Sterne im Sand
Hubbert ist es auch schön, aber Springfield ist die Vorzeigefarm.«
Sie folgten unzureichenden Wegbeschreibungen, fuhren Trampelpfade entlang und landeten in Sackgassen inmitten des schrecklichen Buschlandes. Dann wieder stießen sie auf Flüsse, die sie mit ihrem Wagen nicht durchqueren konnten. Sie hatten sich verirrt, ihre Laune war auf dem Nullpunkt angelangt und kein Haus in Sicht, als schließlich zwei Reiter sie entdeckten und Stunden später am Tor zum Besitz der Brodericks ablieferten. Die lange Auffahrt war von Kiefern gesäumt und bot den erschöpften Reisenden willkommenen Schatten.
Dankbar schenkten sie den Männern religiöse Traktate aus der Bibliothek der Kirche des Heiligen Wortes und fuhren allein weiter, auf das Haus zu.
Tom und Amy waren immer Christen gewesen, vertraten aber die Ansicht, daß der anglikanische Vikar ihrer Gemeinde gegenüber Sündern zuviel Nachsicht übte. Sie hatten verlangt, er solle nachdrücklicher gegen das Böse in ihrer unmittelbaren Umgebung vorgehen. Der Vikar behauptete zwar, er verstehe ihre Klagen, unternahm aber dennoch nichts gegen die Übel der Trunksucht, des Glücksspiels und der Ausschweifung, die in Queenstown herrschten. Dann begegneten sie Pastor Williams, einem wahren Christen, der mit ihnen in allen Punkten übereinstimmte und keine Mühe hatte, sie zur Kirche des Heiligen Wortes zu bekehren.
Als er in seiner kleinen Gemeinde zur Missionierung aufrief, meldeten sich Tom und Amy voller Enthusiasmus für diese Aufgabe. Tom kündigte seine Stelle als Beamter im Erziehungsministerium, und eines glorreichen Abends gaben sie sich ganz dem Heiligen Wort hin. Es war eine ebenso tränenreiche wie erhebende Erfahrung gewesen, als sie all ihre weltlichen Güter zum Ruhme des Herrn weggaben: das kleine Haus in der Gresham Street, das Tom von seinem Vater geerbt hatte, und auch ihre Ersparnisse, denn Amy hatte als Wäscherin gearbeitet und etwas auf die Seite gelegt. Es war der glücklichste Tag ihres Lebens gewesen.
Zwei Jahre lang reisten sie im Namen Christi durch Neuseeland, klopften an Türen, um kleine Traktate und Bibeln zu verkaufen und, wenn möglich, die Menschen zum gemeinsamen Gebet zu ermutigen. Leider waren nur wenige bereit, dem Herrn ihre Zeit zu opfern, doch eine Spende war ebenfalls willkommen. Sie sammelten auch Geld bei Straßenveranstaltungen, wie es die Anhänger der Heilsarmee taten, verzichteten aber auf lärmende Trommeln und Blechpfeifen. »Sie machen den Herrn lächerlich«, pflegte Tom über sie zu sagen. »Sie verwandeln die Messe in ein billiges Schauspiel.« Nach ihrer Probezeit als Laienprediger wurde Tom im Rahmen einer besonderen Messe im Hauptquartier zum Reverend, einem wahren Priester des Herrn, geweiht. Sie nannten Pastor Williams’ Heim am Rande von Christchurch das Hauptquartier, weil dort die Quelle des Guten lag. Als demütiger Mann hatte er das Angebot von Bischof Frawley aus Brisbane, ihn zu befördern, abgelehnt und war lieber als Pastor und Kirchenführer in Neuseeland geblieben. (Tom hingegen hegte keine derartigen Skrupel und hoffte, daß ihm seine guten Werke eines Tages das Bischofsamt eintragen würden.) Allerdings hatte sich der Pastor überreden lassen, ein Backsteinhaus als angemessene Residenz zu beziehen. Den Salon dieses Hauses hatte er gesegnet und in eine Kapelle umgewandelt. Seine Anhänger wohnten derweil in Holzhütten am Ende des Grundstücks. Oftmals waren diese Hütten überbelegt, doch das schien niemandem etwas auszumachen, denn es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen. Tom und Amy freuten sich stets darauf, hierher zurückzukommen, weil sie dann mit den anderen Erfahrungen austauschen und neuen Elan für die nächste Reise sammeln konnten.
Manche Leute klagten, daß Pastor Williams sich mit ihrem Geld ein schönes Leben mache, doch Tom duldete solche Unterstellungen nicht. Er nannte ihre Beschwerden verachtenswert, um so mehr, als er entdeckte, daß eine beträchtliche Zahl seiner Glaubensgenossen Provision für den Verkauf ›geheiligter Gegenstände‹ erhielt, darunter Bildnisse des Herrn und eine Auswahl an unechten Goldkreuzen. Er betrachtete diese Geschäfte als Gotteslästerung und hielt schon bald mit Pastor Williams Rücksprache darüber …
Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, daß ich nie erfahren habe, was dabei herausgekommen ist, sinnierte Amy, als sie durch den Rosengarten schlenderte. Es hatte damals viel Staub aufgewirbelt. Kurz darauf eröffnete uns Pastor
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