Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
wollte so gern schwimmen, hatte aber keinen Badeanzug dabei. Er hatte schon sein Hemd ausgezogen und die Jeans hochgerollt. Ich hab über mein Buch hinweg immer wieder das Wasser angesehen. Irgendwann hat er mir dann versprochen, nicht zu schauen, wenn ich nackt schwimmen gehe. Ich wollte, dass er mitgeht. Mir war es egal, wenn er schaut. Ich wünschte es mir sogar.
Maddie war sich nicht sicher, ob sie diese sehr persönlichen Bekenntnisse lesen sollte. Sie schloss die Augen. Für heute Abend würde sie es gut sein lassen.
11
D er Kurator des Museums, dessen Ansicht nach die Kanonenkugel aus dem Bürgerkrieg stammte, war sehr hilfsbereit gewesen. Solche Kugeln, hatte er gesagt, würden immer wieder mal in Häusern am Helford River gefunden. Außerdem hatte er Maddie gezeigt, wo die Bücher über den Krieg standen, und ihr Tipps gegeben, wie sie mehr über Trevenen und die Penventons herausfinden konnte.
Sie legte den Stapel Bücher aus der Bibliothek auf den Fenstersitz und ging zum Kamin. In einem Band über die Geschichte des Helford River war die Rede von Schmugglern, und bei der Lektüre hatte Maddie an das Versteck denken müssen. Dieser Teil des Hauses war irgendwann Ende des achtzehnten Jahrhunderts angebaut und möglicherweise gar nicht von Schmugglern genutzt worden, sondern zur Lagerung von Holz. Gar keine schlechte Idee, dachte sie. Der Winter stand vor der Tür, und sie würden Vorräte anlegen müssen, um das Haus warm zu halten.
Ein leises Klicken, und die Tür öffnete sich einen kleinen Spalt. In dem dunklen, schmalen Eingang hing eine Spinne, die sich hastig ihren Faden hinaufhangelte. Als Maddie das Versteck betrat, funktionierte die Taschenlampe nicht. Sie erstarrte. Ihr brach der Schweiß aus. Sie hatte das Gefühl, dass etwas sie berührte, konnte jedoch nichts erkennen.
Sie bildete sich Dinge ein. Maddie wich zurück und ließ sich erneut auf dem Fenstersitz nieder. Dabei fielen die Bücher herunter, und das Geräusch hallte in der Stille des Raums wider. Maddies Herz schlug wie wild.
In Trevenen gab es keine Gespenster. Das Haus fühlte sich gut an. Maddie versuchte, die Falten in dem abgewetzten Samt des Sitzkissens mit den Fingern zu glätten. Die alten Geschichten aus den Büchern hatten sie nervös gemacht, das war alles. Und was sie hörte, war der Wind, der durch die undichte Stelle im Kamin blies.
Maddie legte die Bücher wieder auf die Fensterbank und warf einen letzten Blick auf die Holzverkleidung am Kamin. Wenn die Maus nicht gewesen wäre, hätte sie die Öffnung nie bemerkt. Sie beschloss, nach draußen zu gehen und Luft zu schnappen.
Im Garten strich eine kalte Brise über ihr Gesicht. Ihre Fantasie ging mit ihr durch, und ihre Albträume schwappten in das Tagesgeschehen über. Zur Beruhigung machte sie einen kurzen Spaziergang.
Als sie in das Haus zurückkehrte, redete sie sich selbst zu: »Es gibt keine Gespenster.« Aber sie war nach wie vor nicht hundertprozentig überzeugt. Den Blick auf das Foto der Penventon-Frauen an der Wand gerichtet, fuhr sie fort: »Und keine bösen Geister, nur gute.«
Vor dem Restaurant in Manaccan wischte Maddie sich die feuchten Hände an ihrem Rock ab, bevor sie die Tür öffnete. Es bestand kein Grund nervös zu sein. Sie ließ den Blick über den Raum wandern. Gunnar war noch nicht da. »Hallo. Sie haben einen Tisch auf den Namen Gunnar Karlsson reserviert.«
»Ja. Möchten Sie zuerst etwas an der Bar trinken oder lieber gleich an den Tisch gehen?«, fragte die junge Frau.
»An den Tisch.« Maddie spielte an den Fransen ihres Tuchs herum, während sie der Kellnerin durch den vollen Raum folgte. Als sie auf den Stuhl sank, spürte sie, wie müde sie war. In den vergangenen Tagen hatte sie viel über Gunnar, Mark und Old Tom nachgedacht und war tagtäglich mit Hannah im Krankenhaus gewesen. Tom ging es besser, und mit ein bisschen Glück war er an Weihnachten zu Hause.
Weihnachten. Sie betrachtete den Weihnachtsschmuck in dem Lokal. Ein Jahr zuvor hatte John um diese Zeit noch um sein Leben gekämpft. Weihnachten erinnerte Hannah sicher an alles. Wie sollte Maddie mit ihrem Leid umgehen? Wie konnten sie das Fest feiern, sich an John erinnern und trotzdem ihr Leben weiterführen?
Als sie gedankenverloren den Blick hob, sah sie Gunnar hereinkommen. Das flackernde Licht ließ seine Haare glänzen. Maddie konnte kaum glauben, dass sie mit diesem attraktiven Mann verabredet war.
»Schön, dich zu sehen.« Gunnar begrüßte sie mit einem
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