Stern der Leidenschaft
ihm auch etwas zu essen vorsetzen. Doch auf einen Gang zum Supermarkt mit Dalden im Schlepptau verspürte Brittany im Augenblick nicht die geringste Lust. Sie konnte sich gut vorstellen, wie Einkaufswagen sich ineinander verkeilten und ganze Regale voller Dosen und Schachteln umgestoßen wurden, wenn jeder nur noch Augen für ihren riesenhaften Begleiter hatte.
Der Abend war noch jung, und morgen musste sie längst nicht so früh aufstehen wie an einem normalen Arbeitstag. Deshalb schlug Brittany gut gelaunt vor: »Sollen wir essen gehen? Und dann vielleicht ins Kino? Oder zum Tanzen?« Dann grinste sie. »Du weißt schon, miteinander ausgehen. Man lernt sich dabei kennen.« »Tänzen?«
Brittany verdrehte die Augen. »Warum beschleicht mich das Gefühl, dass das mal wieder ein unbekanntes Wort für dich ist?«
Martha, die, seit sie das Rathaus verlassen hatten, ungewöhnlich still geblieben war, rang sich zu einer Erklärung durch. »So etwas, kennen die Sha-Ka’ani nicht. Es handelt sich um eine Form der körperlichen Ertüchtigung, zu der man Musik benötigt. Auch Musik ist dort, wo Dalden herkommt, unbekannt.« »Kein ‚Fernsehen, keine Musik, aber Computer gehören zum Alltag. Wissen Sie eigentlich, wie sonderbar das klingt?«
»Ist dir eigentlich klar, wie viele unterschiedliche Kulturen existieren?«, fragte Martha zurück. Seufzend gab Brittany sich geschlagen. »Schon gut. Gehen wir erst einmal essen. Alles Weitere wird sich schon finden. Aber für ein elegantes Restaurant sind wir nicht passend angezogen. Was hältst du von einer Pizza, Dalden? Oder von zwei?« Nach einem Seitenblick auf den Giganten neben ihr setzte sie lachend hinzu: »Oder drei?« »Was ist …?«
»Essen! Ganz normales uramerikanisches … na ja, eigentlich ist Pizza eine italienische Erfindung. Aber man sagt, wir hätten sie so amerikanisiert, dass das, was man hier zu Lande als Pizza serviert, mit dem Original nicht mehr allzu viel zu tun hat. Ich kenne eine nette kleine Pizzeria, nur ein paar Straßen weiter.« Die Pizzeria war für die frühe Abendstunde überraschend gut besucht. Und das, obwohl der Laden einen Großteil seines Umsatzes mit dem Pizzakurierservice machte, der sich in Seaview und Umgebung größter Beliebtheit erfreute. Doch offenbar war gerade eine Jugendfußballmannschaft samt Trainer und Eltern in dem Lokal eingefallen. Das bedeutete lange Wartezeiten, und am Ende verbrachten Brittany und Dalden dadurch beinahe den ganzen Abend dort. Dalden war von der Pizza dermaßen hingerissen, dass sich das Warten lohnte. Auch Martha interessierte sich dafür und gab sich nicht mit einer Liste von Zutaten zufrieden. Sie wollte vielmehr genau wissen, wie man Pizza zubereitete, und zwar Schritt für Schritt. Da Brittany auf dem Land aufgewachsen war, wo man noch die meiste Zeit selbst kochte und weniger auf Fertiggerichte zurückgriff, konnte sie Marthas Fragen fast allesamt zufrieden stellend beantworten. Hin und wieder wurden sie unterbrochen. Brittany gewöhnte sich bereits daran. Man bat Dalden um Autogramme, und gelegentlich erkundigte sich jemand, m welchem Basketballteam er spielte. Das fand Brittany besonders amüsant. Immerhin hatte auch sie Dalden zunächst für einen Basketballspieler gehalten. Als sie einmal kurz auf die Toilette verschwunden war, fand sie bei ihrer Rückkehr die gesamte Fußballmannschaft vor, wie sie an Dalden hingen und auf seinen Schultern standen. Die entzückten Eltern ließen unterdessen ihre Kameras klicken, um ein Erinnerungsfoto mit dem »liebenswürdigen Giganten« zu schießen.
Dalden schien der Abend bislang gut zu gefallen, und nach drei großen Pizzas war es Zeit, sich auf den Weg zu Seaviews einzigem Nachtklub zu machen. Eigentlich wäre Brittany nie auf die Idee gekommen, an einem ganz normalen Wochentag zum Tanzen zu gehen. Doch sie war neugierig, ob sich Dalden auch fürs Tanzen – etwas, das er offensichtlich nicht kannte -erwärmen konnte.
Eigentlich war das Wochenende die beste Zeit für einen Besuch im Nachtklub, doch Brittany fürchtete, dass Dalden bis dahin schon gar nicht mehr in Seaview sein könnte. Sie waren heute ein gutes Stück vorangekommen, und Jorrans Leute schienen auch nicht faul gewesen zu sein. Der Möchtegern-Bürgermeister würde sich vermutlich bald ins Rathaus wagen, vielleicht sogar schon morgen. Dann konnte Dalden ihn mit Hilfe der Rute genauso schnell unschädlich machen wie seine Untergebenen, und damit war sein Auftrag erledigt. Und war der
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