Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
runzelte die Stirn. Warum musste sie ausgerechnet jetzt an John denken?
»Danke.« Gunnars Finger verweilten kurz auf den ihren, als sie ihm das Glas reichte. »Cheers!« Er blickte ihr tief in die Augen und prostete ihr zu. Ihr Herz setzte einen Schlag aus.
Jetzt hätte sie sich ein Sofa in der Küche gewünscht; das wäre bequemer gewesen. Eine Windbö erschütterte das Haus, und ein Blatt Papier wurde durch die Luft gewirbelt. Als Maddie es aufheben wollte, stieß sie mit Gunnar zusammen.
»Sorry.«
»Kein Problem.« Die Hand, mit der er sie aufgefangen hatte, blieb auf ihrem Arm.
Ihr Atem ging flacher. Sie waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt. Nein, es war zu früh. Johns Bild tauchte vor ihrem geistigen Auge auf. Doch während ihr Kopf sie zur Zurückhaltung ermahnte, bewegte sich ihr Körper näher an Gunnar heran, und sie schloss die Augen. Seine Lippen berührten ganz leicht die ihren. Verlockend! Gunnars Hände wanderten von ihren Armen zu ihrem Rücken. Sie lehnte sich an den Tisch. Seine Finger glitten über ihr Rückgrat, während sein Mund kleine Küsse auf ihre Wange hauchte.
»Was, zum Teufel, läuft hier?«, durchdrang Hannahs schrille Stimme den Nebel in Maddies Gehirn.
»Hannah!« Maddie versuchte, sich von Gunnar zu lösen, doch der Tisch in ihrem Rücken hinderte sie daran. »Das ist Gunnar Karlsson.«
Gunnar richtete sich zu seiner vollen Größe auf, so dass Hannah neben ihm aussah wie eine Siebenjährige, und streckte ihr die Hand hin.
»Soll das ein Scherz sein?« Hannah lachte.
»Hannah!«, herrschte Maddie sie an.
»Hallo, Hannah. Ich bin ein Freund deiner Mutter«, erklärte Gunnar.
Hannah verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie ist nicht meine Mutter.«
Gunnar wandte sich zu Maddie um.
»Das ist Haarspalterei, Hannah.« Maddie versuchte, ruhig zu bleiben.
»Nein. Du bist nicht meine Mutter.«
»Gott sei Dank«, murmelte Maddie.
Hannah bedachte Gunnar mit einem finsteren Blick. »Sie ist meine Stiefmutter.«
»Verstehe, aber immer noch deine Mutter.« Gunnar trat näher an Hannah heran.
»Sie haben keine Ahnung.« Hannah drehte sich um und marschierte aus der Küche.
Maddie sank gegen den Tisch.
»Oh, là, là!«
Maddie, die spürte, wie ihre Energie schwand, nickte. »Allerdings.«
»Ist wahrscheinlich das Beste, wenn ich jetzt gehe. Ich ruf dich vor dem Abflug noch mal an.«
»Das wäre nett.« Sie fragte sich, wie aus heißer Leidenschaft so schnell kühle Distanz hatte werden können. Gunnar küsste sie auf die Stirn. Die Tränen zurückhaltend lächelte sie ihn an.
»Ich begleite dich zum Wagen«, sagte sie.
»Bei dem Wetter?« Er strich ihr sanft über die Wange. »Nein, ruh dich lieber aus, Madeline.«
»Ja.« Sie nickte. »Frohe Weihnachten.«
Und schon war er weg.
Maddie starrte die leere Küche an, nahm das Tagebuch ihrer Mutter, ging nach oben und legte sich damit ins Bett. Die Ränder des Papiers waren vergilbt und rochen modrig. Maddie zog die Bettdecke enger um sich und rückte das Kissen zurecht, bevor sie in die Welt ihrer Mutter eintauchte. Die Flüssigkeit war durch mehrere Seiten gesickert, so dass Maddie nicht allzu viel von dem nächsten Eintrag entziffern konnte.
Ich habe mich ausgezogen und bin zum Wasser gelaufen. Sein Blick war auf mir, das habe ich gespürt. Nie zuvor hab ich mich so lebendig gefühlt. Meine Haut prickelte, als ich mich ins kalte Wasser stürzte. Es dauerte nicht lange, bis ich ihn neben mir spürte. Er war mit langen, kräftigen Zügen zu mir, zu den Felsen herausgeschwommen. Er fand das Wasser zu kalt, mir war es gerade recht. Er ist perfekt.
Maddie blinzelte. Nach dem Pfänderspiel hatten sich die Dinge offenbar weiterentwickelt. Danach folgten fast eine Woche lang keine Einträge mehr.
Der Schulbus ließ sie am oberen Ende der Straße heraus, wo Will auf sie wartete. Hannah begrüßte ihn mit einem Lächeln, und er nahm ihr den Rucksack ab.
»Endlich frei«, sagte Hannah.
»Nicht lange.« Er lachte.
»Reib’s mir nur unter die Nase, dass deine Ferien länger sind als meine.« Sie tippte auf seinen Arm.
»Schließlich geben meine Eltern ein Vermögen dafür aus, dass ich weniger in die Schule muss.«
Als er ihre Hand nahm, bekam Hannah weiche Knie, weil sie wusste, dass er, sobald sie den Schutz der kleinen Straße erreicht hätten, seine Tasche fallen lassen und sie küssen würde. Fast lohnte es sich, dafür in die Schule zu gehen.
»Redest du wieder mit Maddie?«, erkundigte er
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