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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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auch Majid, der sich mit zwei Nussschalen in diesen Sturm hinausgewagt hatte, um dem Sultan entgegenzufahren.
    »Sie sind untergegangen, mit Mann und Maus«, flüsterte einer. »Der Sturm verzögert nur das Einlaufen«, widersprach ein anderer. »Aber es ist wahrhaftig nichts in Sicht, nicht ein einziges Schiff !«, warf ein Dritter ein. Dann rief jemand angstvoll: »Soldaten! Wir sind von Soldaten umzingelt und eingeschlossen!«
    »Undenkbar!«, hielten einige dagegen.
    »So seht doch selbst! Eine ganze Armee hält uns gefangen!«
    Im Palast hob nun ebenfalls ein Orkan an, kaum weniger heftig als jener draußen vor den Mauern. Salima, die sich mit ihrer Mutter in Beit il Hukm aufhielt, stürmte mit der Mengean die Fenster, und sie rissen die Läden auf. Ein gespenstischer Anblick bot sich ihr: eine Nacht, wie sie finsterer nicht sein konnte, kein Mond, keine Sterne, nur der Wind – und so weit das Auge blickte, die rötlichen Lichtpünktchen der schussbereit glühenden Lunten an den Gewehren.
    Salimas Magen zog sich zusammen, und ihr wurde übel vor Angst. In der Dunkelheit war nicht auszumachen, ob fremde Soldaten den Palast umstellt hatten oder ob es die Armee des Sultans war, die sich vor den Mauern zusammengezogen hatte. Bisher hatte Salima sich durch die Allgegenwart der askaris , der Soldaten – zumeist Söldner aus dem fernen Belutschistan – immer behütet gefühlt. Doch nun war diese Gewissheit ins Wanken geraten. Suchte jemand einen Vorteil aus des Sultans Abwesenheit zu ziehen und hatte die Armee auf seine Seite gebracht? Oder drohte der Insel große Gefahr, und die Soldaten machten sich bereit, den Palast zu verteidigen?
    Das erste Kleinkind begann zu greinen, ein zweites folgte sogleich, bis eines nach dem anderen aus vollem Hals brüllte. Frauen weinten, flüsterten sich gegenseitig Mutmaßungen zu oder schickten Gebete in die Nacht hinaus.
    »Warte hier, mein Kind«, hörte sie ihre Mutter hinter sich flüstern; sie spürte, wie der Druck von Djilfidans Fingern auf ihren Schultern sich löste, und sie wandte den Kopf. »Ich geh nachsehen.«
    » Umma , bleib hier!«, schrie Salima gellend, doch Djilfidan war schon hinausgelaufen, gefolgt von ein, zwei anderen mutigen Frauen. Salima war umgeben von Stiefmüttern und Dienerinnen, Halbgeschwistern und anderen Kindern, und doch fühlte sie sich allein.
    Kurz darauf waren unten Stimmen zu hören – das Kreischen von Frauen und Zornesgebrüll der Soldaten. Dann war es wieder still. Grauenvoll still, doch zumindest war kein einziger Schuss gefallen. Ein Fünkchen Hoffnung glomm auf,alles möge nur ein Missverständnis gewesen sein, eine Prüfung Allahs. Ein Funke, den Salima zu fangen und für sich zu einem Licht in dieser finsteren, stürmischen Nacht zu nähren suchte. Der zu einer hellen Flamme emporzüngelte, als Djilfidan und ihre Begleiterinnen unversehrt zurückkehrten.
    »Umma!« Mit einem Aufschluchzen umschlang Salima ihre Mutter, presste sich so fest an sie, wie sie nur konnte.
    »Hab keine Angst«, flüsterte Djilfidan. »Bis morgen früh wird sich alles aufgeklärt haben.«
    Doch Salima hatte gesehen, wie wächsern das Gesicht ihrer Mutter aussah, und mit halbem Ohr hörte sie, was die Frauen, die mit ihr nach unten gegangen waren, den anderen zuraunten: »… und wenn wir uns nicht ruhig verhielten, würden sie uns niederschießen.«

    Es war eine bange Nacht. Niemand vermochte zu schlafen außer den Kindern, die sich an den Rand der Erschöpfung geweint hatten, und auch Salima döste irgendwann im Arm ihrer Mutter ein.
    Als der Morgen graute, war der Wind zu einem sanften Flüstern abgeflaut, der behutsam die Wolken auseinandertrieb und nach und nach einen blauen Himmel freigab. Doch was sich den ersten zaghaften Blicken aus den Fenstern des Palastes darbot, war vielleicht sogar noch entsetzlicher als das, was die letzte Nacht an Schrecken gebracht hatte. Die Flotte des Sultans lag zwar in Sichtweite vor Anker, unbeschadet, ohne dass auch nur ein einziger Mast gebrochen war.
    Doch keine blutroten Flaggen flatterten in der Morgenluft. Sondern pechschwarze.
    Der Sultan war tot.
8
    Schwarz war die Trauer auf Sansibar.
    Schwarz wie die Flaggen, die an allen Fahnenmasten gehisst wurden. Schwarz wie die groben Baumwollstoffe, aus denen die Trauergewänder geschneidert waren, und auch der stechend-staubige Geruch des Indigofarbstoffs, der nicht mit Parfüm oder Räucherwerk, ja nicht einmal mit einem Hauch von Rosenwasser überdeckt werden durfte,

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