Sterne im Sand
zugewiesen hat wie Fern Broderick?«
Bei dem bloßen Gedanken daran wurde sie wieder so wütend, daß alle überrascht zusammenfuhren, doch sie verfolgte ihren Gedankengang unbeirrt weiter. »Sehen Sie sich diese Karten an. Zu mehr als einem Strohmann tauge ich anscheinend nicht. Und das betrachte ich als grobe Beleidigung.«
Pottinger setzte sich wieder hin. »Charlotte, Sie werfen das Erbe von Springfield mit den Anforderungen des Gesetzes gegen die Zweckentfremdung von Land in einen Topf. Für welche Verfahrensweise sich die Herren auch immer entschieden haben – wie ich höre, werden Sie dabei von Anwälten aus der Stadt beraten –, um so viel Grund und Boden wie möglich behalten zu können, es steht ihnen frei, dies zu tun. Ich möchte Sie jedoch aufrichtig davor warnen, die Frage der Strohmänner außerhalb der vier Mauern dieses Hauses anzusprechen. Dieser Komplex geht weit über meine juristische Kompetenz, und obwohl ich die Viehzüchter bedaure, die sich derartigen Problemen gegenübersehen, möchte ich nicht an illegalen Vorhaben beteiligt sein. Ich will vergessen, daß der Begriff Strohmann je gefallen ist.«
»Mit anderen Worten, es ist Ihnen gleichgültig, daß man mich, so sehe ich es zumindest, um den mir zustehenden Anteil an Springfield gebracht hat?«
»Ganz und gar nicht. Wenn Sie es so empfinden, ist es Ihr gutes Recht, das Testament anzufechten.«
»Wie bitte?« Rupe war aufgesprungen.
»Setz dich hin!« donnerte Harry. Sein Bruder gehorchte, wenn auch nur widerwillig.
Pottinger fuhr fort: »Wie gesagt, es steht Ihnen frei, einen anderen Rechtsbeistand zu verpflichten.«
»Wen denn?« fragte Charlotte.
»Das liegt ganz bei Ihnen, meine Liebe.«
Connie lächelte. »Natürlich Richter Walker. Ich bin sicher, meinem Vater wird es eine Ehre sein, dir zu helfen.«
»Mein Gott, nur das nicht!« rief Harry entsetzt aus, doch seine Mutter nickte Connie dankbar zu. Zum ersten Mal standen die beiden Frauen wirklich auf einer Seite.
Er lehnte sich zurück und suchte den Fortgang des Streits aus seinem Bewußtsein auszublenden. Wie traurig, dachte er, daß sich Charlotte die ganze Zeit über mit dem Wunsch nach einem Anteil an Springfield gequält haben mußte. Er wünschte, sie hätte mit Austin darüber gesprochen, doch das hätte sie wohl zu große Überwindung gekostet. Austin
redete nicht
mit
den Leuten, er redete sie in Grund und Boden.
Der Anwalt machte Anstalten zu gehen, verabschiedete sich mit bemühter Höflichkeit von allen Anwesenden und verließ so schnell wie möglich den Raum. Charlotte begleitete ihn. »Ich hoffe, Sie überdenken das alles noch einmal, meine Liebe«, sagte er zu ihr, während sie ihm in den weißen Staubmantel half. »Wenn Sie Austins Testament anfechten, wird dies einen gewaltigen Skandal verursachen.«
Ihr Blick schweifte über den Garten zu der langen Baumreihe am Ende des Tales, die vom Licht der Nachmittagssonne vergoldet wurde. »Ich betrachte es als einen Skandal, daß man mich übergangen hat«, seufzte sie. »Aber ich will Sie nicht länger aufhalten. Auf Wiedersehen, William, und vielen Dank für den schönen Kranz.«
Im Salon wandte Victor sich unterdessen an Harry. »Hinter alledem steckst doch du! Bist du deshalb hiergeblieben? Du hast Connie und Charlotte gegen uns aufgehetzt.«
»Nein, ich bin nur ein unbeteiligter Zuhörer«, sagte Harry grinsend.
»Wie kommt Connie denn dazu, für dich ebenfalls einen Anteil zu verlangen?«
»Davon wußte ich ja gar nichts.«
Rupe stürmte auf ihn zu. »Du verdammter Lügner, du willst uns nur Schwierigkeiten machen …«
Er konnte den Satz nicht mehr beenden, da ihn Harry am Hemdkragen packte und gegen die getäfelte Wand stieß.
»Deine Beleidigungen habe ich gründlich satt. Halt endlich die Klappe.«
Connie genoß die Szene. Also hatte Rupe ihren Mann nun doch genügend provoziert, um ihm eine Reaktion zu entlocken. Vielleicht würde er ja jetzt endlich um seinen Anteil an Springfield kämpfen. Louisa hingegen war außer sich.
»Hört auf! Euer Vater ist kaum unter der Erde, und schon geht ihr einander an die Kehle! Hört sofort damit auf!«
Die Männer traten auseinander, doch niemand machte Anstalten, den Salon zu verlassen. Es stand einfach zuviel auf dem Spiel. Harry bot schließlich eine Lösung an.
»Mutter sollte euch nicht darum bitten müssen, daß Austins Vermögenswerte umverteilt werden. Wir alle müssen uns bei ihr entschuldigen. Niemand, auch Vater nicht, hat je auf ihre
Weitere Kostenlose Bücher