Sternchenhimmel
wäre sie bereit für ein Nickerchen, und im Geiste hatte er bereits das Knüllerfoto komponiert: eine mit hängendem Unterkiefer schnarchende Cherry, die halb leere Flasche Jack Daniel’s aufrecht zwischen den Beinen.
Sie beäugte den Flachbildschirm an der Wand neben der Bordküche. »Hey, wie wär’s mit einem Porno?«
»Warum versuchst du nicht, dich ein bisschen auszuruhen?«, schlug der Fotograf vor.
»Claude, ich hab da mal ’ne Frage. Wann bist du das letzte Mal gebumst worden? Sei ehrlich.«
Bang Abbott spürte, wie seine Wangen rot anliefen. »Du meinst, ohne dass ich dafür bezahlt habe?« Er versuchte, das Ganze wie einen Witz klingen zu lassen.
Zu seinem Erstaunen schälte Cherry Pye sich aus ihrer Jeans und kletterte rittlings auf seinen Schoß.
»Oh, hierfür wirst du auch bezahlen«, schnurrte sie ihm ins Ohr. »Was Gutes gibt’s nie umsonst.«
6
Der Mann namens Skink sagte Ann DeLusia, sie hätte prima mitgespielt.
»Ich setzte Sie beim Alabama Jack’s ab. Da steht ein Typ namens Jim mit einer blauen Harley, der bringt Sie aufs Festland zurück. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Behörden noch einen Tag oder so nicht verständigen würden.«
»Ich überleg’s mir.«
»Das nächste Krankenhaus ist in Homestead.«
»Mir geht’s eigentlich ganz gut«, meinte Ann.
Das war, nachdem der Mann die Leute in dem gekaperten Bus auf eine große Lichtung nahe beim Meer gebracht hatte, sie in einem großen Kreis um ein Lagerfeuer aus ihrem Gepäck herum aufgereiht und sie eine Dreiviertelstunde lang wüst beschimpft hatte. Den Mann namens Jackie hatte es am schlimmsten erwischt – Skink hatte ihn an einen Baum gebunden, während Ann und der Busfahrer ein Stück entfernt im Schatten standen, zuhörten und sich ein Bier teilten. Offensichtlich hatte Jackie ein paar umherziehende Crackjunkies mit Macheten angeheuert, um illegal zwanzig Morgen Rotmangroven-Wildnis abzuholzen, damit die Villen, die Jackie und seine Investoren zu errichten gedachten, einen erstklassigen Meerblick hatten. Ann hatte den Eindruck, dass die Investoren von Jackie auch nicht gerade begeistert waren, wenngleich aus anderen Gründen.
»Woher wussten Sie, dass die kommen?«, fragte sie Skink.
»Das stand im Ocean Reef Club an sämtlichen Schwarzen Brettern. Ich hab da mal abends vorbeigeschaut, um Besteck zurückzugeben.«
»Und woher haben Sie gewusst, dass der Bus meinetwegen anhalten würde?«
Er grinste. »Weil selbst ein Meteor Ihretwegen anhalten würde, teuerste Annie.«
Das war, nachdem sie wieder ihre Urlaubsklamotten angezogen und Skink sich die Zielflagge wie einen Kilt um die nackte Taille geknotet hatte. Er hatte ihr ihre Handtasche und ihr Handy zurückgegeben und die Abschürfungen von dem Autounfall mit einer antiseptischen Salbe behandelt, die er im Notfallkasten des Busses gefunden hatte. Danach hatte er ihr das Grab eines Panthers gezeigt, der vor vielen Jahren von einem Bierlaster überfahren worden war, jedenfalls behauptete er das. Dort, in einem Wäldchen aus alten Pappeln, hatte er mit einer kleinen Taschenlampe neben ihr gesessen und laut Baudelaires »Verspätete Reue« vorgelesen. Sie hatte damit gerechnet, dass der Mann ihr zumindest an den Busen grabschte, doch nichts dergleichen geschah. Er sagte, er sei früher einmal Gouverneur von Florida gewesen, und sie sagte, sie sei die Kaiserin von Japan.
»Ich muss hier reinen Tisch machen«, sagte er. »Ihren Mietwagen habe ich mit Absicht versenkt, damit niemand ihn sieht und nach Ihnen sucht.«
»Hört sich nach einer Menge Arbeit an.«
»Jim wird denen im Krankenhaus erzählen, er hätte Sie am Straßenrand rumtorkeln sehen.«
»Kein Problem. Benommen und desorientiert, das kriege ich hin«, versicherte Ann.
Das war später, auf dem Weg zum Alabama Jack’s. Als der Bus die Card Sound Bridge hinaufrollte, fiel Skinks Glasauge heraus und kullerte den Mittelgang hinunter. Ann fand es unter der Bar und gab es ihm zurück. Er nahm ihr das Versprechen ab, sich Gram Parsons aus dem Netz herunterzuladen, wenn sie nach Hause kam, und sie riet ihm, sich den neuen Film der Farrelly-Brüder anzusehen. Er verkündete, dass es für die Jackie Sebagos dieser Welt keine Hoffnung gäbe, und meinte, der Versuch, solche Kretins dazu zu bringen, sich Jesus zuzuwenden, sei reine Zeitverschwendung. Ann DeLusia fragte, ob er zu dem Lagerfeuer auf der Baustelle zurückkehren würde, was er selbstverständlich bejahte.
»Was werden Sie mit dem Kerl
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