Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
Tamsin kehrte zum Sessel zurück.
»Wie bitte?«
»Ich weiß, dass du mehr auf Mark stehst, aber der Wikinger ist toll, interessiert und frei.«
»Versuchst du, mich vor Mark zu warnen?«, fragte Maddie.
»Nein, ich sage bloß, dass er komplizierter ist.«
»Danke für den Hinweis.«
»Wozu hat man Freunde?«
Als das Telefon klingelte, zuckte Maddie zusammen. Tamsin ging ran. »Hallo?«
Maddie glaubte zwar nicht, dass das Gunnar war, aber wenn ja, musste sie sich schnell eine Ausrede einfallen lassen.
»Hi, Mark. Wie war’s in Penzance? Du wolltest sicher nicht mich sprechen, sondern Maddie.« Tamsin grinste und reichte Maddie den Hörer.
Maddie verzog das Gesicht. »Hi.«
»Wie geht’s?«, fragte Mark.
»Gut, danke.« Maddie schluckte.
Bestimmt hörte Mark, wie Tamsin im Hintergrund vor sich hin kicherte. Maddie signalisierte ihrer Freundin, dass sie still sein solle, doch Tamsin schenkte ihr keine Beachtung.
»Hättest du heute Abend auf einen Drink oder was zu essen Lust?«
»Abendessen klingt gut. Tamsin sagt, sie wollen ins Shipwrights.« In Gesellschaft hoffte Maddie, sicher zu sein vor ihren eigenen Begierden.
»Wollen wir uns dort treffen, oder soll ich dich abholen?«, fragte er.
Komm hierher, dann müssen wir nirgendwohin , dachte sie, sagte aber: »Treffen wir uns doch um halb acht dort.«
»Bis dann.«
Sie legte auf und wandte sich zu Tamsin.
»So schlimm können die Dinge nicht stehen, wenn man für den Freitagabend gleich zwei Angebote hat, oder?«, fragte Tamsin schmunzelnd.
Maddie lächelte. »Nicht schlimm, nur kompliziert.«
Hannah rannte, ohne Maddie und Tamsin zu begrüßen, in ihr Zimmer und boxte in ihr Kissen. Will würde die nächsten Ferien nicht nach Hause kommen. Seine Familie wollte zum Schifahren. Scheiße. Warum hatte sie sich ausgerechnet einen Freund ausgesucht, der nicht hier zur Schule ging?
In seiner E-Mail hatte er sich vielmals entschuldigt. Bestimmt hatte er in der Schule eine andere. Warum auch nicht? Schließlich saß sie hier in der Einöde fest.
Sie schickte Abi eine SMS.
Glaube, ich mache Schluss mit Will. X
Sie marschierte im Zimmer auf und ab, bis Abis Antwort kam.
Warum? Dachte, du magst ihn. X
Stimmt, aber er ist nicht da. Brauche jemanden hier. X
Vielleicht sollte sie sich einen Jungen aus der Schule suchen. Ein paar waren gar nicht so schlecht. Aber was passierte dann, wenn Will nach Hause kam? Ha, geschah ihm recht, wenn er nicht öfter da war!
»Hannah, Telefon!«, rief Maddie herauf.
Hannah trottete nach unten. Wann würden sie sich endlich einen zweiten Apparat anschaffen?
Hannah riss Maddie den Hörer aus der Hand und lächelte Tamsin zu. Warum konnte Maddie nicht so wie Tamsin sein? Die war cool, so wie eine Mum sein sollte, nicht wie diese Hippie-Künstlerin, auf die alle Männer flogen.
Am anderen Ende der Leitung hörte sie Emma. Sie würden am Abend ausgehen; wollte sie mitkommen? JA! Ein Abend zu Hause mit Maddie war das Letzte, was sie sich jetzt wünschte.
»War das Emma?«, erkundigte sich Tamsin.
Manchmal fragte sich Hannah, ob Tamsin Gedanken lesen konnte. »Ja.«
»Sie will was mit dir unternehmen?«
»Ja. Kino.«
»Schön. Wer hat dich heute nach Hause gebracht?«, erkundigte sich Tamsin.
»Ted.«
»Ted Dunne?«
»Ja, warum?« Hannah runzelte die Stirn.
»Wollte nur wissen, wessen Wagen da so gequält wurde.«
»Sehr komisch.« Hannah nahm einen Apfel und verließ die Küche. Als sie die Treppe hinaufging, hörte sie sie lachen. Sie würde nie kapieren, wie zwei alte Frauen an einem Freitagabend daheim herumsitzen konnten. Wie langweilig!
Sollte sie zu ihrer Röhrenjeans die Ballerinas oder die Converse Sneakers anziehen? Hannah probierte beide an und kickte die Schuhe gegen den Schrank. Das erinnerte sie an den Abend, an dem der Hammer in den Schrank gekracht war. Ohne dieses Missgeschick hätte sie OT nicht kennengelernt, und das wäre schrecklich gewesen. Es ging ihm schon viel besser. Sie hatte den gestrigen Abend mit ihm verbracht und kaum glauben können, welche Fortschritte er gemacht hatte. Tagsüber brauchte er niemanden mehr, und die Nächte übernahm meistens Mark. Die beiden schienen sich ziemlich nahezustehen.
Hannah schlüpfte in die Ballerinas und schlang ein leuchtend lilafarbenes Tuch um den Hals. Was nun? Sie wollte nicht bei Maddie in der Küche warten; mit Tamsin allein wäre es etwas anderes gewesen. Mit Tamsin fiel ihr das Reden leicht, weil die einfach bloß zuhörte und nicht wegen
Weitere Kostenlose Bücher