Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
allem ein Riesentrara machte. Maddie war in letzter Zeit ziemlich durch den Wind. Hannah hätte gern gewusst, warum. Früher hatte Maddie nie ihre Gefühle gezeigt, jetzt war sie plötzlich hypersensibel.
Hannah warf einen Blick auf ihre Bücher, hatte aber keine Lust auf Hausaufgaben. OT drängte sie, in der Schule fleißiger zu sein, und sie gab sich Mühe, aber irgendwann reichte es. Warum konnte er sie nicht unterrichten? Er war als Lehrer sicher cool gewesen.
Sie musste die Sache mit Will regeln. Hannah griff zum Handy. Es funktionierte einfach nicht, wenn er so selten da war. Sie begann gerade eine SMS zu tippen, als eine Nachricht von Abi eintraf.
Hast du nicht gesagt, er küsst gut? X
Ja. X
Nein, eigentlich wollte sie nicht mit Will Schluss machen. Hannah las seine E-Mail noch einmal.
Hannah,
ich dachte, ich hätte dir das mit dem Urlaub gesagt. Wir gehen jedes Jahr Skifahren. Ich würde mir wirklich wünschen, dass du uns begleitest, und hab meine Eltern gefragt, ob es geht. Mum hätte nichts dagegen, aber im Chalet ist nicht genug Platz.
Wenn du möchtest, könntest du nächstes Jahr mitkommen.
Ich finde es schrecklich, dass wir uns Ewigkeiten nicht sehen, aber an Ostern haben wir einen ganzen Monat miteinander.
W
Hannah spielte an ihrer Halskette herum. Würde er sie einladen, nächstes Jahr mitzukommen, wenn er eine andere hätte? Sie löschte ihre SMS.
Dann trat sie an den Schrank und holte die reparierte Schatulle heraus. Der Schaden war jetzt Teil ihrer Geschichte, sichtbar, aber keine Katastrophe. Hannah öffnete sie und nahm die Tasse und die Untertasse mit dem Wappen der Penventons heraus. Sie hatte sich im Internet schlaugemacht. Es passte zu dem in der Mauer über dem Küchenfenster. OT hatte ihr das lateinische Motto übersetzt. Es lautete »Kraft durch Gott«, was sie ziemlich dämlich fand, aber es war ja auch nicht ihr Wahlspruch. Wie konnte ihrer lauten? Sie hatte keine Ahnung. Der von OT wäre sicher so etwas wie »Handle immer mit Respekt«.
Sie nahm den nächsten Gegenstand, ein mehrmals gefaltetes Dokument, das aufgrund des schweren Siegels sehr offiziell aussah und das gleiche Wappen trug wie die Untertasse, heraus. Eigentlich, dachte Hannah, sollte sie es Maddie geben, weil die eine Penventon war. Als sie einen Wagen in der Auffahrt hörte, legte Hannah es vorsichtig auf ihren Schreibtisch. Die Jungs kamen, um sie abzuholen. Mit der Geschichte von Trevenen würde sie sich später befassen.
18
W arum konnte nicht jemand wie Tamsin auf sie warten und sich anhören, wie der Abend gewesen war?, dachte Hannah, als sie die Haustür öffnete und das Licht anmachte. In der Küche schaltete sie den Fernseher und den Wasserkessel ein. Wie öde, wenn man sich selber den Tee kochen musste! Mit der Tasse in der Hand setzte sie sich vor die Glotze und sah sich einen Horrorfilm an. Es war fast Mitternacht und weit und breit keine Maddie. Maddie hatte sich mit Tamsin treffen wollen, das war der letzte Stand gewesen. Vielleicht waren sie bei Tamsin, dachte Hannah.
Um halb zwei war der Film zu Ende und noch immer keine Spur von der bösen Stiefmutter. Hannah wählte Maddies Handynummer, keine Antwort. Sollte sie Tamsin anrufen und fragen, ob Maddie bei ihr war? Das würde dämlich ausschauen. Sie machte sich eine Tasse grässlichen Instantkaffee und gab drei Löffel Zucker hinein, damit er nach irgendwas schmeckte.
Dann ging sie in ihr Zimmer, wo ihr Blick auf das Dokument auf ihrem Schreibtisch fiel. Sie wog es in der Hand, drehte es um und ließ den Finger unter der Klappe zu dem unversehrten Siegel gleiten. Warum war es nicht erbrochen worden? Hatte es nie jemand gefunden, oder war es neu versiegelt worden?
Sollte sie es weglegen und auf Maddie warten? Hannah holte ein Messer aus der Küche. Wer würde schon merken, dass sie es geöffnet hatte? Sie schaute durchs Fenster auf die Auffahrt und schob, bevor sie es sich anders überlegen konnte, die Klinge unter das Siegel.
Ihre Hände zitterten, als sie das Dokument entfaltete. Trotz der verschnörkelten Schrift gelang es ihr, Trevenen, Penventon und die Jahreszahl 1570 zu entziffern. Die Sprache war gedrechselt; sie hielt das Dokument für ein Testament. Die Namen Catherine, Mary, Philip und Thomas las sie ohne Mühe, der Rest konnte alles Mögliche heißen. OT würde ihr sicher helfen, es zu entschlüsseln.
Sie ging wieder in die Küche hinunter und schaltete den Fernseher noch einmal ein, fand jedoch keine interessante Sendung. Um
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