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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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hervor.
    Harry sprach weiter mit ihm über die Jungen, versprach, nach ihnen zu suchen und sie wenn irgend möglich zurückzubringen. Er war erleichtert zu sehen, daß er Moobuluks Vertrauen allmählich zurückgewann, achtete aber dennoch aufmerksam auf versteckte Hinweise, die möglicherweise auf eine Vergeltung hindeuteten. Harry wußte durchaus, daß Moobuluk in diesem Fall ein ebenso schlauer wie gefährlicher Gegner war, den man im Auge behalten mußte.
    Allmählich wurde es spät. »Hast du Hunger?« fragte er den alten Mann. »Ich kann dir etwas zu essen holen, für den Hund auch.«
    Moobuluk kramte in einem schmutzigen Beutel und holte gequetschte Beeren heraus, von denen er Harry einige überreichte. Dieser aß sie höflich und unterdrückte ein Würgen.
    »Gutes Essen«, bemerkte der Alte freundlich.
    Dann deutete er zum Fluß hinunter. »Warum fischt ihr ganze Zeit im Wasser?«
    Harry rückte näher, ohne das ängstliche Knurren des Dingos zu beachten. »Sie suchen nach Teddy. Er ist in den Fluß gefallen. Er ist ertrunken. Moobuluk, du bist ein weiser Mann«, fügte er eindringlich hinzu. »Kannst du mir etwas darüber sagen?«
    Der Alte blinzelte und sah Harry fragend an. »Teddy? Sohn von deinem Bruder? Ist ertrunken?«
    »Ja. Sie suchen schon seit Tagen nach seiner Leiche. Mein Bruder, seine Frau, alle … sind am Boden zerstört.«
    Moobuluk machte ein Zeichen, er solle ihm aufhelfen. Erst jetzt wurde Harry klar, wie alt dieser Bursche sein mußte. Seine Beine trugen ihn kaum noch, und als er ein paar wacklige Schritte nach vorn machte, mußte er sich auf seinen Stock stützen. Er blickte den Fluß auf und ab, die Nasenlöcher geweitet, als nehme er eine Witterung auf; seine linke Hand bewegte sich nach vorn, als taste er die Luft nach Informationen ab. Er blieb lange Zeit so stehen und drehte sich dann zu Harry um.
    »Kein Tod hier. Kein Tod. Wer hat dir erzählt?«
    »Es ist wahr. Er ist tot. Ertrunken. Er hat hier gespielt und ist in den Fluß gefallen.«
    »Du ganz unrecht. Nichts hier redet von Tod. Nichts.«
    »Wo ist er dann? Wir können ihn nicht finden.«
    In diesem Augenblick spürte Moobuluk, daß Nioka heimgekehrt war und sich irgendwo in der Nähe aufhielt. Er schaute über den Fluß ins dunkle Unterholz. Oh ja, ihre Gegenwart war so deutlich wie der Duft der Nachtblumen. Und wenn der Junge weder im Fluß noch bei den Weißen war … Er sah zum karminroten Himmel hinauf und entdeckte dort ihre dunklen, machtvollen Augen. Er sah auch eine Frau, die beschützt werden mußte. Sie mußte die Familie weiterführen, um sich sammeln, ihr den Weg durch diese seltsame Zeit weisen. Sie war mit ihm verwandt, war klug, wußte, was zu tun war. Nioka durfte kein Unheil zustoßen.
    Doch wenn sie dieses Kind gefunden und nicht zurückgegeben hatte, würden die weißen Männer keine Gnade walten lassen. Moobuluk erschauderte. Konnte er als Verräter an seiner Familie in die Traumzeit gehen?
    Die Antwort darauf war ebenso beunruhigend wie die Frage selbst. »Was soll das?« quälten ihn innere Stimmen. »Die weißen Männer haben eure Kinder genommen. Drei Kinder. Was macht es, wenn sie eines verlieren? Das ist nicht deine Sache. Wenn du gehst, nimmt Nioka deinen Platz ein. Sie muß lange leben, du darfst dich nicht einmischen.«
    Harry flehte ihn an, wollte wissen, ob jemand den Jungen gesehen hatte. Fragte, wann Moobuluk nach Springfield zurückgekehrt sei. Diese Frage drang dem alten Mann wie ein Dorn ins Fleisch, denn die Anspielung tat weh. Er wandte sich ab.
    »Geh jetzt. Wir reden morgen.«
    »Was ist mit Teddy?«
    »Ich muß denken. Wir reden morgen.« Er hockte sich nieder, schloß die Augen und schottete sich gänzlich von der Außenwelt ab.
    Verwirrt machte sich Harry auf den Rückweg zum Haus. Der alte Mann mußte senil sein, er war sicher hundert Jahre alt.
    Andererseits wußten diese alten Burschen viele Dinge, die Harry nicht genau benennen konnte. Wenn Moobuluks Instinkt ihn nun nicht trog, wenn sich tatsächlich kein Todesfall in dieser Gegend ereignet hatte?
    »Unmöglich!« murmelte er. Dann fiel ihm ein, daß er ihm Essen angeboten und sein Angebot danach vergessen hatte. Er seufzte. Die Gelegenheit, Näheres zu erfahren, hatte er vertan, indem er Moobuluks Stolz verletzt hatte, als er ihn mißtrauisch nach seiner Rückkehr in die alte Heimat fragte. Es war offensichtlich, daß er eine mögliche Verbindung zu Teddys Verschwinden aufdecken wollte. Dabei hatte Moobuluk ihm unmittelbar

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