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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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hing, ein paar dicke Scheiben ab.
    Als Ricarda das erste Mal bemerkt hatte, dass seine Frühstückgewohnheiten eher den ihren ähnelten als denen der Engländer und Neuseeländer, war sie hoch erfreut gewesen. Jack hatte ihr erklärt, dass sich sein italienischer Vater nie mit den englischen Essgewohnheiten habe anfreunden können. In seinem Elternhaus habe es deshalb nie Porridge gegeben.
    »Brauchen Sie Hilfe in der Praxis?«, fragte Jack, als sie sich am Tisch gegenübersaßen.
    Die Ärztin blies den Dampf über den Rand ihres Kaffeebechers hinweg und schüttelte den Kopf. »Während meiner gesamten Jugend standen Dienstmädchen zu meiner Verfügung. Ich war es so gewohnt, aber während meiner Studienzeit habe ich dann gemerkt, wie befreiend es ist, nicht ständig Personal um sich zu haben.«
    »Ich dachte eher an eine Krankenschwester«, erklärte Manzoni lächelnd.
    »Die kann ich mir leider noch nicht leisten.« Ricarda griff nach einem Stück Brot und einer Scheibe Salami. »Aber eines Tages werde ich mir sicher eine fähige Kraft suchen.«
    Jack sah sie daraufhin lange an und vergaß darüber beinahe, dass er ebenfalls einen Kaffeebecher in der Hand hielt.
    »Was halten Sie von einer kleinen Klavierstunde?«, fragte er plötzlich.
    Ricarda war sichtlich überrascht. »Jetzt gleich?«
    Natürlich erinnerte sie sich noch an ihr Versprechen. Aber ist Klavierunterricht nicht eher etwas für den Nachmittag?
    »Nach dem Frühstück. Es ist noch früh am Tag. Meine Männer reiten erst in einer halben Stunde auf die Weide. Wir könnten es doch versuchen.«
    Ricarda lächelte. »Wenn Sie mein Geklimper am frühen Morgen ertragen ...«
    Jack nahm lächelnd einen großen Schluck Kaffee. »Keine Sorge, ich habe gute Nerven.«
 
    Nach dem Frühstück führte Jack Ricarda in den Salon.
    Auf dem Hof erwachte allmählich das Leben. Die Wachablösung für die Mannschaft, die über Nacht bei der Herde geblieben war, machte sich bereit. Im Salon war nicht viel davon zu spüren.
    Das Morgenlicht spiegelte sich in der lackierten Oberfläche des Klaviers. Ein gepflegteres Instrument war Ricarda noch nie untergekommen. Nicht einmal der Flügel ihres Vaters war so gut poliert gewesen.
    »Zunächst müsste ich mich ein wenig einspielen«, sagte sie, als sie sich auf den Schemel niederließ.
    Es ist Jahre her, dass ich gespielt habe, dachte sie. Die Leidenschaft für die Medizin hat meine Liebe zur Musik verdrängt. Aber nun habe ich wieder Gelegenheit, meine Fingerfertigkeit zu schulen.
    So manches Mal, wenn sie in Zürich wütend war, hatte sie große Lust verspürt, Beethoven oder Brahms zu spielen. Doch da hatte sie mangels Instrument nicht die Gelegenheit dazu gehabt.
    Trotz der langen Pause verspürte sie ein erwartungsvolles Kribbeln in den Fingerspitzen. Vielleicht wäre Mozart angebracht, überlegte sie, während sie die Finger lockerte und den Deckel aufklappte.
    Sie begann mit ein paar einfachen Akkorden, doch das Klangergebnis war grässlich. Das Instrument war verstimmt.
    »Gibt es in Tauranga einen Klavierstimmer?«, fragte Ricarda lachend und tippte auf das G, das besonders schräg klang. »Dieses Klavier ist wunderschön, aber es muss dringend gestimmt werden. Es wurde sicher schon lange nicht mehr gespielt, habe ich Recht?«
    Ein wehmütiger Schatten huschte über Jacks Gesicht. »Seit vielen Jahren nicht. Ich habe mich so danach gesehnt, seine Klänge endlich wieder zu hören.«
    »Das werden Sie.« Ricarda lächelte ihn sanft an. Hat seine Verlobte wohl für ihn gespielt?, fragte sie sich. Eine Welle der Zuneigung erfasste sie, und ihre Stimme wurde weich. »Aber zunächst muss ein Klavierstimmer her. Andernfalls müssen wir befürchten, dass sich Mozart oder Beethoven im Grab umdrehen.«
    Jack lachte schallend. »Ich mag Ihren Humor! Ich werde den Klavierstimmer noch heute herbitten.«
 
    Kurz nachdem Jack an diesem Vormittag davongeritten war, rollte eine Kutsche auf den Hof. Ricarda säuberte in ihrer zukünftigen Praxis gerade ihre Gerätschaften, die Jack aus dem verkohlten Gebäude geholt hatte. Der Kutscher sprang vom Bock, öffnete den Kutschenschlag und half Mary Cantrell hinaus.
    Froh darüber, ihre Gönnerin und Freundin wiederzusehen, trocknete sich Ricarda rasch die Hände ab, strich sich die Kleider glatt und verließ den Pavillon.
    Als sie die Schritte vernahm, wirbelte Mary herum. »Ricarda!«, rief sie erfreut und kam ihr mit ausgestreckten Händen entgegen. »Wie schön, Sie so wohlbehalten zu

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