Leidenschaft
du tun darfst und was nicht.«
»Man wird mir doch sicher eine freundschaftliche Warnung zukommen lassen, bevor ich aus lauter Unwissenheit irgendwelche Gesetze übertrete«, beharrte Brittany.
»Bei Tedra war das nicht der Fall. Aber Challen glaubte damals, genau wie du jetzt, dass sie von seinem Planeten stamme und daher die Gesetze kennen müsse. Er weigerte sich schlichtweg, an Anderweltler zu glauben. Im tiefsten Inneren wusste er zwar, dass sie ihm die Wahrheit über sich sagte, doch er wollte den Tatsachen einfach nicht ins Auge sehen. Kommt dir das irgendwie bekannt vor?«
Diese Spitze ärgerte Brittany. Man hatte ihr fantastische Dinge gezeigt. Oder zumindest Dinge, die fantastisch sein könnten, wenn sie denn der Realität entsprächen. Aber daran glaubte sie nun einmal nicht. Deshalb sah sie ihrer Ankunft auf Sha-Ka’an auch mit Gelassenheit entgegen. Wenn sie sich ausgemalt hätte, dass sie dort anstatt zwei Schauspielern Daldens richtigen Eltern vorgestellt werden würde, hätte sie vor lauter Aufregung wahrscheinlich kein Auge mehr zugetan. Es war schließlich ein besonderer Moment, wenn man zum ersten Mal den Eltern des Mannes, mit dem man eine Bindung fürs Leben einging, gegenüberstand. Und mit Dalden fühlte Brittany sich inzwischen wirklich zutiefst verbunden. Drei Monate lang hatte sie nun an seiner Seite auf dem Schiff gelebt. Sie war ein Teil von ihm geworden und er ein Teil von ihr. Den Gedanken, ihn zu verlieren, wenn man am Ende des Experimentes feststellte, dass sie noch immer nicht glaubte, was man ihr sagte, schob sie energisch weg. Der unerträgliche Schmerz darüber würde ihr noch viel zu früh das Herz brechen. Wenn sie Dalden danach fragte, was sie am Ende erwartete, hörte sie stets, in ihrem Fall sei kein »Ende« vorgesehen.
Manchmal hatte sie den Verdacht, dass man Dalden derselben Art von Gehirnwäsche unterzogen hatte, die man nun mit ihr versuchte. Er schien tatsächlich alles zu glauben, was er ihr sagte. Das war Brittany allerdings immer noch lieber, als wenn er ihr – wenn auch aus noch so gut gemeinten Gründen – etwas vorgespielt hätte. Jedes Lügengebäude musste früher oder später in sich zusammenfallen. Spätestens aber dann, wenn die Wahrheit ans Licht kam, und das würde wirklich das Ende bedeuten. Aber wie würde dieses Ende in ihrem Fall aussehen? Sagte man einfach: »Vielen Dank, das war’s, Sie können nun nach Hause gehen«? Oder bot man ihr vielleicht an, sie dürfe bei Dalden bleiben, wenn sie sich bereit erklärte, bei zukünftigen Versuchsreihen mitzuwirken? Konnte sie es mit ihrem Gewissen vereinbaren, andere Menschen denselben Belastungen auszusetzen, wie sie sie jetzt am eigenen Leib erlebte? Wahrscheinlich nicht. Denn es war grausam und verwerflich, mit dem Verstand und den Gefühlen einer Person Experimente anzustellen. Die Reise war nun endgültig vorbei. Soeben ertönte die Durchsage, die Androvia werde in wenigen Stunden auf Sha-Ka’an landen. Würde sie nun bald darüber staunen können, wie man ihr zuliebe einen ganzen Planeten entstehen ließ – falls man sich überhaupt die Mühe machte? Ein derart riesenhaftes Studio gab es sicher nicht. Man musste ihren Aktionsradius begrenzen und dafür sorgen, dass sie sich vorwiegend an einem bestimmten Ort aufhielt. Doch wie würde man das anstellen, ohne dass sie die wahren Gründe für dieses Vorgehen sofort durchschaute? Während der Reise hatte man den Fehler begangen, ihr zu erzählen, dass es auf Sha-Ka’an eine ganz einzigartige, unvergleichliche Tier- und Pflanzenwelt gab. Sogar die Luft sollte dort anders sein. Geradezu paradiesisch. Zumindest aber rein und sauber. Solche Dinge waren schwer vorzutäuschen.
Näherten sie sich also mit dem Ende der Reise auch dem Ende des Experimentes? Würde man Brittany sagen, wenn sie von Bord des »Raumschiffes« ging: »Sie haben den Test nicht bestanden, verlassen Sie jetzt bitte das Versuchsgelände«?
Kapitel Siebenunddrei ßig
Es ist Zeit.«
Brittany starrte aus den Fenstern in Daldens Zimmer. Sie betrachtete einen gewaltigen Planeten, der ihrem Heimatstern so gar nicht ähnlich sah. Die Erde bestand zu zwei Dritteln aus Meeren. Auf dem Planeten, dem sie sich unaufhaltsam näherten, herrschte die Farbe Grün vor. Blau gab es nur wenig. Wieder einmal eine gelungene Computersimulation. Wie alles, was sie in den vergangenen Monaten durch diese Fenster gesehen hatte. Doch der Blick auf Sha-Ka’an wirkte so echt, dass Brittany
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