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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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sich in der Oberfläche des Ozeans spiegelte. Die Wellen brandeten gegen die Felsen, und der Wind brach sich an den steilen Klippen, wobei sein Brausen mit den Klängen der Muschelhörner konkurrierte, die nun erneut geblasen wurden.
    Als der Mond sich zeigte, stimmten die Maori wieder ihre kairaka an.
    »Sie feiern den Aufgang des ersten Neumondes nach Erscheinen des Siebengestirns«, erklärte Jack im Flüsterton. »Bei den Maori ist das fast so etwas wie Neujahr.«
    »Welch ein faszinierender Anblick!«, raunte Ricarda. Sie wusste, dass sie dieses Fest und diese überirdische Schönheit niemals vergessen würde.
    Plötzlich wurde es still. Wie gebannt schauten die Dorfbewohner in Richtung Horizont, bis einer der Männer plötzlich rief: »Anā Matariki!«
    »Das heißt, dass da drüben das Siebengestirn zu sehen ist«, erläuterte Jack.
    Ricarda war noch immer zu bewegt, um zu antworten. Sie hielt Ausschau nach dem Gestirn. Und tatsächlich, recht nah an der Horizontlinie war ein Funkeln zu sehen.
    Nachdem alle eine Weile andächtig geschwiegen hatten, stimmte Moana einen feierlichen Gesang an. Damit endete das Fest, und die Dorfbewohner kehrten nun zu den Hütten zurück.
    »Wünscht man sich hier auch ein gutes neues Jahr?«, fragte Ricarda, als sie sich dem Zug wieder anschlossen.
    Jack schüttelte den Kopf. »Die einzigen Worte, die das neue Jahr betreffen, richtet man bei den Maori an die Götter, denn sie bestimmen darüber, wie ertragreich ein Jahr ist. Mit dem neuen Jahr beginnen die Maori wieder in ihren Gärten zu säen, nachdem sie in den vergangenen Wochen geerntet haben.«
    »Also ist dies eher ein Erntedankfest.«
    »Nicht ganz. Man dankt für die Ernte, aber man gedenkt auch der Toten. Es ist ein Fest des Lebens und des Todes. Es lässt sich mit nichts in Europa vergleichen.«
 
    Bevor Ricarda und Jack den Heimweg antraten, gesellte Moana sich zu ihnen.
    »Deine Wunden gut verheilt?«, fragte sie Ricarda mit einem einnehmenden Lächeln.
    Ricarda nickte. »Sehr gut. Danke, Moana. Ich habe keine Schmerzen mehr. Deine rongoa sind hervorragend.«
    Moana neigte geschmeichelt den Kopf. »Ich gern wissen, welche rongoa in deinem Land. Du mir zeigen, wenn wieder hier?«
    »Mit Vergnügen«, versprach Ricarda.
    Die Heilerin lächelte freundlich und verabschiedete sie dann auf traditionelle Weise.
    »Ich mit dir sprechen, kiritopa«, wandte sie sich an Jack.
    Ricarda begriff, dass Moana allein mit Jack sprechen wollte.
    Ihr Begleiter warf ihr einen entschuldigenden Blick zu, der diese Vermutung bestätigte, und folgte Moana ein paar Schritte in den Busch.
    »Ich spüre, dass du was haben auf Herz«, sagte sie, nachdem die Ärztin außer Hörweite war. »Ganze Zeit dein Blick unruhig wie ein kleiner Vogel.«
    »Einer meiner Leute wurde vorgestern angegriffen und schwer verletzt. Er behauptet, dass es ein Maori war.«
    Moanas Augen verengten sich zu Schlitzen. Sie sah Jack enttäuscht an. »Männer gestern alle bei Vorbereitungen. Ich nicht gesehen einen verschwinden.«
    »Dennoch hat mein Angestellter eine tiefe Wunde im Bein«, entgegnete Jack. Er atmete einmal tief durch, bevor er leise hinzusetzte: »Und er behauptet, dass es ein Krieger dieses Dorfes war.«
    Moana wirkte nicht überrascht. Offenbar hatte sie ihm angemerkt, dass es darum ging. Sie setzte auch nicht zu einer Verteidigung an.
    »Dass so schwere Zeiten kommen, ich nicht vorausgesehen. Du Polizei von Tauranga holen?«
    Jack atmete tief durch. »Ich hatte es eigentlich nicht vor, aber die Angelegenheit muss untersucht werden. Was Ripaka angetan wurde, war schlimm, rechtfertigt aber keinen Mordversuch.«
    Moana blickte ihn traurig an. All die Jahre waren sie friedlich miteinander ausgekommen. Nun schien sie deutlich zu spüren, dass Jacks Vertrauen zu ihr schwand.
    »Wir beweisen, dass nicht Krieger aus unserem Dorf angegriffen«, sagte sie schließlich. »Vielleicht du dann wieder mehr vertrauen.«
    Damit wandte sie sich grußlos ab und kehrte ins Dorf zurück.
    Jack blickte ihr nachdenklich hinterher.
 
    Insgeheim wünschte Ricarda sich, die Rückkehr zur Farm möge kein Ende nehmen. Der Busch erschien ihr noch faszinierender als auf dem Hinweg. Nebel hing in den Baumkronen und verlieh ihnen eine magische Aura. Die Spinnweben an den Farnen glitzerten wie Diademe aus Tautropfen, und die samtigen Moose und Baumflechten glänzten feucht. Vogelstimmen und andere Geräusche, die nicht im Geringsten mit dem morgendlichen Erwachen in Berlin oder

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