Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternchenhimmel

Sternchenhimmel

Titel: Sternchenhimmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
komplexer und unberechenbarer.
    »Wie hat der Entführer ausgesehen?«, fragte Lucy Lark.
    »Groß, dreckig, blanke Glatze mit Zöpfen«, antwortete Cherrys Vater. »Und das eine Auge war hin.«
    »Und Sie hatten ihn noch nie vorher gesehen?«
    »Daran würde ich mich definitiv erinnern. Sein Lächeln war umwerfend«, meinte Janet Bunterman. Als ihr klar wurde, wie sich das angehört haben könnte, fügte sie hastig hinzu: »Ich meine die Zähne. Für einen Obdachlosen? Unglaublich.«
    »Sein Lächeln ist mir weniger aufgefallen«, bemerkte Ned angespannt. »Die Schrotflinte allerdings schon.«
    Lila nahm einen weiteren tiefen Zug und blies den Rauch zur Seite weg. Wie immer dachten sie und ihre Schwester dasselbe: Annie könnte das ganze verdammte Boot zum Sinken bringen.
    Am Abend zuvor waren die Larks lange aufgeblieben, um dem Entwurf für Cherrys künftigen Blog-Eintrag den letzten Schliff zu geben. Darin berichtete sie von ihrer Entführung und von den schmutzigen Demütigungen durch einen geistig verwirrten Fan, dessen Identität unbekannt war. Um die Story ein wenig aufzupeppen, beschrieben die Zwillinge den Kidnapper der Sängerin als hochgewachsen und vermummt, mit prallen Muskeln und einem Akzent aus dem Mittleren Osten. Er hatte eine Kamera dabei und zwang sie unter Todesdrohungen, für entwürdigende Fotos zu posieren. In der dritten Nacht entwischte Cherry tollkühn durch ein Fenster und fand sich einsam und verlassen in einer Wildnis wieder, wo es von Schlangen nur so wimmelte; möglicherweise waren es die Everglades. Stundenlang lief sie, bis sie zusammenbrach.
    In einem Krankenhaus von Miami bin ich wieder aufgewacht – voller blauer Flecken, durstig, aber froh, am Leben zu sein, ging der Blog mit Lucy an der Tastatur weiter. Ich habe keine Ahnung, wie ich da hingekommen bin, aber ich werde demjenigen, der mich aus diesem Sumpf gerettet hat, ewig dankbar sein, egal, wer es war. Und den Ärzten und Schwestern auch, die sich um mich gekümmert haben.
    Was diesen gemeinen Typen angeht, der mich gekidnappt und all die Tage und Nächte genervt hat, also, dem habe ich irgendwie nur eins zu sagen: Du kannst mir nichts mehr tun!
    An dieser Stelle übernahm Lila: So toll ich es auch finde, frei zu sein, ich weiß, mein Albtraum ist noch nicht wirklich vorbei. Ich wünschte, ich könnte manche von den Sachen vergessen, die er mit mir gemacht hat – und es gibt ganz bestimmt noch andere Dinge, von denen unser Herr und Erlöser nicht will, dass ich mich an sie erinnere. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was dieses Monster mit all diesen fürchterlichen Bildern vorhat, die er gemacht hat, aber die könnten jederzeit voll im Internet auftauchen.
    Daher will ich euch alle – Freunde und treue Fans – auf den Schock vorbereiten. Ich habe getan, was ich tun musste, um mein Leben zu retten.
    Dann schrieb Lucy den Schluss: Aber ich lasse mich von diesem Feigling nicht irgendwie für alle Zeiten fertigmachen. Deswegen geb ich jetzt Vollgas mit meiner großen Tournee, um meine neue CD Skantily Klad zu promoten. Ich bin zwar von dieser ganzen Geiselnummer noch ziemlich platt, aber ich probe trotzdem jeden Tag und bin total entschlossen, eine supergeniale Show abzuziehen, die ihr nie, nie, nie vergessen werdet!
    Alles Liebe und Küsschen an alle … CP .
    Für die Larks hatte es sich als großer Spaß erwiesen, den Ghostwriter für einen Hohlkopf zu spielen. Beide bezweifelten nicht, dass man diese Nullnummer Claude Abbott dazu bringen konnte, den Mund zu halten und von der Bildfläche zu verschwinden. Die bedrohliche Vorstellung, vor Gericht gestellt und gleichzeitig durch eine Zivilklage an den Bettelstab gebracht zu werden, würde ein starker Anreiz für ihn sein zu kooperieren. Allerdings argwöhnten die Zwillinge, dass Ann DeLusia nicht so leicht zu bändigen sein würde.
    »Nehmen wir mal an, dass es keine zweite Entführung war«, meinte Lila. »Sagen wir, es war eine Flucht. Vielleicht war sie ja mit dem Schrotflintentypen befreundet und …«
    »Sie ist nicht vor Abbott abgehauen«, ging Lucy dazwischen. »Sondern vor uns allen.«
    Die Buntermans sahen verwirrt und bekümmert aus. Ned schlug unbeholfen nach einem Insekt und wünschte sich, er säße im Flugzeug nach Hause. Florida war eine rohe, unkultivierte Gegend, die in den Menschen das Allerschlimmste zum Vorschein kommen ließ. Ann war die Letzte, von der er erwartet hätte, dass sie sich einfach davonmachte.
    Während sie mit einer Tube französischer

Weitere Kostenlose Bücher