Stern der Leidenschaft
ließ sich nicht beirren. »Ich bin nicht dumm, Martha.«
»Das weiß ich doch, mein Süßer. Nur die Kriegermentalität, die du von deinem Vater geerbt hast, steht deinem gesunden Menschenverstand manchmal etwas im Weg. Deshalb nennt man die Sha-Ka’ani ja auch noch immer Barbaren. Aber wir kommen vom Thema ab. Wir sprachen gerade von deinen Eltern. Und inzwischen müsstest du mich gut genug kennen, um zu ahnen, dass es noch ein weiteres Haar in der Suppe gibt.«
»Und das wäre?«
»Es gibt einen großen, um nicht zu sagen gewaltigen Unterschied zwischen deinen Eltern und dir und Brittany. Tedra ist in der Lage, Kompromisse einzugehen. Sie ist mit dem Wissen um ein ganzes Universum voller unterschiedlicher Rassen und Kulturen aufgewachsen. Sie war jahrelang als Entdeckerin neuer Welten unterwegs. Deshalb kann sie mit der Unterschiedlichkeit der Menschen umgehen und die Grundprinzipien der Liga zu ihren eigenen machen: Jeder Planet ist einzigartig, und folglich muss jede Kultur in ihrer Einzigartigkeit respektiert und nicht etwa verändert werden. Neu entdeckten Rassen gegenüber verhält man sich aufgeschlossen und versucht nicht, sie zu missionieren oder ihnen die Lebensweise einer anderen Welt aufzuzwingen. Man lässt sie in aller Ruhe die Entwicklungsstufen durchlaufen, die auf ihrem Planeten eine natürliche Ordnung der Dinge darstellen. Sicher wünscht Tedra sich nichts sehnlicher, als so manche überkommene Regel auf Sha-Ka’an in ihrem Sinne zu verändern. Du kannst dir schon vorstellen, woran ich dabei denke. Doch nicht einmal im Traum würde ihr einfallen, sich ernstlich an Veränderungen der Zustände dort zu versuchen.« »Sie unterstützt die Frauen auf Sha-Ka’an.« »Natürlich. Aber sie versucht nicht, die Gesetze zu ändern. Sie hat nur durchgesetzt, dass nicht mehr alle Frauen unter diesen Gesetzen leben müssen.« »Was allerdings bedeutet, dass die Betroffenen Sha-Ka’an verlassen müssen.«
Martha klang, als würde sie die Schultern zucken, während sie erklärte: ›»Solange es funktioniert, ist hier das Motto deiner Mutter, Kleiner. Langfristig gesehen erreicht sie mit ihrer diplomatischen Art fast immer, was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hat. Es mag eine Weile dauern, und sie mag ein oder zwei Rückschläge erleiden, doch am Ende gibt dein Vater meist nach. Tedra vergeudet ihre Kräfte allerdings nicht damit, das Unmögliche zu versuchen. Einen Planeten, der als barbarisch eingestuft wird, einen Schritt näher an die Zivilisation heranzuführen oder die Ansichten eines Kriegers zu verändern – mit solchen aussichtslosen Unterfangen gibt sie sich nicht ab. Und das ist der Punkt, in dem sie sich wesentlich von deiner Brittany unterscheidet.«
»Aber Brittany ist genau wie meine Mutter.« »Ich sage es dir nur ungern, Krieger, aber die Art, wie sie reden, ist fast die einzige Gemeinsamkeit dieser beiden Frauen. Sie sind in völlig unterschiedlichen Kulturen mit völlig unterschiedlichen Wertvorstellungen aufgewachsen. Vielleicht haben sie dieselben Ansichten, was die Rechte der Frauen betrifft, weil sie beide aus Gesellschaften stammen, in denen die Gleichberechtigung der Geschlechter angestrebt wird. Aber das ist auch schon alles. Und hier beginnt das Problem.« »Ich kann keins entdecken«, widersprach Dalden. »Das ist auch ein Teil davon. Du glaubst, es wird dir gelingen, mit Brittany zu leben, nur weil dein Vater das mit Tedra schafft. Aber du übersiehst dabei eine Kleinigkeit. Weil du zur Hälfte von einer Kystranierin abstammst, hast du dein Leben lang versucht, ein besonders perfekter Sha-Ka’ani-Krieger zu werden. Du befolgst die Gesetze und Regeln dieser Gemeinschaft peinlich genau, auch wenn dir manche nicht passen. Seit deiner Kindheit bemühst du dich, kein Außenseiter zu sein. Ständig versuchst du zu beweisen, dass Tedras Blut keinen Einfluss auf dich hat. Du bist anders, aber du weigerst dich, das zu akzeptieren. Wir sprechen hier von einem lebenslangen Kampf gegen Tatsachen: Du bist, rein genetisch betrachtet, nur ein halber Sha-Ka’ani, Dalden. Wird es dir gelingen, diesen Kampf gegen dich selbst endlich aufzugeben und dazu zu stehen, dass du anders bist?«
»Ich sehe keinerlei Veranlassung, mich zu ändern oder etwas anderes zu sein als das, was ich bin.«
»Damit lieferst du mir die Bestätigung: Genau deshalb wird es nicht funktionieren. Du bist weder bereit noch fähig, Kompromisse einzugehen. Und Brittany auch nicht.«
Kapitel
Weitere Kostenlose Bücher