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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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sie da stand, glich sie einer Göttin weit mehr als einem menschlichen Wesen.
    Es dauerte, bis Fela von seiner Arbeit auf den Weiden zurück ins Dorf kam. Mit einem ehrfürchtigen Gruß wollte er an ihr vorbei, doch sie hielt ihn am Arm fest. »Ich muss mit dir reden. Es ist wichtig«, sagte sie. »Komm auf die Veranda des Verwalterhauses. Ich warte dort auf dich.«
    In Felas Augen glänzte Freude auf, aber nicht so rein und unverfälscht wie sonst. »Ich werde da sein«, erwiderte er, und Titine schien es, als klangen seine Worte schleppend.
    Der Schmied kam näher. Er blieb neben Fela und Titine stehen, was einer Ungeheuerlichkeit gleichkam. Jede andere Weiße hätte ihn sogleich mit der Peitsche vertrieben, hätte die Aufseher gerufen, ihn hart zu strafen, doch Titine schenkte ihm nur ein zaghaftes Lächeln, ohne seinem Blick zu begegnen. Dann drückte sie kurz Felas Arm und entschwand, während sie die Blicke von Fela und Herrero in ihrem Rücken spürte.

    »Hat sie dich bestellt? So, wie man einen Ochsen vor den Pflug bestellt?«, wollte Herrero von Fela wissen.
    Der Schmied packte den Jüngeren bei den Schultern und schüttelte ihn, als wäre er ein Federbett. »Pass auf, was du sagst, pass auf, was du tust«, warnte er eindringlich, dann stieß er Fela zurück, so dass dieser leicht ins Taumeln kam.
    Fela erwiderte nichts. Mit langen Schritten ging er zu der Hütte, die gerade mal sechs Fuß groß war und die er sich mit vier weiteren Sklaven teilen musste, wenn er nicht bei Titine war. Er schöpfte aus einer Tonne brackiges Wasser in eine Schüssel und wusch sich den Viehgeruch von der Haut. Obwohl er ungestüm unter dem Wasser prustete und vorgab, unbesorgt zu sein, huschten seine Augen durch das ganze Sklavendorf. Vor vielen Hütten kochten die Frauen – wie jeden Abend – auf offenem Feuer Maisbrei in schweren, rußgeschwärzten Kesseln. Andere waren in ihren winzigen Gemüsegärten beschäftigt, wieder andere schalten mit ihren Kindern, die wie wuselige Tierchen in der Nähe der Feuerstellen herumrollten. Die Männer aber standen in kleinen Grüppchen zusammen, redeten, gestikulierten, brüllten ab und an. Obwohl scheinbar alles wie sonst war, spürte Fela die Anspannung und die Unruhe als leises Prickeln auf der Haut. Viel zu oft sahen die Frauen fragend zu ihren Männern, während die beständig die Blicke schweifen ließen und hin und wieder gemeinsam in Richtung Herrenhaus blickten. Einige von ihnen hatten ihr Arbeitsgerät – Macheten, Grabstöcke, scharfe Messer – mit ins Hüttendorf genommen. Andere hatten sich vom Holzplatz Knüppel geholt, die sie lässig in einer Hand schwenkten. Etwas lag in der Luft, war zu riechen wie Rauch von brennenden Zuckerrohrfeldern, war zu hören wie gellendes Geschrei, zu schmecken wie Blut.
    Fela wusste, dass dieser Abend ihm eine Entscheidung abnötigen würde. Die schwerste Entscheidung, die er jemals getroffen hatte. Er würde jemanden verlieren, den er liebte. Er würde die verraten, die ihm vertrauten.
    Er würde die zum Feind haben, die bisher seine Freunde gewesen waren. Oder aber er würde die Liebe und die Liebste seinen Freunden und der Freiheit opfern.
    Fela gäbe alles darum, dieser Entscheidung ausweichen zu können. So, wie er es in den letzten Jahren getan hatte. Doch nun war die Zeit gekommen. Nun half kein Schweigen, kein Verbergen, Verstecken, Abwiegeln. Sämtliche Lügen waren durchschaut. Er seufzte. Sein Herz krampfte sich zusammen, und er dachte an den Tag zurück, als er Titine das erste Mal gesehen hatte.
    Das portugiesische Sklavenschiff hatte nach monatelanger Fahrt, bei der es kaum Wasser und noch weniger zu essen gab, endlich im Karibikhafen von Cienfuegos angelegt. Die Sklaven wurden vom Schiff getrieben. Unten, an dem Steg aus Planken, stand ein riesiger Karren mit mehreren Tonnen Wasser. Vier Aufseher hatten sich daneben aufgebaut. Zwei von ihnen schöpften in Holzeimern Wasser aus den Tonnen und gossen dieses den betäubten, vor Hunger und Durst fast wahnsinnigen Sklaven über die Köpfe. Einige von ihnen versuchten, das Wasser mit den Händen aufzufangen, doch sie waren zu langsam. Andere leckten sich mit trockenen, rauhen Zungen die Flüssigkeit von den Armen, schüttelten noch den letzten Tropfen aus ihren verfilzten Haaren. Etwas weiter standen noch einmal zwei Aufseher. Die trennten die Männer von den Frauen und Kindern, sperrten die einen dann in ein umzäuntes Gehege, die anderen in eine alte, halb zerfallene

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