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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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und schreienden Frauen ängstigte.
    Doch sie hatte noch mehr gehört. Sie sprachen noch immer über schwarze Kinder, die weggebracht werden sollten. Wieder hatte sie nur Gesprächsfetzen aufgeschnappt, weil sie so nervös gewesen war und Soße verschüttet hatte. Louisa hatte etwas von der Rückkehr der schwarzen Kinder gesagt. Nun war sich Minnie fast sicher, daß sie einige schwarze Jungen zur Schule schicken wollten, wie sie es mit Victor, Harry und Rupe gemacht hatten. Irgendwann würden sie dann wieder heimkommen, wie Mr. Brodericks Söhne auch.
    Aber wieso? Schwarze Kinder gehörten nicht an solche Orte. Wozu sollte es gut sein? Nioka würde sie auslachen, wenn sie es wüßte, doch sie selbst sah eine Zukunft für Bobbo hier auf der Farm. Er konnte schon ein bißchen Englisch, und wenn er älter war, wollte sie Victor bitten, ihn reiten zu lehren. Er könnte hier als Viehhüter arbeiten.
    Sie mußte zugeben, daß Nioka viel klüger war als sie. Sie bemerkte Dinge. Sie bemerkte, daß alle Weißen bezahlt wurden und die Schwarzen nicht. Nicht einmal die Jungen, die als Viehhüter arbeiteten. Doch ihre Mumma war deswegen böse auf Nioka gewesen. Sie hatte gesagt, es sei gut, wenn man einen Job wie Minnie hatte, weil man dabei viel lernen konnte, selbst wenn man kein Geld bekam.
    Minnie wußte nicht so recht, was sie bei der Arbeit im Haus lernen können sollte. Manchmal war sie nach den langen, streng reglementierten Tagen so müde, daß sie ihre Schwester um das unbeschwerte Leben im Lager beneidete. Nioka konnte zum Haus kommen und mit Teddy spielen, wann immer ihr danach war, oder wenn Bobbo und Jagga ihren Spielgefährten besuchen wollten. Traurig dachte Minnie daran, daß sie ihren eigenen Sohn nur noch selten sah. Nioka kümmerte sich um ihn, während seine Mutter meilenweit entfernt war, für die Weißen arbeitete.
    Geschickt bestieg Minnie einen flachen Felsen, setzte sich hin und ließ die Füße ins strömende Wasser baumeln. Die plötzliche Kühle erfrischte sie.
    Es war nicht richtig, das wußte sie. Schon oft war sie mit Nioka wegen Bobbo in Streit geraten. Wenn ihr an Niokas Erziehung etwas nicht paßte, solle sie doch wie eine gute Mutter im Lager leben und ihn auf ihre Art erziehen, anstatt die Weißen zu bedienen. Und wozu das alles? Für nichts als kostenlose Verpflegung und ein gelegentliches Kopftätscheln.
    »Sie interessieren sich nicht für dich!« hatte Nioka sie angeschrien. »Wenn du stirbst, holen sie sich eine Jüngere und lehren sie Gehorsam. Schlagen sie solange, bis sie es richtig macht.«
    Und auch das stimmte. Als sie jünger war, hatte Minnie oft genug Schläge von Hannah und Mrs. Broderick bezogen, damit sie sich etwas einprägte. Doch die beiden hatten nie so fest zugeschlagen wie Mumma. Ein Schlag von Mumma mit ihrer berühmten Keule kam einem Pferdetritt gleich.
    Das alles war sehr verwirrend. Wer hatte recht? Nioka oder Mumma? Seltsamerweise war Nioka altmodischer als Mumma. Sie wollte die Traditionen bewahren. Sogar ihr Ehemann war anderer Ansicht gewesen. Er hatte sich kurz nach Jaggas Geburt aus dem Staub gemacht, um die Städte der Weißen zu sehen. Angeblich zog er sich dort irgendeine Krankheit zu und konnte nicht heimkehren, selbst wenn er gewollt hätte.
    Minnie seufzte. Sie sollte jetzt besser aufbrechen. Es waren nur noch wenige Meilen bis zum Lager, und die meisten Leute würden inzwischen schlafen. Ganz in ihrer Nähe raschelte es im Gebüsch, und sie verharrte bewegungslos. Ihre scharfen Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt.
    Aus den Büschen unter ihr hinkte ein dreibeiniger Dingo hervor und ließ sich am sandigen Ufer zum Trinken nieder. Dann drehte er sich um und schaute mit weichem, ruhigem Blick zu ihr hoch. Schließlich schüttelte er sich das Wasser von der Schnauze und machte sich leise davon.
    Minnie sprang auf die Füße und lief los.
    Stolpernd erreichte sie das Lager und rief nach Nioka.
    »Nioka, wach auf! Wach auf! Moobuluk ist hier! Er ist wieder da.«
    Nioka schlief in ihrer Rindenhütte am Flußufer. Nun zog sie sich auf die Ellbogen hoch. »Halt den Mund, du weckst die Kinder!«
    »Moobuluk ist hier, wenn ich es dir doch sage. Ich habe seinen Hund gesehen. Den roten, dreibeinigen Dingo. Den großen Hund. Er hatte ihn bei sich, als unsere Mutter starb.«
    »Wovon redest du? Wir haben ihn damals nicht mal gesehen.«
    »Aber er war da. Jeder wußte das. Und du, wir beide, haben seinen Hund gesehen. Überall würde ich den

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