Sterne im Sand
ganze Aufmerksamkeit und seine eigene Schwäche peinlich waren, entschied, daß Black Lily auch nach der Schur bleiben sollte. Er schätzte ihre fröhliche, gelassene Art und war zudem davon überzeugt, daß außer ihm nur Black Lily tatsächlich an den Erfolg dieser Maßnahmen glaubte.
Sie stellte ihn auf die Füße, legte seinen Arm um ihre Schulter und diente ihm als lebende Krücke auf seinem Weg durchs Zimmer. Sie führte ihn auf die Veranda, wo er mit Vorliebe die Mahlzeiten einnahm, und schleppte ihn sogar in die Dusche und auf die Toilette. Schockiert beschwerte sich Charlotte bei ihrem Mann. Obgleich sie nicht stark genug war, diese Aufgabe zu übernehmen, fand sie es unziemlich, daß eine andere Frau in derart intimen Momenten bei ihm war.
»Du solltest warten, bis ich einen der Männer gerufen habe, Austin.«
Doch er war anderer Meinung. Er preßte die Worte mit Mühe durch den steifen Kiefer und die zusammengebissenen Zähne: »Nein. Arbeit. Laß sie. Lily in Ordnung.«
Er wurde so abhängig von der vierundvierzigjährigen Aborigine-Frau, die ihm vom frühen Morgen bis zum Schlafengehen zur Seite stand, daß sich Charlotte wieder einmal beiseite geschoben fühlte. Natürlich interessierte Austin sich hauptsächlich dafür, wie es mit der Schur voranging. Seine Söhne mußten ihm jeden Abend Bericht erstatten, doch nicht ein Mal erwähnte er ihnen gegenüber den Brief des Bankdirektors oder erkundigte sich nach den Parlamentsdebatten über das neue Landgesetz. Dieses Problem schien er völlig vergessen zu haben.
Charlotte hatte einen Rollstuhl bestellt, den zu benutzen er sich weigerte, und Krücken, die er nicht gebrauchen konnte. Sie reagierte beschämt, als Black Lily sie darüber aufklärte, daß der Boß noch an seinem Arm arbeiten müsse.
»Das muß er erst schaffen, Missus, kann Stöcke sonst nicht brauchen. Arm wie krankes Bein. Kann keinen Stock auf dieser Seite halten. Boß fällt krachbums um.«
Die Frau rieb seine Finger und den Arm unermüdlich mit einer übelriechenden Salbe ein und befestigte auf Austins Anweisung, die sie besser zu verstehen schien als jeder andere, kleine Säckchen an seinen Armen, um die Muskeln wieder aufzubauen. Charlotte konnte nur daneben stehen und untätig zusehen. Austin war entschlossen, die Gewalt über seine Glieder zurückzuerlangen, und diese Entschlossenheit wurde förmlich zur Besessenheit. Er arbeitete bis zur völligen Erschöpfung, weigerte sich aber, die täglichen Übungen mit Black Lily einzuschränken.
Harry äußerte in einem Brief Besorgnis um seinen Vater und erklärte, daß er nach Springfield gekommen wäre, wenn ihn nicht Rupes zweites Telegramm zum Bleiben aufgefordert hätte. Sollte er nun heimkommen oder nicht?
Austin geriet in Wut darüber und machte Victor gegenüber deutlich, daß sein Bruder bleiben solle, wo man ihn wirklich brauchte. Dann kündigte ein weiterer Brief an, daß Harry und Connie nach dieser Sitzungsperiode umgehend nach Springfield kommen würden. Die Landgesetze wurden mit keinem Wort erwähnt.
Charlotte verstand nicht so ganz, weshalb Austin den Brief ärgerlich zerknüllte und auf den Boden warf. Zum Glück sprach er danach nicht mehr davon.
Die Post brachte stapelweise Briefe von Austins Freunden und Kollegen, die ihm alles Gute wünschten. Es kam sogar ein Schreiben des Premierministers von Queensland, der Charlotte beeindruckte und Austin kaltließ. »Verdammter Narr«, zischte er. »Verliert die Kontrolle!«
Und dann traf noch ein Brief von Fern Broderick ein, die wissen wollte, ob ein Besuch von ihr dabei behilflich sein könnte, den Patienten aufzuheitern.
Zum Glück war er an Charlotte adressiert. Sie hielt es nicht für nötig, ihn Austin zu zeigen. Nicht, daß sie etwas gegen Fern gehabt hätte, doch sie neigte zur Eifersucht. Diese Frau war so elegant und selbstsicher, daß Charlotte sich in ihrer Gegenwart irgendwie minderwertig vorkam. Austin wies immer darauf hin, wie klug Fern doch sei und wie gut sie das Geschäft nach dem Tod ihres Mannes führe.
Und warum auch nicht, dachte Charlotte gereizt. An ihrer Stelle hätte ich das gleiche getan. Schließlich hatte ihr Mann sie in die Geschäfte eingeführt. Hätte sie den Laden verkaufen und von dem Erlös und Justins kleiner Hinterlassenschaft leben sollen? Anscheinend hatte er viel Geld in das herrliche Haus in Wickham Terrace gesteckt, bevor die Krankheit bei ihm ausbrach.
»Für sie allein ist es viel zu groß«, hatte Charlotte damals
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