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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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diesem Moment erwachte er vom Schnarchen der anderen Männer ringsum; vergeblich versuchte er, sich die Unterhaltung ins Gedächtnis zurückzurufen. Hoffentlich bedeutete Moobuluks Ankunft kein Unheil.
     
    Nioka hatte sie von der anderen Seite des Flusses aus bemerkt. Rupe und seine Freundin standen auf dem Hügel und schauten auf das große Korrobori der Vögel hinab. Dann hatte Rupe Teddy hochgehoben, damit er besser sehen konnte, und auf die Tiere gezeigt. Niokas Herz tat weh. Würde ihr Jagga jemals wieder die schönen Vögel sehen können? Eifersüchtig betrachtete sie den blonden Jungen, der so viel Spaß hatte. Er war gewachsen; Jagga würde wohl inzwischen ebenso groß sein wie er. Teddy besaß noch Babyspeck, Jagga war drahtiger gewesen. Sie hoffte, daß die schlechten Menschen ihm genug zu essen gaben. Jungen brauchten anständige Nahrung, viel frisches Fleisch, Fisch und alles, was der Busch hergab. Hier fand man so viele Nüsse und Beeren, daß sich ein Kind praktisch allein ernähren konnte.
    Ihre scharfen Augen bemerkten, wie Rupe und das Mädchen einander näherkamen, doch Teddy war nicht mehr zu sehen. Die beiden schmusten, streichelten und küßten einander, und Nioka dachte traurig an den Geliebten, den sie am See zurückgelassen hatte. Sie wünschte, er wäre bei ihr. Sie brauchte auch Liebe. Die Zeit hatte ihre Entschlossenheit ins Wanken gebracht. War es dumm, hier auf die Rückkehr der Jungen zu warten? Vielleicht würden sie niemals kommen. Nun bedauerte sie, daß sie ihre weißen Freunde in Brisbane nicht gebeten hatte, ihr bei der Suche zu helfen. Sie war so auf ihre Heimkehr fixiert gewesen, glaubte so fest daran, von hier aus ihre Spur aufnehmen zu können. Als ob Gabbidgee dies nicht selbst auch schon versucht hätte.
    Die Liebenden umschlangen einander und sanken ins Gras, wobei sie ein Gebüsch vor Niokas Blicken verbarg. Sie war nicht weiter erstaunt; wenn es um die Liebe ging, unterschieden sich die Weißen nicht von ihren eigenen Leuten. Zudem war Rupe für seine Forschheit Frauen gegenüber bekannt. Sie kicherte. Ob das weiße Mädchen wohl ahnte, daß Rupe darauf aus war, ihre geheimsten Körperstellen zu erkunden?
    Als sie Teddys rotes Hemd sah, das durch die Büsche schimmerte, wurde ihr Blick abgelenkt. Sie blinzelte, sah ihn eine Weile nicht, bis er schließlich auf der Lichtung am Fluß auftauchte und mit seinem Stock herumstocherte.
    Warum behielten sie ihn nicht im Auge?
    Ganz einfach, sie waren zu sehr miteinander beschäftigt. Niokas Blicke wanderten zwischen den Büschen, hinter denen Rupe und Cleo lagen, und dem Jungen, der viel zu nah am Ufer spielte, hin und her. Plötzlich rutschte er ab, suchte verzweifelt Halt, rutschte weiter.
    Von Panik getrieben, rannte Nioka ins Wasser. Man nannte es den stillen Tod, wenn Kinder ertranken. Sie gingen so schnell unter, daß sie nicht mehr um Hilfe rufen konnten. Sie tauchte eine weite Strecke, kam hoch, sah das um sich schlagende Kind, das von der Strömung in ihre Richtung getragen wurde. Sie schwamm mit kraftvollen Zügen, die Augen auf den roten Farbfleck geheftet, der auf sie zutrieb. Sie sah ihn verschwinden, tauchte, kämpfte gegen Hindernisse im Wasser an und kam unmittelbar neben ihm wieder an die Oberfläche.
    Teddys Körper war schlaff und viel schwerer als erwartet. Sie zog ihn an sich und sah sich um, während sie stromabwärts gerissen wurden. Ihr eigenes Ufer lag näher; es war zu gefährlich, sich durch die tosenden Wirbel zur anderen Seite kämpfen zu wollen. Also hielt sie Teddys Kopf über Wasser und trat mit den Füßen, bis sie in die Nähe des Ufers gelangte, wo ein Haufen Felsbrocken Rettung verhieß. Sie streckte den Arm danach aus, bis sie nach mehreren vergeblichen Versuchen endlich Halt fand.
    Dann schob sie Teddy an Land, kletterte hinter ihm her über die glitschigen Steine, streckte ihn flach auf dem Boden aus und betrachtete angstvoll sein grünliches Gesicht. Hämmerte mit den Fäusten auf seine Brust. Reinigte seinen Mund. Weinte. Blies Luft in seine Lungen, wobei sie ihn durch den Tränenschleier nur undeutlich wahrnahm. Er würgte, spuckte und erbrach Wasser und Galle. Nioka blies mehr Luft in seinen Mund. Er lebte noch, mußte aber ums Überleben kämpfen. Sie hob ihn auf und rannte zu ihrem Lager, von dem aus sie immer fischen ging. Dort wickelte sie ihn in Decken, die sie aus den Ställen von Springfield gestohlen hatte. Da sie wußte, daß er unter Schock stand, drückte sie ihn eng an sich,

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