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Sternchenhimmel

Sternchenhimmel

Titel: Sternchenhimmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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wissen, ob der Eindringling gewirkt habe, als sei er betrunken oder als stünde er unter Drogen, was der Hotelangestellte jedoch verneinte. Seiner Meinung nach musste die Frau irgendetwas getan haben, das den Mann in Rage versetzt hatte.
    »Hat er irgendetwas gesagt, als er sich ihren Hund geschnappt hat?«, fragte der Cop.
    »Nur dass er Hunger hätte«, antwortete der Mann von der Rezeption.
    Bang Abbott hatte genug gehört; der Polizeieinsatz hatte nichts mit seiner Gefangenen zu tun. Bisher schien niemand nach der sogenannten Schauspielerin zu suchen.
    Als er wieder in den Fahrstuhl trat, sah er einen kleinen grünen Zylinder auf dem Boden liegen und hob ihn auf. Ann bemerkte das Ding in Bang Abbotts Hand, als er zur Tür hereinkam und anfing, ihr von der merkwürdigen Szene in der Lobby zu erzählen.
    »Kann ich das mal sehen?«, fragte sie.
    Er warf ihr den Plastikzylinder zu und sagte ihr, wo er ihn gefunden hatte.
    Das war, nachdem er sie von dem Wasserrohr los- und an einem der beiden Betten festgemacht hatte.
    »Das ist eine verdammte Schrotpatronenhülse«, bemerkte er.
    »Ich weiß, Claude.«
    »Und die Messingkappe ist rausgedrückt worden. Was soll das denn?«
    Ann spähte durch das kleine grüne Rohr zu Bang Abbott hinüber. »Man könnte das Ding auf einen Zopf auffädeln«, meinte sie lächelnd.
    Der einäugige Obdachlose aus Key Largo hatte sie gefunden, genau wie er es versprochen hatte. Endlich war Ann einem Mann begegnet, der seine Versprechen hielt, nur brauchte sie ihn jetzt nicht mehr. Sie fragte sich, wie er diese Nachricht wohl aufnehmen würde.

18
    Die laute Frau in der Lobby des Marriott hieß Marian DeGregorio. Ihr Malteser hieß Bubba, nicht Barbara. Sie waren von White Plains nonstop nach Miami geflogen; Bubba hatte einen eigenen Platz und ein Drittel einer Schlaftablette bekommen, damit er still war. Marian DeGregorio war auf einer Mission: Sie wollte die Asche ihres verstorbenen Mannes Victor in den Atlantik streuen. Victor war seit fast sieben Jahren tot, und Marian DeGregorios Freund war den Anblick der Urne leid, die sie im selben Küchenschrank aufbewahrte wie den entkoffeinierten Instantkaffee.
    Victor DeGregorio hatte sieben Monate lang auf dem Sterbebett gelegen, und während dieser Zeit hatte er seine Frau wiederholt auf ihre Kommunionsbibel schwören lassen, dass sie seine Asche vor der Küste von Südflorida verstreuen würde. Dort, an Bord einer Charteryacht namens Happy Hooker IX, hatte Victor DeGregorio einst einen Hammerhai gefangen. Dies betrachtete er als die männlichste Tat seines Lebens, und auf seinem Schreibtisch bei dem John-Deere-Landwirtschaftsmaschinenhandel, wo er als Inventurmanager tätig war, hatte er ein Glas mit den Zähnen des Hais darin stehen gehabt. Manchmal hatte Victor DeGregorio einem Kunden oder einem hohen Tier vom John-Deere-Mutterhaus einen der Zähne geschenkt, und die Empfänger waren stets beeindruckt gewesen. Außerdem war ein gerahmtes Foto von Victor dort ausgestellt gewesen, auf dem er neben dem steifen Meeresriesen mit dem klaffenden Maul auf einem Steg posierte. Der Hai war mit einer um den Schwanz gelegten Kette hochgezogen und mit der Kreidezahl 88 versehen worden, die sein Gewicht angab. Victors Freunde hatten ihm schließlich verboten, den Hammerhai zu erwähnen – sogar ganz am Ende –, weil er die verdammte Geschichte schon ungefähr tausendmal erzählt hatte.
    Marian DeGregorio hatte die Geschichte selbst zum Besten gegeben, für den Hotelangestellten an der Rezeption, als der Ärger losging. Sie war gerade bei dem Teil angekommen, wo Victor und seine Angelkumpane sich mit Baseballschlägern aus Aluminium über den am Fischhaken zappelnden Hai hergemacht hatten, um – mit den Worten der Witwe – »dem fiesen Mistvieh den Rest zu geben«, als ein hochgewachsener, verlotterter Mann aus dem Fahrstuhl kam und hörte, was sie sagte. Er unterbrach sie, um seinem Abscheu Ausdruck zu verleihen, und ließ sich dann in harschem Ton ausführlich über den unmittelbaren Zusammenbruch der weltweiten Haipopulation aus. Abgesehen von seinen makellosen Zähnen sah der Mann aus wie ein Obdachloser, weswegen Marian DeGregorio in ziemlich abfälligem Ton sein Fachwissen in Sachen Meeresökosysteme in Frage stellte. Daraufhin bemächtigte er sich ihres Weichschalenkoffers, knackte die Schlösser und steckte den Inhalt mittels einer Dose Farbverdünner in Brand, die er aus dem Haus von D. T. Maltby hatte mitgehen lassen, seines ehemaligen

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