Sternchenhimmel
Cartwill klang nicht überlegener als sonst. »Sie ist hübsch. Wer ist das?«
»Ist ’ne lange Geschichte«, meinte Bang Abbott.
»Was ist in der Spritze?«
»Leitungswasser.«
»Claude, das ist echt enttäuschend.«
»Aber, hören Sie, das Bild vor dem Viper Room, nach den Grammys, das Mädchen im Ledermini – das war ehrlich ein Versehen.« Bang Abbott hatte nicht vor, stumm dazusitzen, während sein Ruf ruiniert wurde. Er war gut in dem, was er tat, auch wenn die meisten Menschen das, was er tat, für verwerflich hielten.
»Cherrys Leute setzen manchmal ein Double ein«, erklärte er Cartwill, »um uns auszutricksen.«
»Vielleicht hat die Sie ja auch in der Gulfstream flachgelegt.«
»Ich mein’s ernst. Die haben da so eine Tussi angestellt, irgend so eine unbekannte Schauspielerin.«
»Ich tue Ihnen jetzt einen gewaltigen professionellen Gefallen, Claude«, verkündete Cartwill. »Ich lösche diese schrecklichen Bilder von Ihrem Laptop. Kommen Sie in der Redaktion vorbei und holen Sie sich das Ding ab, bevor Sie nach L . A . zurückfliegen. Und ziehen Sie ja nie wieder so einen beknackten Mist ab. Haben wir uns verstanden?«
»Vollkommen«, beteuerte Bang Abbott zutiefst erleichtert. »Hey, ich bin immer noch hier unten in South Beach. Geht hier irgendwas ab?«
»Nicht viel. Hasselhoff dreht einen deutschen Werbespot für Aftershave am Pool im Delano, und Megan Fox ist wegen einer Clubparty in der Stadt.«
»Echt? Wo?«
»Nur keine Sorge, Kumpel«, sagte Cartwill. »Da sind wir dran.« Dann legte er auf.
Bang Abbott bestellte sich eine Aubergine mit Pommes. Für einen Mann, dessen hochfliegende Träume zu Schutt und Asche zertrampelt worden waren, hatte er sich seinen üblichen gesunden Appetit bewahrt. Er war nicht sicher, ob der Plan des gruseligen Bodyguards funktionieren würde, doch es war ja nicht so, als könne er da mitreden. Der Mann war ein Killer. Wenn er mit den Star-Island-Fotos Kohle machte und Bang Abbott ein paar Dollar zukommen ließ, hey, das war besser als nichts. Und auf jeden Fall war es besser, als tot zu sein.
Wenigstens hatte Bang Abbott es erfolgreich so eingefädelt, dass er einen ganzen Tag mit Cherry verbringen konnte, einen Tag, der in einem Bettwäscheknäuel geendet hatte. Obwohl es inzwischen unwahrscheinlich schien, dass es zu sexuellen Handlungen gekommen war, war die Zeit doch nicht verschwendet gewesen. Etwas Großes war geschehen. Diese letzte, betrunkene Stunde mit der jungen Sängerin hatte dazu gedient, jene verschrobene Faszination zu vertreiben, die in den letzten Tagen von Bang Abbott Besitz ergriffen hatte. Cherry war tatsächlich ungeheuer schlicht gestrickt, ebenso hohl, wie sie schön war. Sie tat nicht nur so.
Die Konversation war qualvoll gewesen. Zugegeben, das Mädchen war erst zweiundzwanzig, aber sie war fast die Hälfte ihres Lebens ein Star gewesen. Irgendetwas Interessantes musste sie dabei doch bestimmt erlebt haben. Natürlich war sie die ganze Zeit zugedröhnt, dachte Bang Abbott. So machen langweilige Menschen das eben.
Nein, von seiner Fixierung auf Cherry war er geheilt. Irgendwann wäre er vielleicht gern einmal ein ernsthafter Porträtfotograf gewesen, mit einem respektablen Œevre, ein launenhafter Künstler, zu dem aufgewühlte Diven kamen. Doch Bang Abbott war tief im Herzen ein Geschöpf der Straße – ein Studio war zu ordentlich und steril für seinen Geschmack. Er zog die Herausforderung eines offen feindseligen Arbeitsumfeldes vor, wo er täglich beschimpft, verachtet, brüskiert und gemieden wurde. Bang Abbott liebte die Kälte, und er liebte die Jagd.
Unter Paparazzi gediehen nur die Widerstandsfähigsten und Gnadenlosesten. Verdammt, diese Nummer mit Cherry war doch nur ein beschissener Gig von vielen. Nachdem Charlie Sheen ihm ins Ohr gepinkelt hatte, hatte Bang Abbott sich mieser gefühlt.
Seltsamerweise war es von seinen beiden jüngsten weiblichen Zielpersonen Cherrys Doppelgängerin gewesen, die ihn am meisten beeindruckt hatte. Sie war streitlustig und schlagfertig und stolz, auf ganz andere Art anstrengend. Im Nachhinein ertappte Bang Abbott sich dabei, dass er öfter an Ann dachte, und er war nach wie vor überzeugt, dass sie eines Tages für irgendetwas berühmt sein würde.
Der Fotograf stopfte sich die Backentaschen mit Curly Fries voll und wurde dabei immer zuversichtlicher, was seine eigenen Berufsaussichten anging. Der Mutanten-Bodyguard hatte zwar seine teuren Nikons beschlagnahmt, aber Bang Abbott
Weitere Kostenlose Bücher