Sterne im Sand
Post. Dad, mach um Gottes Willen aus einer Mücke keinen Elefanten. Die leben doch alle von uns.«
Austin schenkte sich aus einer Karaffe einen Whisky ein und fügte Eis hinzu. »Einen Drink?«
»Ja.« Victor goß sich seinen Whisky selbst ein.
»Du hast zwei Dinge übersehen«, sagte Austin ruhig. »Und bei Jesus, selbst wenn du nie auf mich gehört hast, diesmal wirst du es tun. Erstens darfst du niemals die Macht unterschätzen. Jeder Oppositionelle würde seine eigene Großmutter verkaufen, nur um an die Regierung zu gelangen. An die Macht. Opposition! Das ist doch alles Bockmist. Da helfen dir dann auch deine ganzen Verbindungen nichts mehr. Du kannst nicht auf sie zählen.«
Genußvoll nahm er einen Schluck Whisky.
»Gut. Nehmen wir einfach mal an, daß durch Bestechung oder tiefe Überzeugung, Abwesenheit oder Überredung durch sozialistische Elemente eines dieser Landvergabegesetze doch durchkommt. Was dann, Mr. Broderick, Leiter von Springfield?«
Er schleuderte sein halbvolles Glas in den leeren Kamin. »Ich sage dir, was dann geschieht, du verdammter Idiot. Dein schwachköpfiger Bruder wird seine weichen Händchen ringen, und wir verlieren! Worauf haben sie es denn abgesehen? Auf
uns,
du Clown. Ihnen geht es nicht um das verfluchte Land. Was kann ein Schafzüchter schon mit einem winzigen Fleckchen Land anfangen? Die Kosten sind zu hoch, die Märkte zu weit entfernt. Man braucht riesige Weideflächen, wie wir sie haben …«
»Das stimmt«, sagte Victor, ohne weiter auf das zerbrochene Glas zu achten. Austin warf oft mit Gegenständen um sich und konnte seine Söhne mit so etwas längst nicht mehr beeindrucken.
»Wir sollten jemanden einen Artikel für Bernies Zeitung schreiben lassen, in dem man ihnen die Risiken klarmacht, die ein solcher Schritt für ihre Investitionen mit sich bringt …«
»Du hast es noch immer nicht kapiert, was?« fragte Austin sanft. »Es will einfach nicht in deinen Kopf, daß sie hinter uns Squattern her sind. Der Oligarchie, wie sie uns nennen. Es geht nur darum, die Macht der Squatter zu brechen. Wir haben das verdammte Land für sie erschlossen und darauf gesiedelt, lange bevor sich die Landvermesser der Regierung hierher gewagt haben. Wir haben die Kämpfe ausgefochten, sind die Risiken eingegangen und haben jeden Penny verdient, den wir besitzen. Und jeden Morgen Land, den uns eine Regierung verpachtet hat, die von der Existenz dieses Landes nicht einmal wußte. Wir haben gearbeitet und bezahlt, nicht nur mit Geld für die Pacht an diese verfluchte Regierung, die sich in Brisbane versteckt, sondern auch mit Menschenleben, darunter Kellys …«
Oh Jesus, dachte Victor, nicht schon wieder Kelly. Er ließ sich in einem luxuriösen Sessel nieder. Kelly mochte zwar ihr Onkel gewesen sein, doch die Broderick-Jungen hatten ihn hassen gelernt. Ein weitere Heiliger aus Austins Repertoire.
»Der zweite Punkt ist – falls es dich überhaupt interessiert, denn ich möchte dich nicht von deinem Tennisspiel abhalten …«
»Ich habe heute gespielt, weil Louisa Gesellschaft brauchte«, setzte Victor zu einer Erklärung an und haßte sich selbst für seinen Drang, sich seinem Vater gegenüber zu rechtfertigen. »Schön für dich«, erwiderte sein Vater sarkastisch. »In der Zwischenzeit steht Springfield am Rande des Abgrunds. Nehmen wir mal an, daß eines dieser hinterhältigen Gesetze durchkommt – trotz meines brillanten Sohnes Harry, trotz aller Hundesöhne, die wir in hohe Positionen gehievt haben. Hat dir nie jemand erklärt, daß ein Mensch, der sich einmal kaufen läßt, sich auch ein zweites und ein drittes Mal kaufen läßt? Klingelt es da nicht bei dir?«
Victor stand auf. »Ich kann das nicht mehr hören. Wenn du dir Luft gemacht hast, erkläre ich es dir noch einmal in aller Ruhe.«
Sein Vater grinste. »Nicht nötig, mein Junge. Wirf einfach einen Blick auf die Karte. Diese Karte. Jetzt!«
Er hatte mehrere Landkarten auf dem Billardtisch ausgebreitet, detaillierte Karten, die in richtiger Anordnung einen Überblick über den Gesamtbesitz von A. G. Broderick boten. Die Grenzen wiesen unregelmäßige Ausbuchtungen an den Stellen auf, wo er das beste Weideland gefunden und für sich beansprucht hatte.
»Wie sollen wir all das zurückkaufen?« fragte er.
»Das können wir nicht. Aber es gehört uns ohnehin schon. Wir müssen es gar nicht kaufen.«
»Und wenn es soweit kommt und Siedler auftauchen, die uns Dokumente unter die Nase halten, laut denen
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