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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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konnte nicht sagen, ob hier Werkzeuge fehlten. Er hatte weder die Zahlen im Kopf noch wusste er, welche Gerätschaften gerade draußen auf den Pflanzungen gebraucht wurden.
    Er betrachtete den Schmied von oben bis unten. Der Mann hielt seinem Blick stand, wirkte weder ängstlich noch anmaßend, aber irgendetwas an ihm weckte Hermanns Aufmerksamkeit.
    Endlich erkannte er die Unstimmigkeit. Der dunkle Oberkörper des Sklaven glänzte nicht von Schweiß, sondern war matt und trocken, obwohl vor dem Schmiedefeuer eine unerträgliche Hitze herrschte. Und jetzt erblickte Hermann auch die schmalen, spitzen Eisenblätter, die halb hinter dem Ofen verborgen waren. Wieder suchte er im Gesicht des Sklaven nach Zeichen von Unmut, Empörung, von irgendetwas, das ihm verriet, ob hier ebenfalls ein Aufstand geplant war. Aber der schwarze Mann stand aufrecht da und sah seinem Herrn offen in die Augen.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Hermann.
    »Jawohl, Don«, erwiderte der Sklave. »Alles in Ordnung. Und das, was nicht in Ordnung ist, werde ich reparieren.«
    Hermann nickte. »Der Gerätewart ist auf dem Holzplatz, sagst du?«
    »Jawohl, Don.«
    Hermann durchquerte die Halle, lief an den Webstühlen vorbei und registrierte die brennenden Blicke der beiden schwarzen Frauen. Er blieb stehen. »Ist bei euch alles in Ordnung?«
    Die Ältere straffte unmerklich die Schultern, atmete tief ein und richtete ihren verstockten Blick auf Hermann.
    »Jawohl, Don.«
    »Genügend Sisal?«
    »Jawohl, Don Herman.« Sie warf aus großen, blanken Kuhaugen beredte Blicke zu der anderen Schwarzen, die dumpf auf das hin- und hereilende Weberschiffchen starrte und sich nicht rührte.
    »Reichen die Säcke für die nächste Ernte?«
    »Wir haben noch vom letzten Jahr Säcke übrig.«
    Hermann nickte. »Ach ja, die schlechte Ernte.«
    Er blickte noch einmal zu den beiden Frauen und konnte nur mit Mühe ein Frösteln unterdrücken. Die Ältere stieß die Luft zwischen den wulstigen Lippen hervor, leckte mit der Zunge über ihre faulen Zähne und betrachtete ihrerseits Hermann mit listigen Blicken. Ihr Tuchkleid war abgetragen, aber leidlich sauber. Nur die großen Schweißflecke unter den Achseln und zwischen den schweren, hängenden Brüsten waren gut zu sehen. Die andere starrte noch immer verstockt auf das flitzende Weberschiffchen und machte sich so klein wie möglich, doch Hermann sah, dass ihr Kleid an allen Stellen trocken war.
    »Wie lange arbeitest du heute schon?«, herrschte er die Frau an.
    Die schrak aus ihrer Starre, senkte den Blick und murmelte etwas.
    »Ich habe dich nicht verstanden.«
    Die andere Schwarze antwortete für sie. »Sie hat Zahnschmerzen, Don.«
    »Das habe ich nicht gefragt. Also?«
    »Seit acht Stunden«, nuschelte die verstockte Sklavin.
    Hermann nickte. Er betrachtete die Frau noch einmal von oben bis unten, dann befahl er: »Ich möchte, dass du dich heute nach Sonnenuntergang im Herrenhaus meldest. Die Arbeit am Webstuhl scheint dich nicht besonders anzustrengen. Im Herrenhaus werde ich dich schon zum Schwitzen bringen; dort müssen die Büsche im Patio geschnitten werden. Hast du das verstanden?«
    Die Sklavin nickte, und Hermann verließ das Gerätehaus und machte sich auf den Weg zum Holzplatz. Der Gerätewart saß auf einem Stapel Baumstämme und paffte an einer Zigarre. Er war ein Weißer, ein Spanier, der schon seit zwei Jahrzehnten auf dem Ingenio arbeitete. Seine handwerklichen Fähigkeiten waren über die Grenzen von Trinidad bekannt, und Thiago Gonzales wusste um seinen Wert. Also blieb er ganz ruhig sitzen, als sein Chef vor ihm stand.
    Hermann schüttelte Thiago die Hand. Auch er wusste, dass er mit dem Mann, der sich auf sämtliche Handwerke verstand, einen Schatz auf der Plantage hatte, und er würde niemals etwas tun, was Thiago verärgern könnte. Also setzte er sich neben den Mann, zog eine Zigarre aus seiner Tasche und zündete sie an. Die beiden Männer rauchten einen Augenblick lang schweigend, dann ergriff der Don das Wort: »Gibt es etwas Neues?«
    Thiago stieß eine Rauchwolke aus. »Was meinst du damit?« Er war einer der wenigen Angestellten, die den Don duzen durften. Hermann wusste, dass er bei Thiago nicht mit der Tür ins Haus fallen durfte, denn der begnadete Handwerker hasste nichts mehr als Eile und Hetze.
    »Die Familie meine ich.« Hermann zog an seiner Zigarre und sah dem blauen Rauch nach.
    Thiago wohnte in einem kleinen Haus hinter der Gerätehalle. Vor drei Jahren war seine Frau

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