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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Füßen. Charlotte bemerkte es mit einem Stirnrunzeln.
    Sie trug die Koteletts und das Gemüse auf, wobei sie einen Krug umstieß. Die dicke Soße ergoß sich über die Damasttischdecke.
    »Oh nein, sieh nur, was du angerichtet hast«, rief Charlotte.
    »Was ist denn bloß los mit dir?«
    »Ich hole einen Lappen«, erbot sich Louisa und sprang auf.
    »Du bleibst, wo du bist«, wies Charlotte sie an. »Ich kümmere mich darum.«
    Louisa blieb also sitzen und überließ es ihrer Schwiegermutter, das Durcheinander zu ordnen, was ein bezeichnendes Licht auf ihren Status innerhalb der Familie warf.
    »Ich gelte hier überhaupt nichts«, hatte sie sich immer wieder bei Victor beklagt. »Dein Vater behandelt mich, als hätte ich nicht einen Funken Verstand, und gibt allen Leuten zu verstehen, daß sein Sohn seiner Ansicht nach unter seinem Stand geheiratet hat. Und Charlotte läßt mich nicht einmal einen Besen in die Hand nehmen.«
    »Sie will, daß du dich um nichts kümmern mußt. Sie führt das Haus, du bist für Teddy zuständig.«
    »Sie führt
ihr
Haus, meinst du wohl!«
    Sie und Charlotte begegneten einander freundlich, ohne jedoch befreundet zu sein. Zu ihren Jugendfreundinnen hatte Louisa jeglichen Kontakt verloren. Wäre es einmal zum offenen Streit mit Charlotte gekommen, hätte sie wenigstens herausfinden können, wer diese unscheinbare Frau mit dem dünnen, roten Haar wirklich war. Sie leitete die Geschicke des Herrenhauses von Springfield mit einer übertriebenen Geschäftigkeit, die an Besessenheit grenzte, und tat alles, um ihrem Ehemann zu gefallen. Außer Teddy hatten die beiden Frauen nichts gemein. Charlotte betrachtete Mode als leichtsinnigen Tand, während Louisa schöne Kleider liebte. Sie lächelte grimmig.
    Das Kleid, das sie zum Abendessen in ihrem eigenen Heim trug, hatte zwanzig Pfund gekostet, ein kleines Vermögen.
    Für diese Summe hätte ihr Vater über eine Woche lang arbeiten müssen. Und in diesem herrlich kühlen Schweizer Organza, der mit gelben Schmetterlingen bestickt war, saß sie hier nun bei einem langweiligen Essen.
    »Eigentlich hätten es Bienen sein sollen«, hatte sie Victor erklärt, als das Kleid in der vergangenen Woche eingetroffen war. Sie hatte es aus einem Katalog bestellt.
    »Weshalb denn Bienen?«
    »Ach, vergiß es.« Hatte Napoleon nicht angeordnet, daß all seine Kleider mit goldenen Bienen bestickt sein sollten? Warum dann nicht goldene Schmetterlinge für die verdammten Brodericks? Diese Squatter taten doch ohnehin, als gehöre ihnen die Welt. Was vermutlich sogar stimmte, das mußte sie sich eingestehen.
    Warum also war sie so unglücklich? Louisa wünschte sich, ihre Mutter wäre noch am Leben. Bei seinem letzten Besuch auf Springfield hatte sie versucht, mit ihrem Vater zu sprechen, doch er war viel zu begeistert von ihrem prächtigen Lebensstil gewesen, um zuzuhören. Von Teddy, seinem Enkel. Und von Austins Unterstützung, die es ihm ermöglicht hatte, sein Geschäft zu einer Großhandlung auszubauen, in der die Landbewohner ihre Vorräte unter dem Einzelhandelspreis erwerben konnten, sofern sie große Mengen bestellten. Auf seinem Weg in den Wohlstand hatte sich ihr Vater von einem Kritiker in einen Verehrer Austin Brodericks verwandelt, der die Oberschicht nicht länger mißtrauisch beäugte, geschweige denn bekämpfte.
    Mit Charlotte konnte sie auch nicht reden, da sie ständig zu befürchten schien, ihr verdammter Ehemann lausche an der Tür.
    Doch selbst Charlotte mußte noch eine andere Seite haben.
    Wenn man nur zu ihr durchdringen könnte, sinnierte Louisa und rümpfte die Nase beim Anblick des Puddings, den sie verabscheute. Und auch ich habe eine andere Seite. Ich werde nicht zulassen, daß mich diese Leute hier festhalten, wo ich den lieben langen Tag zum Däumchendrehen verdammt bin. Ich will mein eigenes Zuhause. Allerdings würde Austin es nie gestatten, daß Victor ein weiteres Haus auf Springfield errichtete, obwohl mehr als genug Platz dafür vorhanden war. Er hatte dieses riesige Heim für seine gesamte Familie gebaut.
    Der Reverend schwadronierte noch immer über die Wiederkunft des Messias.
    »Und wann wird das in etwa sein?« fragte Louisa schnippisch.
    »Sehr bald.«
    »Wie bald? Nächste Woche oder nächstes Jahrhundert? Dann werden wir es vermutlich nicht mehr miterleben.«
    »Ha! In diese Falle tappen viele. Warum sollte der Herr Ihnen, einem Stäubchen im Universum, verraten, wann er zuschlagen wird? Die Wahrheit steht in der Bibel,

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