Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
er wieder in den Stoff eingeschlagen hatte, nicht aus der Hand.
Sie passierten den Weidezaun und gingen ein Stück weit in den Busch hinein. Auf den ersten Blick gab es hier nichts Auffälliges zu sehen. Ein paar Zweige waren abgebrochen, ein Farnbusch war niedergedrückt, als habe dort ein Tier geruht.
Rasch huschte der Junge dorthin und deutete unter die Farnwedel.
»Da gelegen haben.«
»Und hier sind Hufspuren«, rief Kerrigan plötzlich, während er auf den Boden deutete.
Jack wirbelte herum und sah sie nun auch. Die einzigen Pferde weit und breit gab es auf seiner Farm. Allerdings könnte auch Bessett oder einer seiner Männer hier herumgeritten sein.
»Es wäre doch möglich, dass der Mann, der Hooper angegriffen hat, kein Maori war«, überlegte Kerrington laut.
Jack wickelte das Messer noch einmal aus und betrachtete es eine Weile. Seine Gedanken wanderten zunächst ziellos umher, bis sein Instinkt sie in eine bestimmte Richtung lenkte. »In der Tat«, antwortete er dann. »Kommen Sie, Tom, wir haben einige Fragen zu klären.«
Wird es denn heute gar nicht mehr hell?, fragte sich Ricarda seufzend, als sie aus dem Fenster blickte. Die grauen Wolken ballten sich immer dichter zusammen. Im Pavillon war es so dunkel, dass sie die Petroleumlampen anzünden musste, um ordentlich sehen zu können.
Da die Patienten bei diesem Wetter offenbar ausblieben und das Suchen nach neuen Pflanzen auch nicht möglich war, nahm Ricarda sich vor, ihre bisher gewonnenen Erkenntnisse aufzuschreiben.
Zuvor schaute sie aber noch einmal nach Nick Hooper. Dank seiner kräftigen Konstitution hatte er den Blutverlust gut verwunden und auch die Heilung der Wunde machte Fortschritte.
»Wie geht es Ihnen, Mr Hooper?«, fragte Ricarda, als sie an das Bett ihres Patienten trat.
Der Schafhirte lächelte sie an. »Schon wieder ganz anständig, Doc. Besonders jetzt, wo Sie bei mir sind.«
Schon seit einigen Tagen machte er ihr Komplimente, wo er nur konnte. Ricarda war das unangenehm. Sie überging die Schmeichelei geflissentlich. »Dann lassen Sie mich mal nach der Wunde sehen.« Damit löste sie den Verband.
»Sie macht mir nachts noch ziemlich zu schaffen«, erklärte der Mann, während Ricarda vorsichtig Karbollösung auf die Verletzung tupfte. »Aber das gibt sich, denke ich.«
Ricarda nickte und setzte ihre Arbeit schweigend fort. Noch nie war ihr aufgefallen, dass der Schafhirte sie geradezu lüstern anstarrte. Wie Nadelstiche spürte sie seine Blicke plötzlich.
Macht er sich etwa Hoffnungen auf mich? Wenn ja, dann muss ich ihn enttäuschen, dachte sie, ließ sich aber nichts anmerken, sondern legte einen neuen Verband.
»Wie sieht's aus, Doc?«, fragte Hooper plötzlich. »Können Sie sich vorstellen, irgendwann mal zu heiraten und Kinder zu kriegen?«
Ricarda hielt inne und blickte ihn überrascht an.
»Ich weiß nicht, ob das für Sie von Interesse sein sollte.«
Hooper grinste sie unverschämt an. »Nun kommen Sie, Doc! Muntern Sie Ihren Patienten doch mal ein wenig auf!«
Ricarda atmete tief durch. »Ich weiß nicht, ob es wirklich aufmunternd für Sie wäre, wenn ich Ihnen meine Meinung zu dem Thema sage.«
»Das heißt also, Sie wollen nie heiraten? Und immer nur arbeiten und für sich selbst sorgen?«
»Was spricht dagegen?«
»Nun, zum Beispiel, wie Mr Manzoni Sie ansieht. Und Sie ihn. Ich denke schon, dass Sie sich tief in Ihrem Herzen danach sehnen, einen Mann zu haben, der für Sie sorgt.«
»Und ich denke, dass Sie sich darüber nicht den Kopf zerbrechen sollten«, entgegnete sie schroff, während sie das Verbandstuch mit einer Sicherheitsnadel zusammensteckte.
Was nimmt sich dieser Kerl bloß heraus? Es geht ihn überhaupt nichts an, wie ich wen ansehe und ob ich jemals heirate.
Glücklicherweise lieferte donnernder Hufschlag ihr den Vorwand, sich ihrem unangenehmen Patienten zu entziehen. Ricarda eilte ans Fenster und blickte in den Hof.
Jack Manzoni und Tom Kerrigan zügelten ihre Pferde und sprangen aus dem Sattel. Pfützenwasser und Matsch spritzte nur so von ihren Stiefeln auf, während sie auf das Mannschaftsquartier zusteuerten.
Ist etwas geschehen?, fragte sich Ricarda, während sie ein leichtes Unwohlsein überkam.
Als die Tür aufgerissen wurde, stützte Hooper sich auf die Ellenbogen. Ricarda wäre Jack zu gern entgegengelaufen, aber sie wollte den Vermutungen des Schafhirten nicht noch mehr Nahrung bieten.
Die beiden Männer traten schnurstracks ein. Sie hatten keinen Blick
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