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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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seinen besten schwarzen Anzug mit den Samtrevers aus dem Schrank und dazu ein weißes Rüschenhemd, das ihm einmal irgend jemand geschenkt hatte. Allein für seine Mutter warf er sich so in Schale, da er sie als Verbündete zu gewinnen hoffte. Er wußte, daß Victor, der von der Farm und ihren Anforderungen in Anspruch genommen war, jegliches Interesse an gesellschaftlichen Umgangsformen verloren hatte. Nicht, daß es ihn je sonderlich interessiert hätte; er war ein Gewohnheitstier. Rupe bezweifelte auch, daß Louisa in der Stimmung war für Charlottes altmodische Formalitäten. Er wählte eine schmale schwarze Krawatte aus, steckte eine goldene Taschenuhr in die Weste und polierte die schwarzen Schuhe, bis sie glänzten. Dann warf er einen prüfenden Blick in den Standspiegel und ging in den Salon hinunter.
    »Du lieber Himmel«, sagte Charlotte lächelnd, »du siehst aber gut aus. Und trägst das Hemd, das ich dir letzte Weihnachten geschenkt habe. Ich dachte schon, es gefiele dir nicht.«
    »Natürlich gefällt es mir. Ich war nur ein wenig unsicher wegen der vielen Rüschen. Wie geht es deinem Arm?«
    Sie sah auf den eingegipsten Arm in der schwarzen Schlinge hinunter. »Er juckt und ist überaus lästig. Möchtest du einen Sherry, während wir auf die anderen warten, die sich mal wieder Zeit lassen?«
     
    Das Eßzimmer strahlte im warmen Licht der bernsteinfarbenen Lampenschirme, die die getäfelten Wände schimmern und das blendend weiße Damasttischtuch weicher erscheinen ließen. Das Abendlicht drang durch die Spitzenvorhänge an den hohen Fenstern, umrahmt von den üppigen dunkelgrünen Samtportieren, die wieder ihren Weg ins Zimmer gefunden hatten. Rupe lächelte. Sie rochen leicht nach Mottenkugeln. Damit war es vorbei mit Louisas kurzer, innovativer Herrschaft. Die Ära des Tageslichts und der luftigen Zimmer war mit Charlottes Rückkehr abrupt zu Ende gegangen.
    Als Victor und Louisa eilig den Raum betraten, stellte sich Rupe hinter den Stuhl am Kopf der Tafel, auf dem Austin früher gesessen hatte, und zog ihn zurück, so daß seine Mutter darauf bequem Platz nehmen konnte. Sie nickte ihrem Jüngsten dankbar zu und sah dann die anderen an.
    Louisa wirkte aufsässig in ihrer hübschen Bluse und einem Rock mit Gürtel, und Victor, der sich der Spannungen gar nicht bewußt war und ohnehin wenig Sinn für Etikette hatte, war in einem sauberen Hemd und Kordhosen erschienen. Er zeigte keine Reaktion auf Rupes elegante Erscheinung und nahm, nachdem sich seine Frau gesetzt hatte, seinen gewohnten Platz am Ende des Tisches ein. Rupe saß links von ihm. Wie jeden hart arbeitenden Mann, interessierte auch ihn hauptsächlich das Essen, das auf den Tisch kam. Geistesabwesend griff er nach der gestärkten Serviette und sah seine Frau an.
    »Was gibt es heute?«
    »Erbsensuppe und gebackenen Schinken.«
    »Fein.«
    Doch Charlotte war nicht bereit, ihnen diesen Verstoß gegen die Regeln so einfach durchgehen zu lassen. »Ziehen wir uns nicht mehr zum Essen um?« fragte sie in ruhigem Tonfall.
    »Oh, tut mir leid«, erwiderte Victor beiläufig und nahm sich ein warmes Brötchen, das er dick mit Butter bestrich.
    »Wir sind zu dem Entschluß gekommen, daß es zu aufwendig ist«, erklärte Louisa. »Wie du weißt, haben wir versucht, unsere Ausgaben einzuschränken, und es ist doch reine Verschwendung, wenn wir jeden Abend unsere guten Sachen anziehen. Das Waschen und Bügeln macht viel mehr Arbeit als bei den Alltagskleidern.«
    »Mir ist es recht«, sagte Victor versöhnlich. »Steife Hemden haben mir ohnehin nie gefallen.«
    »Ich finde es sehr schade«, sagte Charlotte verärgert. »Wir haben Traditionen zu pflegen. Wir haben uns immer zum Essen umgezogen, anstatt wie Bauern zu Tisch zu kommen.«
    »Was hast du gegen Bauern?« fragte Louisa, die offensichtlich noch immer gekränkt war.
    »Nichts, meine Liebe, aber wir sind nun mal keine. Ich wahre gern einen gewissen Standard in meinem Haus. Hier draußen im Busch läuft man immer Gefahr, die guten Sitten schleifen zu lassen. Denkt an meine Worte: Wenn wir uns gehen lassen, wird das Personal unserem Beispiel folgen!«
    Da war es, dachte Rupe. ›Mein Haus‹, hatte sie gesagt. Damit hatte sie Louisa auf ihren Platz verwiesen.
    »Noch eins, bevor wir anfangen«, fuhr seine Mutter fort, »mir ist aufgefallen, daß ihr nicht miteinander sprecht. Das muß aufhören. Dankt lieber dem Herrn, daß wir unseren Jungen gesund wiederbekommen haben, nur das zählt. Rupe hat

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