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Sternchenhimmel

Sternchenhimmel

Titel: Sternchenhimmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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vertraut war.
    Auf der Straße tauchten sie mehr oder weniger in der Masse der Touristen unter. Man konnte nicht behaupten, dass Skink nicht auffiel, doch er war nicht die einzige schräge Figur, die Aufmerksamkeit erregte. Wenngleich die ganz große Zeit von South Beach vorbei war, blieb der Ort doch ein sonnengetränkter Laufsteg für groteske Selbstdarsteller und armselige Narzissten.
    Ann dagegen schien die Einzige zu sein, die einen Rollkoffer hinter sich herzog. Sie packte Skink am Arm und sagte: »So wird das nichts.«
    »Ich fahre wieder nach Süden, aber erst wenn ich ein Wörtchen mit Mr Abbott geredet habe.«
    »Ach, vergessen Sie ihn.«
    »Zu spät«, erwiderte Skink.
    »Er hat mir doch nichts getan.«
    »Hat er …«
    »Nein, Captain. Ich schwöre es.«
    »Trotzdem.«
    »Was wollen Sie denn mit so einem Typen anstellen?«, fragte Ann. »Der ist doch eh schon erbärmlich.«
    »In einer Herde würde so was ausgemerzt.«
    »Grundgütiger.«
    Genau in diesem Moment löste sich das tote Kaninchen von Skinks Gürtelschlaufe und fiel zwischen seinen Schuhen auf den Gehsteig.
    »Verdammt«, knurrte er und bückte sich, um es aufzuheben.
    Ann riss heftig an seinem Mantel. »Nicht. Ich flehe Sie an.«
    Er hielt inne und nahm seine Umgebung zur Kenntnis. Die Luft roch stark nach Corned Beef, weil sie direkt vor einem gut frequentierten Feinschmeckerimbiss standen; Kunden kamen und gingen schwallweise durch die Tür. Ein kleines Mädchen, das das pelzige braune Ding auf dem Boden entdeckt hatte, bückte sich, um es zu streicheln, und wurde von seiner Mutter weggezerrt.
    »Genau das meine ich«, flüsterte Ann Skink beklommen zu.
    »Aber es ist Sünde …«
    »Gutes Fleisch umkommen zu lassen. Ja, das hab ich kapiert.« Sie umklammerte eins seiner dicken Handgelenke und zog ihn mit sich. Nach ein paar Blocks wurde er langsamer, und sein Atem ging in schnappenden Stößen. Sie bogen in eine Gasse ab, wo er sich hinsetzte und den Kopf in den Händen barg.
    »Was ist denn los?«
    »Ich brauche einen ruhigen, dunklen Ort.«
    »Sonst?«
    »Chaos. Blutvergießen. Was weiß ich?«
    »Nur weil Sie meinetwegen Ihr Kaninchen verloren haben?«
    »Früher war das alles hier ein Mangrovensumpf.« Müde vollführte Skink eine weit ausholende Geste mit dem Arm. »Annie, es gab kein Miami Beach – sie haben all den Sand vom Meeresboden hochgebaggert. Das Ganze ist vollkommen unnatürlich, eine obszöne Fassade. Und alle paar Jahre müssen sie noch mehr Sand aufschütten, Tausende von Tonnen, sonst würde das ganze verdammte Kaff im Meer versinken.«
    Er wirbelte seine Zöpfe über dem Kopf herum; die Schrotpatronenhülsen klackerten wie Würfel.
    »Ich bin absolut nicht in meinem Element«, fügte er hinzu.
    »Danke für diesen Einblick.« Ann hockte sich vor ihm nieder und hob mit einer Fingerspitze sein unrasiertes Kinn an. »Wo ist Ihr Handy, Captain?«
    Geistesabwesend klopfte er seinen Trenchcoat ab. »Irgendwo hier drin.«
    Als der Anruf kam, war Marcus Mink gerade in einer Besprechung mit einer Schauspielerin, die ihren Namen vor kurzem in Tessa Cloudfeather geändert hatte, in der Hoffnung, die begehrte Rolle der Sacagawea in einem biografischen Film über die Expedition von Lewis und Clark zu ergattern. Marcus Mink fiel die traurige Aufgabe zu, seine biegsame junge Klientin davon in Kenntnis zu setzen, dass die Rolle an eine echte amerikanische Ureinwohnerin vergeben worden war und dass sie wahrscheinlich lieber wieder den Namen Tessa Grunwald annehmen sollte, da Rollen für Indianermädchen dünn gesät waren. Tessa hatte die Nachricht stoisch aufgenommen; einmal kurz gekotzt, zwei Lines Koks, und sie stand wieder senkrecht. Marcus Mink sagte ihr, sie hätte eine Weltklasse-Einstellung – das müsste sich irgendwann auszahlen.
    Dann entschuldigte er sich, um den Anruf von Ann DeLusia entgegenzunehmen, eine seiner pflegeleichten Lieblingskundinnen, von der er seit Monaten nichts mehr gehört hatte.
    »Wie geht’s denn unserem bildhübschen Pop-Stunt-Double?«, fragte er.
    »Ist völlig platt. Ich bin die letzten drei Tage von einem Paparazzo gefangen gehalten worden. Was haben Sie sonst noch für mich?«
    »Sie meinen Arbeit?«
    »Nein, Marcus, ich meine Lasagnerezepte. Stellen Sie sich doch nicht doof.«
    »Schätzchen, diese süße Stimme habe ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gehört.«
    »Meine Güte«, sagte Ann, »hätte ich etwa Sie anrufen sollen? Ich dachte, das geht andersherum – dass der Agent den Kunden

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