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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Badezimmer am Ende des Flurs. Dort schaute ich aus dem Fenster und sah dich mit einem Mann spazierengehen.«
    »Oh nein, Tom, ich habe nicht …«
    »Schon wieder Lügen!« Er riß sie an den Haaren auf die Füße und schüttelte sie, so daß sie sich auf die Zunge biß.
    »Oh, Tom, laß das, bitte«, flehte sie ihn an. »Er hat sich mir einfach angeschlossen. Ich habe ihn nicht dazu eingeladen. Es war nur Rupe Broderick.«
    »So nennst du ihn also? Seit wann steht ihr auf so vertrautem Fuß miteinander?«
    »Man sagte uns, wir sollen die Söhne Rupe und Victor nennen.«
    »Mir wurde es gesagt, nicht dir. Hast du denn gar kein Schamgefühl? Du bist eine verheiratete Frau. Auf die Knie mit dir!«
    Als sein Gürtel auf ihren Rücken niederging, biß Amy auf ein Handtuch, um nicht laut herauszuschreien. Sie wollte nicht, daß irgend jemand davon erfuhr. Sie würden es nicht richtig verstehen. Tom liebte sie wirklich, es war nur so, daß es ihr schwerfiel, seinen strengen Prinzipien, was ein christliches Leben anbelangte, zu entsprechen. Schon oft hatte er ihr, wenn er in besserer Stimmung war, erklärt, daß er alle Hände voll zu tun hätte, den Teufel in sich selbst zu bekämpfen, und nicht auch noch ihre Schlachten austragen könne. Amy wußte, daß sie sich noch mehr anstrengen mußte, denn Tom war ein guter Ehemann, der sich aufrichtig um sie sorgte. Er fürchtete ständig, er werde ohne sie in den Himmel gelangen, wenn sie nicht lernte, dem Herrn zu gefallen. Ein wirklich rücksichtsvoller Mann. Nur wenige Ehemänner besaßen Toms Voraussicht; die meisten waren viel zu selbstsüchtig.
     
    Die anderen beiden Frauen am Tisch hätten Tom Billings wohl kaum einen rücksichtsvollen Ehemann genannt. Hätten sie gewußt, daß er seine Frau unter ihrem Dach schlug, hätten sie wohl selbst zur Pferdepeitsche gegriffen. Allerdings erachteten sie ihre eigenen Männer tatsächlich als selbstsüchtig. Charlotte fühlte sich um die romantische Liebe betrogen, nach der sie sich immer gesehnt hatte, und Louisa mißbilligte, daß sich Victor von seinem Vater gängeln ließ. Ihre Wünsche kamen stets erst an zweiter Stelle. Er liebte sie, sehr sogar, war stolz auf sie und stellte sie jedem als ›meine wunderschöne Frau‹ vor, doch sie wollte nicht ständig mit einem tyrannischen Vater konkurrieren müssen, der, wie sie sehr wohl wußte, gegen ihre Heirat gewesen war.
    Grimmig tauchte sie ihren Löffel in die Suppe, während Charlotte höflich nickend den Ausführungen des Reverends lauschte, der zu einem von Schlürfgeräuschen unterbrochenen Monolog über das zweite Erscheinen Christi angesetzt hatte. Seine Tischmanieren waren grauenvoll, was Louisa nur noch mehr aufbrachte. Säßen die Männer mit am Tisch, wären die Frauen seinen Litaneien wenigstens nicht allein ausgeliefert. Wie nannte Rupe es doch gleich?
    Ein gefesseltes Publikum.
    Er fand die Missionare komisch. Typisch Rupe!
    Louisa erblickte ihr Gesicht in dem goldgerahmten Spiegel an der Wand und war getröstet. Wegen ihr brauchte Victor sich nicht zu schämen, selbst wenn sie nur die Tochter eines Ladenbesitzers und nicht wie er in die Elite von Queensland hineingeboren worden war. Tatsächlich hieß es oft, sie könnten Geschwister sein. Beide waren groß, blond und blauäugig, doch Louisa betonte stets, daß damit die Ähnlichkeit aufhöre. Schließlich war es nicht gerade schmeichelhaft für eine Frau, ihrem Aussehen nach mit einem Mann verglichen zu werden. Ihr Haar war lang und seidig, reichte ihr fast bis zur Taille. Victor liebte es ganz besonders an ihr, und sie mußte ihm hoch und heilig versprechen, daß es niemals mit einer Schere in Berührung käme. Ihre Gesichtszüge waren fein, die Haut rein und ohne Sommersprossen, der Mund klein – ›wie eine Rosenknospe‹, hatte Victor einmal gesagt.
    Sie runzelte die Stirn. Ihr Vater hatte sie vor der Hochzeit gewarnt. »Laß dich nicht von ihnen unterkriegen, Liebes. Du bist so gut wie jeder einzelne von ihnen. Mein Dad war ein freier Siedler, Brodericks Großvater ist in Ketten hergekommen. Du hast also allen Grund, den Kopf hoch zu tragen.«
    Damals war Louisa bei der Aussicht auf eine Ehe mit Victor, der sie ein Jahr lang umworben hatte, so aufgeregt gewesen, daß sie den Rat ihres Vaters als albern abgetan hatte. Victor war verrückt nach ihr. Was zählte sonst noch? Vieles, dachte sie nun mürrisch.
    Minnie kam herein und räumte langsam die Teller ab, jeden einzeln, als habe sie Bleigewichte an den

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