Sterne im Sand
ich kenne das Temperament deines Vaters. Du übrigens auch. Du kannst Springfield nicht aufs Spiel setzen. So weit würde er doch nicht gehen, oder?«
Connie bekam es mit der Angst zu tun. Tief im Herzen kannte sie die Antwort auf ihre Frage, und Harrys Nicken bestätigte es ihr.
»Dann solltest du mit Nein stimmen, Harry. Mir ist es egal, ob das gut oder schlecht ist; Springfield ist immerhin dein Erbe!«
Sie runzelte die Stirn, als er sich einen weiteren Drink genehmigte, wagte aber keinen Einwand.
Harry lehnte sich gedankenverloren zurück und streckte die langen Beine aus. Schließlich sah er sie an.
»Wir sind pleite, Connie. Schlicht und einfach pleite.«
»Was soll das heißen? Das kann nicht sein. Du hast doch viel Geld.«
»Ich hatte viel Geld«, korrigierte er sie. »Jetzt habe ich überall Schulden, selbst bei deinem Vater.«
»Was hast du mit dem ganzen Geld gemacht? Austin und Daddy haben uns bei der Heirat beträchtliche Beträge überschrieben, und dann war da noch die Erbschaft von meiner Tante …«
»Das fragst du mich?« versetzte er scharf. »Austin hat uns dieses Haus gekauft, und du konntest nicht aufhören, Geld auszugeben, seit du einen Fuß hineingesetzt hast. Nichts war dir zu teuer: ausländische Möbel, das beste Silber und Porzellan, und sogar den verfluchten Flügel mußtest du unbedingt haben, auf dem keiner von uns spielen kann. Ganz zu schweigen von deinen Kleidern … Du hast mehr Kleider, als meine Mutter in ihrem ganzen Leben besessen hat.«
Sie ignorierte seine Vorwürfe. »Unser Geld wurde angelegt, um uns ein angemessenes Einkommen zu sichern. Wenn ich zuviel ausgegeben habe, hättest du es mir sagen können. Wieso hast du dir von Daddy Geld geliehen? Erzähl mir doch nichts! Du hast wieder gespielt. Vor einem Jahr gab es zwischen dir und Austin einen Streit wegen des Glücksspiels, das habe ich selbst gehört. Du hast ihm damals hoch und heilig versprochen, damit aufzuhören.«
»Was macht das jetzt noch für einen Unterschied?« gab Harry zurück. »Wir sind pleite.«
»Das macht sehr wohl einen Unterschied!
Du
bist derjenige, der es verspielt hat. Ich lasse mich nicht von dir zur Bettlerin machen! Du bist ein Idiot, Harry Broderick.«
»Verstehe«, entgegnete er trocken. »Und was schlägst du vor?«
»Leih dir noch etwas von Austin.«
»Ich will nicht noch mehr Schulden machen. Außerdem wird er mir nichts mehr leihen. Es ist schon eine komische Situation: Wenn ich mit Nein stimme, ist er zufrieden, und ich bin pleite. Stimme ich mit Ja, erlassen mir gewisse Freunde die Schulden und befördern mich vielleicht sogar in Aufsichtsräte, die mir für meine Arbeit gutes Geld zahlen. Natürlich Freunde aus der Opposition«, fügte er hinzu.
»Das ist doch Wahnsinn! Ich würde mich auf Austins Seite stellen.«
»Von Austin habe ich nichts mehr zu erwarten. Du könntest mit deinem Vater sprechen. Sag ihm, wir hätten in letzter Zeit zusätzliche Ausgaben gehabt …«
»Das werde ich nicht tun. Ich werde mich keinesfalls deinetwegen vor ihm demütigen.«
Connie schwieg und fragte sich, ob ihr Mann das gleiche dachte wie sie: Wäre Austin dem Schlaganfall erlegen, hätten sie ausgesorgt. Harry würde einen Anteil an einer der größten Schaffarmen des Staates besitzen …
»Möchtest du etwas essen, bevor du wieder weg mußt?« fragte sie schließlich.
»Nur ein Sandwich. Ich bin nicht allzu hungrig.«
Nachdem er gegessen und das Haus verlassen hatte, bestrich sich Connie selbst einige Scheiben Brot mit Butter und Marmelade, holte sich aus der Vorratskammer etwas Kuchen und trug dies alles, zusammen mit einem Glas Limonade, auf einem Tablett in den Salon. Wenn sie schon – wieder einmal – allein zu Hause bleiben mußte, wollte sie es sich wenigstens gemütlich machen.
Sie versuchte, sich mit einigen Zeitschriften von ihren Problemen abzulenken, warf sie aber schon bald ungeduldig zu Boden. »Wie kann er es wagen, mir Vorwürfe zu machen! Ich habe das Geld immerhin für etwas Greifbares ausgegeben. Er hat nichts vorzuweisen außer Spielschulden und einer Schublade voller unbezahlter Rechnungen!«
Connie fiel ein, daß ihre Mutter erst kürzlich eine Bemerkung über Pferderennen fallen gelassen hatte.
»Meine Liebe, du solltest dafür sorgen, daß er nicht ganz so oft zum Rennen geht. Sicher könnt ihr am Samstagnachmittag auch etwas anderes unternehmen.«
»Mir machen die Rennen Spaß, Mutter. Alle unsere Freunde gehen hin«, hatte sie
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