Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
Blutungen hinwies. In dem Fall musste die Verunglückte dringend in ein Hospital.
»Holt eine Plane oder eine Decke!«, rief Ricarda, worauf Molly, die sich inzwischen in die erste Reihe der Gaffer vorgearbeitet hatte, sofort ins Haus zurückeilte.
»Vielleicht sollten wir besser Doktor Doherty holen«, meinte einer der Umstehenden.
»Sparen Sie sich die Mühe! Sie können mir ruhig glauben, dass ich Ärztin bin. Die Frau ist bei mir gut aufgehoben.«
Ringsumher raunten sich die Zuschauer etwas zu, doch Ricarda blendete es aus, wie sie es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, seit sie unter den hämischen Blicken ihrer Kommilitonen zur Sektion antreten musste.
Als Ricarda den Bauch der Verletzten abtastete, regte diese sich und schlug die Augen auf.
»Was ist passiert?«, fragte sie schwach.
Ricarda unterbrach ihre Untersuchung kurz und lächelte sie beruhigend an. »Sie wurden von einem Pferd überrannt. Bleiben Sie ganz ruhig liegen, ich kümmere mich um Sie!«
Die Augen der Frau weiteten sich ängstlich.
»Keine Sorge, Sie kommen wieder in Ordnung! Darf ich Ihren Namen erfahren?«
»Emma. Emma Cooper.«
»Gut, Miss Cooper, ich bin Doktor Ricarda Bensdorf. Wenn Sie bitte den Mund öffnen würden?«
Ricarda untersuchte die Mundhöhle und bemerkte eine Verletzung an der Innenseite der rechten Wange. Das Blut konnte von dort herrühren, konnte jedoch auch von einer Lungenblessur oder einem Milzriss stammen. Es wäre sicherer, Miss Cooper in ein Hospital einzuweisen.
»Gibt es in der Stadt ein Lazarett?«, fragte sie in die Runde und erntete nur verwunderte Blicke. Verdammt, sprach sie denn so schlecht, dass die Leute sie hier nicht verstanden?
»Es gibt das Hospital!«, rief ein Mann. »Am nördlichen Ende der Cameron Road.«
»Ich will nicht ins Hospital«, erklärte Emma schwach, doch gerade das überzeugte Ricarda vom Gegenteil.
»Keine Angst, Miss Cooper! Ich werde bei Ihnen bleiben, Ihnen passiert nichts. Ich will nur ausschließen, dass Sie etwas Schwerwiegendes haben und womöglich zu Schaden kommen.« Dann wandte sie sich an die Umstehenden. »Gut, könnte dann einer von Ihnen einen Wagen besorgen? Und das bitte schnell, die Verletzte muss ins Hospital.«
»Sie können meinen Wagen nehmen«, tönte eine Stimme über alle Köpfe hinweg. Augenblicklich wirbelten sämtliche Anwesende herum. Ein Mann in feinem Anzug stand zwischen ihnen. Er hatte einen kamelbraunen, breitkrempigen Hut in der Hand, wie ihn kein Berliner tragen würde, weil er damit wie ein Darsteller eines Wildweststückes aussähe. Ricarda fragte sich, ob er wohl auf dem Weg zu einer Feier war. Aber darüber würde sie sich später Gedanken machen - wenn überhaupt. Jetzt war sie erst einmal froh, dass ihr jemand Hilfe anbot, ohne sie minutenlang anzuschauen, als sei sie die heilige Johanna von Orleans.
»Gut, dann fahren Sie den Wagen vor! Und Sie, meine Herren, werden Miss Cooper vorsichtig auf den Wagen heben. Am besten mit Hilfe dieser Decke.« Ricarda hatte Molly bemerkt, die ihr eine Decke entgegenstreckte.
Als sie sich nach dem Fremden umschaute, der sein Fuhrwerk angeboten hatte, war er bereits in der Menge verschwunden. Es dauerte nur wenige Minuten, bis der Wagen herbeirollte, die Menge teilte und neben der Verletzten zum Stehen kam. Es war ein offener Landauer, auf dem Kisten und Päckchen gestapelt waren.
»Legen Sie Miss Cooper hier ab, aber ganz vorsichtig!«, wies sie die Männer an. Als sie die Verletzte auf eine Plane gelegt hatten, die vermutlich bei Regen die Ladung schützen sollte, und mit Mollys Decke zugedeckt hatten, kletterte Ricarda neben Miss Cooper und sicherte sie mit zwei Kisten vor dem Verrutschen.
»Wird es so gehen?«, fragte sie. Als Emma nickte, stieg Ricarda hinüber auf den Kutschbock, wo der Fremde saß.
»Kann's losgehen?«, fragte er, und als Ricarda bejahte, trieb er die Pferde an. Ein Ruck, schon rollte der Wagen an, und erneut teilte sich die Menschenmenge wie das Rote Meer vor Moses.
Er schaukelte ziemlich, bis sie weniger zerfurchten Boden erreichten.
»Übrigens, mein Name ist Jack Manzoni«, erklärte der Kutscher. »Nicht, dass Sie glauben, ich sei ein Strolch, der junge Frauen entführt.«
»Keine Sorge, ich sehe nur einen sehr hilfsbereiten Mann«, erklärte Ricarda schlagfertig. »Ich bin Ricarda Bensdorf.«
»Hab ich schon mitbekommen.« Der Mann lächelte breit. »Klingt europäisch. Sind Sie Deutsche?«
Ricarda blickte ihn überrascht an. »Ja, das bin ich.«
»Ich habe
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