Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
entschuldigt, und wenn Sie wollen, entschuldige ich mich noch einmal. Aber ich sehe nicht ein, dass ich etwas Unrechtes getan haben soll. Die Frau war verletzt, und als Ärztin habe ich die Pflicht, sie zu versorgen. Ich konnte das nicht auf der Straße tun, also bin ich hergekommen. Da kein Arzt zugegen war, habe ich die Behandlung übernommen. Jetzt können Sie Ihr kostbares Behandlungszimmer zurückhaben.«
Ricarda sah den Mann unverwandt an. Doherty schien vor Wut zu kochen. Nur die Tatsache, dass sie eine Frau war, schien ihn davon abzuhalten, sie mit Schimpfworten zu überziehen oder sie eigenhändig hinauszuwerfen.
»Verlassen Sie sofort mein Hospital!«, sagte er nur, worauf Ricarda Miss Cooper den Arm tätschelte, ihr ein »Das wird bald wieder« zuraunte und erhobenen Hauptes zur Tür schritt.
Ein spöttisches Lächeln spielte um die Mundwinkel der französischen Krankenschwester, die Ricarda nahezu unverschämt ansah.
Ricarda fühlte eine heiße Wut, doch sie beherrschte sich. Sie strich ihr Kleid glatt, hastete an Zerberus vorbei und verließ das Hospital.
Zu ihrer großen Überraschung wartete ihr Kutscher noch immer mit seinem Wagen vor der Veranda, als hätte er nichts Besseres zu tun.
»Wie geht es dem Mädchen?«, fragte er.
»Nicht besonders. Miss Cooper hat ernsthafte Verletzungen, wird sich aber wieder erholen.«
Jack Manzoni nickte und starrte für einen Moment auf seine Stiefelspitzen. »Sie haben ziemlich viel Courage, Miss.«
»Ich habe nur getan, was ich tun musste.« Eine leichte Brise umwehte Ricarda. Verlegen strich sie sich die Locken aus dem Gesicht. Sie schloss die Augen, atmete tief ein und fühlte sich plötzlich erschöpft.
Ich sollte in die Pension zurückkehren, dachte sie.
Doch irgendwie brachte sie es nicht über sich, das Gespräch zu beenden. Der Mann mit den leuchtenden Augen verwirrte sie. »Ich wüsste zu gern, wer der Kerl war, der sie einfach über den Haufen geritten hat«, setzte sie schließlich hinzu.
»Was wollen Sie mit ihm tun?«
»Ihm die Arztrechnung schicken. Doktor Doherty wird die Patientin sicher nicht umsonst aufnehmen. Miss Cooper hat aber keineswegs einen wohlhabenden Eindruck auf mich gemacht. Außerdem steht ihr Schmerzensgeld zu.«
Der Mann grinste nur.
»Was ist daran so komisch?«, fragte Ricarda trotzig.
»Eigentlich nichts«, gab Manzoni zu. »Ich bin nur erstaunt, dass Sie so denken. Wenn hier jemand von einem Pferd überrannt wird, steht er wieder auf, klopft sich den Staub aus den Sachen und schickt dem Rüpel bestenfalls einen Fluch hinterher.«
»Das Mädchen dort drinnen konnte nicht aufstehen.« Ricarda stemmte die Hände in die Hüften. »Es hat Rippenbrüche, eine gequetschte Lunge, Blutergüsse und Platzwunden. Folgeschäden sind nicht auszuschließen. Und das alles nur, weil jemand nicht mit seinem Pferd umgehen konnte oder keine Augen im Kopf hat.«
Der Mann legte den Kopf zur Seite und betrachtete sie. »Sie sind eine engagierte Ärztin. Jemand, der die Menschen nicht nur als einen Haufen Fleisch und Knochen betrachtet.«
»Haben Sie daran etwa gezweifelt?«
»Ehrlich gesagt habe ich bisher nicht viel von Ärzten gehalten. Aber Sie könnten mich vielleicht vom Gegenteil überzeugen.«
Ricarda spürte, wie ihr unter seinem Blick abwechselnd heiß und kalt wurde. Sie wollte nicht fort von hier, aber bleiben konnte sie auch nicht. »Ich sollte jetzt gehen.«
»Kann ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein, Miss?«, fragte Manzoni und deutete auf seinen Wagen. »Ich könnte Sie wieder zurückfahren.«
»Kennen Sie eine gute Wechselstube in der Nähe? Mit meinem deutschen Geld kann ich hier nichts anfangen.«
»Ich würde Ihnen die Bank of New Zealand empfehlen. Sie befindet sich in der Wharf Street. Da haben Sie immerhin die Gewähr, dass man Sie nicht übers Ohr haut. In den Wechselstuben am Hafen stimmt der Kurs nicht immer. Ich halte Sie zwar nicht für eine arme Kirchenmaus, aber ich denke, auch Sie haben nichts zu verschenken. Wenn Sie mögen, fahre ich Sie hin.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich habe Ihre Zeit schon viel zu lange beansprucht.«
»Gut, wie Sie wollen, Doktor.« Wenn Enttäuschung in seiner Stimme mitschwang, lenkte sein breites Lächeln davon ab. »Dann viel Glück im Land der weißen Wolke!« Manzoni streckte ihr die Hand zum Abschied entgegen.
Ricarda zögerte, bevor sie sie ergriff.
Aber Jack ließ sich nicht dazu hinreißen, ihr einen Handkuss zu geben. Er drückte Ricarda
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