Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
hier!«
Der Butler schloss die Tür vor der Nase des Besuchers.
Hooper blickte sich um. Bessetts Garten war wirklich eine Pracht. Aus dem Pferdestall erklang leises Gewieher.
Vielleicht kann ich mir auch irgendwann ein Haus mit Garten und schöne Pferde leisten, dachte Hooper. Und dann werd ich mir eine Frau nehmen und es mir gutgehen lassen.
Wenig später wurde die Tür aufgerissen.
Bessetts Miene verfinsterte sich, als er den Besucher erkannte.
»Was wollen Sie?«, fragte er, während er dem Butler mit einem Wink bedeutete, sich zu entfernen.
»Ich dachte, ich frag mal nach Arbeit«, scherzte Nick, doch die Miene des Adligen verdeutlichte ihm sofort, dass der keinen Sinn für Scherze hatte.
»Kommen Sie auf den Punkt!«, forderte Bessett im Flüsterton, nachdem er die Tür hinter sich zugezogen hatte.
»Wir haben uns einen Maori gegriffen und ihm 'ne kräftige Abreibung verpasst. Mittlerweile glauben viele von Manzonis Leuten, dass sie die Schuldigen sind.«
»Das sind doch mal gute Nachrichten!« Bessetts Miene hellte sich ein wenig auf.
»Allerdings ist Manzoni nicht überzeugt. Er hat dem Maoribengel geglaubt und uns Strafen angedroht.«
»Das sieht ihm ähnlich. Sie sollten Ihre Bemühungen verstärken.«
»Und wie soll ich das machen? Wir dürfen diese Bastarde nicht mehr anfassen. Wenn man's genau nimmt, sind sie auch nicht ...«
»Hüten Sie Ihre Zunge!«, fuhr Bessett ihn an und blickte sich misstrauisch um. Wer weiß, wer jetzt wieder lange Ohren macht, fuhr ihm durch den Kopf. »Es ist nicht meine Angelegenheit, sich etwas auszudenken, sondern Ihre. Lassen Sie sich gefälligst was einfallen!« Damit verschwand Bessett wieder im Haus.
Der Klavierstimmer Gregory Nolan war ein älterer Herr mit dichtem schneeweißem Haar und dem Gehör eines Luchses.
Kurz nachdem Mary Cantrell die Farm verlassen hatte, war sein Einspänner vorgefahren. Mit altmodischer Höflichkeit hatte er sich Ricarda vorgestellt, und sie hatte ihn ins Haus geleitet.
Fasziniert beobachtete sie nun, wie er die Stimmung ohne ein nennenswertes Hilfsmittel vornahm. Die Stimmgabel hatte er nur ein einziges Mal benutzt, um den ersten Ton festzulegen.
»Mit Klavieren ist es wie mit Frauen«, sinnierte er halblaut bei seiner Arbeit. »Schenkt man ihnen keine Beachtung, reagieren sie verstimmt. Sie sollten das Klavier spielen, so oft Sie können, Miss.«
Sie stimmte ihm zu und beobachtete, wie er die Augen schloss und seine Hände auf die Tasten legte. Zu ihrer großen Überraschung ertönte eine Melodie von Schumann.
Sogleich fühlte sich Ricarda in ihre Kinderzeiten zurückversetzt. Damals hatte sich ihre Mutter ebenfalls von Zeit zu Zeit an den Flügel gesetzt. Ihre Lieblingsmelodien waren die von Schumann gewesen.
Beinahe drohte die Erinnerung und auch das aufkeimende Heimweh Ricarda zu überwältigen. Tränen stiegen in ihre Augen, und ein Kloß schnürte ihr den Hals zu.
Doch dann setzte der Klavierstimmer abrupt ab. »Wenn Sie es von nun an regelmäßig spielen, werden Sie meine Dienste nicht so schnell wieder benötigen.« Damit klappte er den Deckel zu und verabschiedete sich, ohne ein Honorar zu fordern.
Am Abend setzte sich Ricarda noch einen Moment lang vor den Pavillon. Die Luft war warm und erfüllt von einem vielstimmigen Wispern. Ricarda richtete den Blick auf die Sterne. Sie sahen in diesen Breiten vollkommen anders aus, auch das Band der Milchstraße erschien ihr verändert.
Hufschlag riss sie aus ihrer Betrachtung. Wenig später erschien Jack.
»Ein schöner Abend, nicht wahr?«
Ricarda nickte. »Es ist das erste Mal seit langem, dass ich mir die Sterne bewusst anschaue.«
»Ist Ihnen aufgefallen, dass sie hier auf dem Kopf stehen?«
»Ich habe mir so etwas gedacht.«
»Die Maori haben ganz eigene Namen für die Sternbilder. So nennen sie den Schützen Marere-o-tonga und die Gürtelsterne des Orion Tautoru.«
»Ich fürchte, ich würde weder das eine noch das andere erkennen«, gab Ricarda ein wenig verlegen zu.
»Wenn Sie möchten, zeige ich sie Ihnen bei Gelegenheit.«
»Das würde mich freuen.«
»Ich habe Ihnen etwas aus der Stadt mitgebracht«, sagte er nach einer kurzen Pause.
Ricarda hob überrascht die Augenbrauen. »Der Klavierstimmer war doch bereits hier!«»Den meinte ich nicht. Wenn Sie mit reinkommen, gebe ich es Ihnen.«
Im Salon, auf dem blank polierten Holztisch neben dem Klavier, stand eine nagelneue Arzttasche aus braunem Leder.
»Sie wurde frisch aus Wellington
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