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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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mich unter Umständen erinnern«, sagte die schleimige Kreatur und schlich näher. Eine halbe Krone half ihrem Gedächtnis auf die Sprünge.
    »Ja, er war hier, dieser Bobbo. Richtiger Lümmel. Hat nie getan, was er sollte. Konnte ihm einfach nix lernen.«
    Harry stöhnte innerlich auf und hoffte, daß diese Gestalt nicht Englisch unterrichtete.
    »So, und wo ist er jetzt?«
    »Weiß nich’, is’ abgehaun. Hab’ ihn nie mehr gesehn.«
    »Haben Sie denn wenigstens nach ihm gesucht?«
    »Klar haben wir das, aber wir müssen uns auch um andre Kinder kümmern. Sind zuviele, wenn Sie’s genau wissen wolln. Is’ doch kein Gefängnis hier.«
    »Aber er ist erst sieben Jahre alt. Haben Sie die Polizei verständigt?«
    »Wozu? Die meisten Ausreißer kommen wieder angekrochen, wenn sie nix zu essen finden. Der hier is’ nich’ wiedergekommen, das is’ alles.«
    »Ich bin entsetzt. Ein kleines Kind verschwindet, und niemand scheint sich dafür zu interessieren. Das ist eine Schande, genau wie diese ganze Einrichtung hier.« Harry spähte in den langen, dunklen Flur hinaus. »Außerdem stinkt es hier. Sie werden noch von mir hören, verlassen Sie sich darauf.«
    Der Lehrer sah ihn blinzelnd an. »Hör’n Sie mal, Mister. Machen Sie, was sie wollen, aber dieses Waisenhaus is’ um einiges besser als das, woher er gekommen is’. War ’n Gefallen, daß wir ihn überhaupt genommen haben.«
    Plötzlich war Harry hellwach. »Woher ist er denn gekommen?«
    »Aus dem Armenhaus«, lautete die höhnische Antwort.
    »Und Sie sagen, er sei allein gewesen? Waren nicht noch zwei kleine Aborigines bei ihm?«
    »Nein. Wir haben andre Abos hier, aber die sind älter.«
    »Wer hat ihn hergebracht?«
    »Hab’ ich doch sagt, ’n Typ aus’m Armenhaus. Jesus, ich dachte, er wär’ vielleicht dahin zurück.«
    »Vielen Dank«, erwiderte Harry empört.
    Innerhalb der nächsten Stunde hatte er sich bis zum Direktor des Armenhauses vorgearbeitet, dem er sein Anliegen vortrug. Doch wieder hatte er kein Glück.
    »Mr. Broderick, ich kann Ihnen leider nicht helfen. Ich bin selbst erst seit einigen Monaten hier, aber eines weiß ich genau: Wir nehmen keine Waisen auf. Manchmal kommen Kinder mit ihren Müttern her, aber wir verlegen sie so bald wie möglich. Frauen mit Kindern haben absoluten Vorrang. Wie Sie verstehen werden, ist das hier nicht die gesündeste Umgebung für Kinder.«
    »Ich habe aber aus zuverlässiger Quelle erfahren, daß dieser Junge namens Bobbo hier war, die anderen vielleicht auch. Führen Sie Buch über die Namen der Leute, die hierherkommen?«
    »Sicher, wir führen ein Register. Das ist sehr wichtig. Die Zuschüsse der Regierung hängen von der Zahl der Aufnahmen ab.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, in den älteren Registern nachzuschauen? Ich wäre Ihnen sehr verbunden.«
    »Selbstverständlich.«
    Der Direktor holte große, gebundene Register aus dem Aktenschrank seines Büros und legte sie auf seinen Schreibtisch. Gemeinsam gingen sie die Listen durch, die viele Monate zurückreichten, und konzentrierten sich dabei auf das Alter der Insassen, doch die wenigen Kinder waren allesamt mit ihren Müttern zusammen aufgenommen worden.
    Der Direktor seufzte. »Es tut mir leid, Mr. Broderick, ich wünschte, ich hätte mehr für Sie tun können, aber wie ich schon sagte, nehmen wir hier keine Waisenkinder auf. Das verstößt gegen die Regeln. Ich vermute, daß sie – da Sie die Waisenhäuser bereits überprüft haben – von diesem Reverend direkt auf irgendeine Farm gebracht worden sind. Ich meine, er konnte sie ja schlecht auf der Straße stehenlassen … Das müssen vielleicht Schurken gewesen sein …«
    Harry sah ihn erstaunt an. »Ich verstehe das einfach nicht. Warum sollten sie die Kinder überhaupt mitnehmen wollen, wenn es Scharlatane waren?«
    »Haben Sie Ihnen zufällig etwas gespendet?«
    »Ich nicht, aber mein Vater.«
    Der Direktor zuckte die Achseln. »Ja dann …«
    »Nein, das kann nicht sein. Wenn er nur auf das Geld aus war, hätte er die Kinder irgendwo unterwegs absetzen können, aber er hat sie tatsächlich bis nach Brisbane gebracht. Einer von ihnen, Bobbo, war in einem hiesigen Waisenhaus.«
    »Vielleicht hat der Kerl dort gelogen.«
    »Gott, das will ich nicht hoffen.«
    Der freundliche Direktor begleitete Harry zum Tor und dankte ihm für die fünf Pfund, die er als Spende auf den Schreibtisch gelegt hatte. Als er wieder im Büro saß, steckte Mrs. Charmaine Collins, eine der

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