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Stern ohne Himmel

Stern ohne Himmel

Titel: Stern ohne Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Ossowski
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Blockleiter blieb stehen und entsicherte den Revolver.
    »Einbildung«, sagte er und ging weiter.
    »Haben Sie schon viele Leute verhaftet?«, begann Willi ein Gespräch.
    »Du bist zu neugierig, mein Junge!«
    »So hab ich das nicht gemeint«, beeilte sich Willi, »ich wollte nur wissen, was man dabei denkt.«
    Blockleiter Feller schüttelte verwundert den Kopf. »Was sollte es da zu denken geben?«
    »Ja, natürlich«, Willi ärgerte sich über seine Frage. Aber wenn die Freunde von Blockleiter Feller mitverhaftet würden?
    Die Umrisse der Ruine waren gegen den schwarzblauen Nachthimmel deutlich erkennbar.
    »Dort!«, sagte Willi mit heiserer Stimme.
    Ob Zick jetzt heulte, schoss es ihm durch den Kopf.
    »Geh du vor«, sagte Feller.
    Willi schlich den Gang entlang. Wenn er die Freunde vor dem Blockleiter vielleicht als Aufpasser ausgeben würde?
    »Ist der Kerl allein?«, fragte Feller.
    Willi antwortete nicht. Sein Herz klopfte. Dort waren die Latten, die Tür, und noch immer kein Laut. Sie hatten bestimmt Angst. Aber nur der Jude würde dran glauben müssen. Der Jude …
    Feller nahm Willi die Lampe ab und ließ sie durch den Keller kreisen. Die Lattentür stand halb offen. Der Blockleiter stieß sie auf.
    Gähnende Leere.
    »Wo geht’s jetzt lang?«, fragte der Blockleiter ungeduldig und leuchtete die Wände ab. Sekunden verharrte der Schein der Lampe auf einer Speckseite.
    »Hier«, stammelte Willi, »hier war es, hier«, und er zeigte auf die Tür, »hier habe ich sie eingeschlossen.« Er suchte nach Kerzen. »Vielleicht haben sie sich versteckt!« Willi nahm dem Blockleiter die Lampe ab und suchte jede Ecke ab.
    »Sie müssen hier sein, ich habe sie doch eingeschlossen«, flüsterte er fassungslos. Aber er fand nichts, weder den Juden noch die Freunde, sogar von den Lebensmitteln war nur noch die Hälfte da. Blockwart Feller sagte kein Wort. Mit in die Seiten gestemmten Händen betrachtete er Willis lächerliches Herumsuchen.
    »Vielleicht ist dein Jude in einem Marmeladenglas«, sagte er drohend. »Was habe ich dir zu Hause gesagt, he?« Er schlug Willi hinter die Ohren. »Ich habe dir gesagt, du kannst dich auf was gefasst machen, wenn du mich anlügst!« Und wieder sausten die Schläge auf Willis Kopf.
    »Ich kann es beweisen!«, schrie Willi.
    »Das seh ich. Halt deinen Mund, eh ich dich einsperre.« Und plötzlich misstrauisch: »Wieso hast du mich denn überhaupt in den Keller gelockt? Was soll das bedeuten? Wer steckt hier dahinter?«
    Willi hielt sich schützend die Arme über den Kopf, denn der Blockleiter schlug nicht nur, weil er wütend war. In ihm steckte die Angst vor der Falle, in die er sich gelockt glaubte. Er wollte jetzt die Wahrheit aus Willi herausprügeln.
    Willi stürzte über die Kiste und blieb liegen. Ihm war alles egal, sollte ihn der Blockleiter totschlagen. Er konnte nicht mehr als die Wahrheit sagen.
    »Es waren noch drei Jungen aus dem Alumnat dabei, die müssen dem Juden geholfen haben«, stöhnte Willi.
    »So, auf einmal waren noch drei Jungen dabei. Warum hast du bisher nichts von denen erzählt? Sind das auch Juden in Wehrmachtsuniform?« Feller zog Willi von der Kiste. »Wer steckt hinter der Sache? Warum hast du mich in den Keller gelockt?«
    »Ich hab Sie nicht hierher gelockt. Niemand steckt dahinter. Der Jude …«
    »Hör mit deinem Gefasel von dem Juden auf!« Er drehte Willi den Kragen zusammen. »Wer hat dir aufgetragen, mit mir hierher zu gehen?«
    »Niemand, ich geb Ihnen mein Ehrenwort!«
    »Ehrenwort -«, Feller stieß Willi verächtlich zurück. »Weiß der Kuckuck, wer dahinter steckt. Ich werd mit Jähde morgen reden. Da wird sich die Sache schon aufklären.«
    Der Blockleiter wurde ruhiger.
    »Wenn Sie das tun«, sagte Willi, »werden wir den Juden überhaupt nicht kriegen.«
    Feller hörte nicht hin. Er begann systematisch den Keller abzuleuchten. Er zählte die Gläser, die restlichen Würste und kontrollierte den Inhalt der Säcke und Tüten. Er konnte nicht verhindern, dass ihm das Wasser im Munde zusammenlief.
    »Ich werde die Lebensmittel bei mir sicherstellen«, sagte Feller.
    Willi schwieg.
    »Du kannst mir helfen, die Sachen nach Hause zu tragen!«
    »Jetzt?«, fragte Willi erstaunt. »Das können Sie auch am Tag machen!«
    »Morgen hab ich keine Zeit für so etwas«, sagte Feller schnell. »Wenn du dich jetzt vernünftig benimmst, werde ich mir die Sache mit Jähde noch überlegen.«
    Willi sah den Blockleiter skeptisch an. Was hatten die

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