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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Krankheit stets auf ihrem Nachttisch gelegen und war mittlerweile so etwas wie ein Talisman für sie geworden.
    Ricarda fand Jack am Küchentisch, wo er die Zeitung studierte. Als sie eintrat, blickte er auf, und augenblicklich nahm sein Gesicht einen überglücklichen Ausdruck an.
    »Sie sind schon aufgestanden?«
    Ricarda nickte. »Ja, ich dachte, ich bin so weit.«
    »Tja, es heißt immer, dass die Ärzte selbst die schlechtesten Patienten sind.«
    »Ich habe ja keine inneren Verletzungen, Jack. Glauben Sie mir, ich fühle mich gut genug, um wieder aufzustehen.«
    Jack musterte sie scharf, und als er das Stethoskop bemerkte, lächelte er. »Ich nehme an, dass Sie es gar nicht abwarten können, sich Ihre neue Praxis anzusehen.«
    »Ja, ich würde sie zu gern sehen, Jack.«
    »Nun gut.« Er faltete die Tauranga News zusammen und erhob sich. »Gehen wir! Es ist nicht weit vom Haupthaus entfernt. Sie werden Augen machen.«
    Auf dem Weg über das Anwesen bemerkte Ricarda zum ersten Mal die hohen Bäume, die das Tor zu dem Anwesen bildeten. Keiner der Bäume in Berlin oder Zürich hatte diese Größe erreicht.
    »Was sind das für imposante Bäume?«, fragte sie.
    »Man nennt sie Kauri. Aus besonders großen Exemplaren bauen die Maori ihre Langboote.«
    »Wie lange stehen die schon hier?«
    »Ich weiß es nicht. Schon als mein Vater dieses Land erworben hat, reckten sie sich in den Himmel. Er hat es nicht übers Herz gebracht, sie zu fällen, also wurden sie zum Tor unseres Anwesens.«
    »Wie schön sie sind! Sie sind ineinander verschlungen wie ein Liebespaar. Ein schöneres Tor für diesen Ort gibt es wohl nicht.«
    Manzoni war gerührt. »So habe ich es noch nie betrachtet, aber ja, es stimmt.«
    »Hat Ihre Farm einen Namen?«
    »Meine Eltern konnten sich nie einigen. Mein Vater wollte einen italienischen Namen, den meine Mutter nicht passend fand. Aber letztlich hatten sie für solche Dinge wohl keinen Sinn.«
    Sie folgten einem Pfad, der sich wie eine braune Ader durch das Gras zog.
    »Bis Sie Ihre Praxis eröffnen, werde ich dafür sorgen, dass das Gras kürzer ist.«
    »Wollen Sie die Sense schwingen?«, fragte Ricarda scherzhaft.
    Jack schüttelte den Kopf, und sie hielt es zunächst für einen Scherz, als er antwortete: »Ich werde ein paar meiner Schafe hier grasen lassen.«
    Ihre Blicke trafen sich, und Jack entging nicht das amüsierte Funkeln in Ricardas Augen.
    »Sie glauben mir nicht?«, fragte er.
    »Es hört sich ungewöhnlich an.«
    »Ist aber gute englische Tradition. Sagen Sie bloß, in Deutschland wird so etwas nicht gemacht. Man hält dort doch auch Schafe, oder?«
    »Auf dem Land wäre es möglich, dass man die Schafe im Garten grasen lässt. In der Stadt hat man Gärtner.«
    Jack blieb stehen und machte eine ausladende Handbewegung. »Da wären wir.«
    Inmitten eines Feldes aus lila- und rosafarbenen Lupinen erhob sich ein achteckiger Bau mit zahlreichen hohen Fenstern. Das Dach erinnerte an das einer chinesischen Pagode. Dadurch wirkte das Gebäude in dieser Umgebung ein wenig deplatziert.
    Ricarda war vollkommen überrascht und fand es wunderschön.
    »Dieser Pavillon war ein Wunschtraum meiner Mutter«, erklärte Jack. »Mein Vater hat ihn erbauen lassen, um hier Bälle zu veranstalten, wie es meine Mutter gewünscht hatte. Er ist recht groß, sodass Sie sogar einige Kranke über Nacht dabehalten und hier wie in einem Hospital versorgen könnten.«
    Ricarda betrachtete das Gebäude fasziniert.
    »Gefällt es Ihnen?«, fragte Jack nach einer Weile.
    Auf einmal wurde Ricarda bewusst, wie nahe er in diesem Augenblick bei ihr stand. So nahe, dass sie seine Nähe spüren konnte und eine zufällige Bewegung ausgereicht hätte, ihn zu berühren. Ihr Herz pochte plötzlich schneller, und ihre Haut prickelte. Schon lange hatte sie sich nicht mehr so lebendig gefühlt wie in diesem Augenblick.
    »Es ist wunderbar«, antwortete sie, worauf Jack sie unvermittelt bei der Hand nahm und sie mit sich zog. Vielleicht ein wenig zu ungestüm für ihren derzeitigen Zustand, aber Ricarda ließ es geschehen.
    »Schauen wir es uns von innen an!«
    Nachdem Jack ein paar Grasbüschel, die die Tür blockierten, herausgezogen hatte, betraten sie das Gebäude. Eine Einrichtung gab es nicht, dafür ein hübsch gemustertes Parkett. An den Wänden befanden sich Vertäfelungen mit dezenten Schnitzereien. Ein perfekter Saal für Bälle und Empfänge! Eine schöne Umgebung schadet den Kranken gewiss nicht, dachte Ricarda. Im

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