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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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diese unerwartete Aufmerksamkeit auch war – sie erfüllte ihren Zweck: Der Schmuck konnte wieder eingepackt werden, und sie passierten ungehindert die Zollkontrolle, um auf direktem Weg ins Hotel zu fahren, wo sich eine vor Müdigkeit, gelöster Anspannung und vor Kälte bibbernde Emily augenblicklich ins Bett verkroch.

    Sonnenüberglänzt schmiegte sich die Hafenstadt in eine Bucht, deren Wasser schillernd blau war wie das Gefieder eines Pfaus, von einer Gruppe karger Inselchen durchsetzt und überwölbt von einem Himmel, der nur einen Hauch heller war. Raue Felsen umschlossen die Stadt von der Landseite her, bildeten einen Gegensatz, aber keinen Widerspruch zu der Leichtigkeit, die hier in Marseille zu Hause war. In einem Licht, das die weißen und gelben Fassaden der Häuser und ihre mattroten Dächer weichzeichnete, das den Booten schmeichelte, die im Hafen auf und nieder schaukelten, während ihre Masten sachte von einer Seite zur anderen schwangen.
    Rau wie die Felsen waren auch die Gesichter Marseilles, die der Fischer, der Marktfrauen und der alten Männer, dieihre Tage vor den Cafés zubrachten, karstig vom Leben und braun von der Sonne. Die Augen blitzend vor Temperament und Lebensfreude, mit der ihnen ihre Worte über die Lippen sprudelten, das verschnörkelte, zwitschernde Französisch und seine herbere Schwester, das Okzitanische.
    Marseille schmeckte nicht fruchtig, wie Emily als kleines Mädchen geglaubt hatte, nicht süß und nach Anis und nach Bergamotte wie die Bonbons, die sie so geliebt hatte. Marseille schmeckte erdig wie Oliven, säuerlich und krautig wie Tomaten und nach frischem Fisch. Vor allem nach dem Salz des Mittelmeeres, das ein anderes Salz war als das Sansibars, als das Adens, reiner und klarer.
    Süß war das Leben in Marseille gleichwohl. Ob in dem luxuriösen Hotel, in dem Emily und Heinrich mit ihrem Sohn untergebracht waren, oder in der entzückenden Villa der Macías, in deren Garten dickstämmige, niedrigkronige Palmen standen, wo der Oleander seine duftenden weißen und rosafarbenen Sterne ausbreitete und wo Bougainvillen in violetten und fuchsiafarbenen Flämmchen standen. Mit Mrs Evans, Teresa und deren Nichte María, die ihre Kinderjahre ebenfalls auf Sansibar verbracht und noch einen reichen Wortschatz auf Suaheli im Gedächtnis behalten hatte, flanierte Emily durch die Straßen und Gassen der Stadt, bestellte sich eine wärmere Garderobe für die nördlichen Breiten, suchte hübsche Sachen für ihren Sohn aus und schnupperte sich durch fremdartige Seifen und Wässerchen, die nach Lavendel rochen, nach Jasmin und nach wilden Rosen.
    Trotzdem fühlte sich Emily hier nicht wohl. Angst hatte sie umzutreiben begonnen, eine unerklärliche Angst, die mit jedem der acht Tage, die sie hier in Marseille verbrachten, größer wurde. Eine Angst, die sie zu verbergen suchte. Vor Heinrich, der voller Vorfreude der Reise in seine Heimat entgegensah, der Emily von Paris vorschwärmte, das sie zuvor nochbesuchen würden; Paris, die funkelnde Metropole, apart und mondän, Paris, die Stadt der Liebe. Vor den Macías, die sich solche Mühe gaben, damit Emily sich in Marseille wohlfühlte, und die stets beklagten, wie sehr sie ihnen fehlen würde. Allein mit der Furcht vor dem Unbekannten ließ sich Emilys Angst nicht erklären, und da sie diese Angst an nichts festmachen, da sie sie selbst nicht greifen konnte, schwieg sie und zeigte stets ein lächelndes Gesicht.

    Eine Pferdekutsche brachte sie zum Bahnhof von Saint-Charles, der auf einem Hügel über der Stadt thronte und der in der reliefgeschmückten Weiße seiner Grundmauern eher einem Tempel ähnelte denn einem profanen Zweckbau, sein metallgerahmtes Glasdach wie eine Rampe direkt in den leuchtenden Himmel weisend.
    Die Macías hatten sich in einem Brief entschuldigt, dass sie sie nicht persönlich zum Zug brachten; sie fürchteten einen allzu schmerzlichen, zu tränenreichen Abschied auf dem Bahnsteig, den sie sich und Emily und Heinrich ersparen wollten. Etwas, das Emily nur zu gut nachvollziehen konnte. Denn von nun an blieb ihr allein Heinrich, der ihre Sprache, das Suaheli, teilte. Wenigstens würde ihr Mrs Evans erhalten bleiben, mit der sie sich nicht nur auf Englisch unterhalten konnte. Wie sich durch einen Zufall herausstellte, hatte diese einige Jahre in Indien verbracht und sich dort gute Kenntnisse des Hindustani angeeignet, mit denen sie Emilys über die Jahre verschüttete Erinnerungen an die Sprache der Inder

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