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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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euch aus. Ich werde andere Männer schicken, die euch ablösen.«
    Der Sklave senkte den Kopf, wirkte ein wenig beschämt. »Das müssen Sie nicht, Don. Wir haben noch vier Stunden Arbeit vor uns. Das schaffen wir noch.«
    Hermann schüttelte den Kopf. »Ich möchte, dass ihr sofort und auf der Stelle nach Hause geht und euch hinlegt. Vorher könnt ihr euch im Lagerhaus noch jeweils einen Viertelliter Rum aushändigen lassen.«
    Die Sklaven sahen sich verunsichert an. »Wir sind stark, Herr«, versuchte es der eine erneut. »Wir schaffen das schon.«
    »Das mag sein«, erwiderte Hermann. »Aber dann seid ihr morgen so erschlagen, dass euch die Arbeit schlecht von der Hand geht. Es könnte sein, dass ihr Fehler macht. Also los, geht nach Hause. Ich weiß, dass ihr alle starke Männer seid.«
    Er lächelte ein wenig, und aus den Sklavenaugen verschwand die Angst. Hermann wusste, dass die Sklaven ihn für menschenfreundlich hielten, aber das war er nicht in dem Maße, in dem die Schwarzen das glaubten. Er war Geschäftsmann. Durch und durch. Und wenn einer der Sklaven einen Fehler vor Erschöpfung machte, so dass die Dampfmaschine auch nur für eine Stunde ausfiel, so bedeutete das für Hermann ungeheure Kosten. Mehr, viel mehr jedenfalls, als die Männer vor der Zeit nach Hause und zum Ausruhen zu schicken. Er hatte sich ihre Gesichter gemerkt. Ein anderes Mal würde er sie brauchen, und er scheute sich nicht davor, sie dann an seinen heutigen Akt der Güte zu erinnern.
    Hermann hob die Hand zum Gruß, dann betrat er die Gerätehalle und sah sich um. Im Gegensatz zum Höllenlärm der Mühle kam ihm das Haus beinahe still vor. Rechts an der Wand hingen die Macheten, welche die Sklaven zum Schlagen des Zuckerrohres brauchten. Davor befanden sich ein Amboss und ein Ofen. Ein Sklave holte eben mit einer Zange ein glühendes Machetenblatt aus der Gluthitze und schlug mit einem Hammer darauf, dass die Funken nur so nach allen Seiten stiebten. Ein paar Meter hinter dem Mann befanden sich die Hacken und die anderen Geräte, die man benötigte, um die Zuckerrohrplantage so ertragreich wie möglich zu machen. Grabstöcke, Esels- und Ochsengeschirre standen in ordentlichen Reihen an der Wand, Kiepen und Körbe, Sisalrollen und Fässer nahmen die linke Seite der Halle ein. Zwei schwarze Frauen hockten in gebückter Haltung hinter einem Webstuhl und fertigten aus dem Sisal Zuckersäcke an. Auch hier war die Luft stickig und vom Duft des Zuckers getränkt, doch die Halle war heller, stiller als die brüllende Mühle.
    Der Sklave am Schmiedeplatz schaute auf. Er trug eine Schirmkappe, die sein wolliges Haar vor den Funken schützte, trotzdem waren sein Gesicht, seine Hände, Arme und die Brust mit weißen Brandflecken übersät. Seine gelblichen Augäpfel stachen hervor. Hermann musterte den Mann, versuchte in seinem Gesicht zu lesen. Auf seiner Stirn lagen ein halbes Dutzend Falten so gerade wie mit dem Lineal gezogen. Hermann konnte nicht erkennen, ob diese Linien in die Haut gemeißelt waren oder ob der Mann die Stirn im Unmut runzelte. Seine Nase war breit, die Flügel gebläht. Auf der linken Wange trug der Mann eine hässliche, lange Narbe. Die Lippen waren nicht besonders wulstig, erstaunlich rot und glänzend, so als hätte der Mann sie mit rotem Fett bestrichen. Die dicken Muskelstränge in seinem Nacken zuckten, und der Mann hatte Mühe, den kalten Ingrimm, der beim Anblick des Dons in ihm aufgeflackert war, zu ersticken.
    »Ich suche den Gerätemeister«, teilte Hermann dem Mann barsch mit.
    Der Sklave nickte und zeigte eine Reihe schadhafter weißer Zähne. »Er wird hinten sein, auf dem Holzplatz. Gesagt hat er, er wolle Holz für die kaputten Fässer holen.«
    Hermann lächelte. »Aber du glaubst ihm nicht, oder?«
    Der Sklave zuckte mit den Achseln. »Was ich glaube oder nicht, das ist nicht wichtig. Ich tue meine Arbeit, Don, und ich mache sie gut.«
    Er sprach laut, der Schmied. Viel zu laut, und seine Worte klangen ohne die kleinste Spur der Demut. Er hatte vorhin, als Hermann näher kam, mit dem Fuß etwas hinter den Ofen geschoben, und Hermann hatte nicht erkennen können, was es war, doch er vermutete, dass der Schmied dabei war, etwas herzustellen, das nichts mit der Plantage zu tun hatte.
    Hermann kniff die Augen zusammen und ließ seine Blicke durch das Gerätehaus schweifen. Irgendetwas war anders als sonst. Aber was? Hermann zählte die Hacken und Grabstöcke, die Geschirre und die Transportkisten, doch er

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