Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
hatte ausgesehen, als hätte sie den Hauptpreis im Lotto gewonnen.
Maddie beobachtete vom Fenster in Tamsins Küche aus, wie die drei Männer versuchten, den Motor von Freds Wagen anzuwerfen, der ihm in der Auffahrt abgestorben war. Maddie hörte Tamsin vor sich hin summen, während sie die Reste des Nachtischs wegräumte, den sie nach dem Pubbesuch gezaubert hatte. Maddie wusste immer noch nicht so genau, wie es dazu gekommen war, dass sie plötzlich alle Scharade gespielt hatten, aber es war ein Mordsspaß gewesen. Das Spiel erschien ihr wie ein Symbol für ihr gegenwärtiges Leben.
Als Maddie merkte, dass die Männer zu ihr hochsahen, trat sie einen Schritt zurück. Mark hatte Maddie eingeladen, und nun verbrachte er den Abend mit seinem Rivalen. Recht war ihm das sicher nicht.
Es war zwei Uhr morgens, Maddie gähnte.
»Dein Glas ist leer.« Tamsin trat zu ihr. »War dir nicht recht, dass die zwei zusammenkommen, was?«
»Könnte man so sagen.« Maddie hielt die Hand über ihr Glas. »Wasser, bitte. Ich muss einen klaren Kopf behalten.«
»Und welcher von beiden ist dir jetzt, wo du sie nebeneinander gesehen hast, lieber?«
»Tamsin!«
»Hab ich was Schlimmes gesagt?«, fragte Tamsin mit Unschuldsmiene.
»Allerdings. Sie könnten jeden Moment reinkommen.« Maddie blickte noch einmal zum Fenster hinaus.
»Wo ist das Problem? Sie stehen beide auf dich.«
»Ich weiß, genau das gefällt mir nicht.« Maddie knabberte an ihrer Unterlippe.
»Und warum nicht?«
»Du kennst mich, wie ich jetzt bin, aber früher war alles anders, und ich glaube, diese Veränderungen verwirren mich.«
»Wie warst du denn früher?« Tamsin lehnte sich gegen die Arbeitsfläche.
»Vor John habe ich nur mit einem Mann geschlafen. Ich war ein artiges katholisches Mädchen – wahrscheinlich ein kleiner Freak.«
»Was genau willst du mir damit sagen?« Tamsin hob fragend eine Augenbraue.
»Nur, dass ich bisher ein gesittetes Leben geführt habe und dieses Chaos mir völlig neu ist.«
»Versteh’s doch einfach als Neuanfang. Es ist nie zu spät für Veränderungen. Gönn dir zwei Männer, amüsier dich ein bisschen.«
»Leichter gesagt als getan. Alte Gewohnheiten lassen sich nur schwer ablegen.«
»Du bist schön und frei. Lass los, genieße das Leben.«
»Ich fühle mich überhaupt nicht frei.«
»Warum nicht?«
»Gute Frage. Mir wird allmählich klar, dass meine Trauer um John schon vor seinem Tod begonnen hat. Egal, wie oft ich mir damals einzureden versucht habe, dass die Medikamente wirken würden: Tief in meinem Innern wusste ich, dass sie nicht helfen.«
»Dann ist Hannah der Grund?«, fragte Tamsin.
»Meinst du?« Maddie leerte ihr Wasserglas.
»Ja. Sie will nicht, dass du ein neues Leben beginnst, weil das eine Bedrohung für sie wäre.«
»Ich bezweifle, dass Hannah sich von irgendetwas bedroht fühlt.« Maddie strich sich die Haare aus der Stirn.
»Ich glaube, du schätzt sie falsch ein. Sie ist schrecklich unsicher.«
»Mag sein, aber was ist mit mir?«
»Hältst du dich denn für unsicher?« Tamsin nahm einen Schluck Wein.
»Das habe ich nicht gemeint.«
»Dann erklär’s mir.«
»Vielleicht brauche ich doch noch ein Glas Wein.«
»Gern.« Tamsin schenkte ihr ein.
»Hannah denkt nie an mich. Ich bin für sie die Wurzel allen Übels. Fast könnte man meinen, dass ich ihren Vater umgebracht habe. Dabei habe ich mein eigenes Leben vernachlässigt, um ihn zu pflegen. Ich habe meine Karriere aufgegeben und mein Geld und meine Seele verloren. Damit will ich nicht sagen, dass ich etwas bedaure, aber so hatte ich mir meine Ehe mit John nicht vorgestellt.«
»War’s eine Hochzeit mit weißem Brautkleid und allem Drum und Dran?«, fragte Tamsin.
Maddie schüttelte den Kopf. »Nein. Aber immerhin habe ich geglaubt, ich hätte meinen Seelenverwandten gefunden, und ich bin mit offenen Armen auf Hannah zugegangen. Ich wollte eine Familie und ein Zuhause. Stattdessen habe ich ein Jahr Ehe mit einem wunderbaren Mann bekommen, und dann hat sich alles in nichts aufgelöst.«
Tamsin legte ihre Hand auf die von Maddie.
»Ich weiß, das ist egoistisch, aber durch Johns Diagnose ist mir mein Leben genommen worden. Mit einem Schlag habe ich alles verloren, auch die Zuneigung, die Hannah vielleicht einmal für mich empfunden hat. Aus mir unerfindlichen Gründen macht sie mich verantwortlich für die Krankheit ihres Vaters. Es war meine Schuld, dass wir das Haus in London verkaufen mussten, und es ist meine Schuld,
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