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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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nur lächelnd die Hand und kletterte dann wieder auf den Kutschbock.
    Sie sah ihm nach, als er davonfuhr.
 
    Die Sonne senkte sich bereits dem Horizont entgegen, als Manzoni seine Farm erreichte. Doch er bedauerte den Umweg zum Hospital nicht. Wann begegnete man denn schon mal einer Frau, die furchtloser war als so mancher Mann? Und auch klüger. Diese Ärztin war nicht nur klug und mutig, sie war auch schön und ziemlich eigenwillig. Damit unterschied sie sich deutlich von den Frauen in seiner Bekanntschaft. Viele Freunde würde Ricarda Bensdorf sich mit ihrem Naturell hier allerdings nicht machen - und Freundinnen schon gar nicht. Aber es kam schließlich nicht darauf an, das zu tun, was andere verlangten oder erwarteten. Es kam darauf an, das zu tun, was einen glücklich machte. Jack seufzte. Ob diese Frau in Neuseeland ihr Glück finden wird? Er beschloss, sie im Auge zu behalten, und schob die Gedanken an die Ärztin beiseite.
    Er hatte Kerrigan versprochen, die Kräuter gegen die Schafläuse zu besorgen; also spannte er die Pferde aus und führte nur eines in den Stall. Dann nahm er das Geschenk für Moana, drei Ellen feinen Stoff, vom Wagen und verstaute es in einer Tasche, die er quer über der Schulter trug. Da sein Vater ihm beigebracht hatte, ohne Zaumzeug und Sattel zu reiten, schwang er sich auf den Rücken des anderen Kutschpferdes und tauchte wenig später ins Buschland ein. Ein Fremder liefe selbst am helllichten Tag Gefahr, sich hier hoffnungslos zu verirren. Doch Jack war ein Kind dieses Landes und würde selbst in tiefster Dunkelheit zu dem Stamm finden, der auf seinem Grund wohnte.
    Rings um ihn raschelte es im Gebüsch. Paradiesvögel, die sich in den hohen Baumkronen niedergelassen hatten, erfüllten die Luft mit ihrem Gesang. Dazwischen mischten sich das Krächzen von Keas und das Zwitschern von Vögeln, deren Namen er nicht kannte.
    Trotz der Dämmerung sah er Fledermäuse, die auf der Suche nach Käfern und anderem Kleingetier über den Waldboden krochen. Meist waren die kleinen Flattertiere schnell genug, um den Pferdehufen auszuweichen.
    Nach einer Weile tauchte das Dach des marae, des Versammlungshauses der Maori, zwischen den Bäumen auf. Die kunstvollen Holzschnitzereien, die den Giebel zierten, leuchteten im letzten Licht der Abendsonne. Sie zeigten Figuren, Pflanzen und Gesichter von Kriegern, die ihre Zunge weit herausstreckten, um Feinden Angst und Respekt einzuflößen.
    Kaum hatte Jack die Grenze des Dorfes erreicht, traten ihm auch schon die Wachen entgegen.
    »›Kia ora!«, rief er ihnen zu und stieg vom Pferd.
    Die beiden kräftigen jungen Männer, die Furcht erregende Speere in den Händen hielten, erkannten den Besucher und hießen ihn formlos willkommen.
    Da Jack nicht zum ersten Mal hier war, brauchte er den traditionellen Willkommensritus nicht noch einmal über sich ergehen zu lassen. Auf jemanden, der mit den Sitten der Maori nicht vertraut war, konnte dieser Brauch feindselig wirken, obwohl damit nur der Mut und die Absichten des Gastes auf die Probe gestellt wurden.
    Aata und Mahora waren hochgewachsen und am Körper sowie zum Teil auch schon im Gesicht tätowiert. Was »Mahora« bedeutete, wusste Manzoni nicht, aber »Aata« war das Maoriwort für einen Bären, und der Träger dieses Namens machte ihm alle Ehre.
    »Ich möchte Moana sprechen«, erklärte Manzoni und blickte zwischen den beiden hindurch auf Frauen und Kinder, ohne die Heilerin zu entdecken.
    »Moana vor einiger Zeit fortgegangen. Wenn willst, du warten.«
    Jack wusste, dass man es ihm als die Ungeduld der Weißen auslegen würde, doch diesmal konnte er die Gastfreundschaft des Stammes nicht annehmen. »Das ist sehr freundlich von euch, aber diesmal bin ich in Eile. Ich werde sie suchen und um ein Gespräch bitten.«
    Damit verabschiedete er sich und saß wieder auf. Er lenkte sein Pferd in großem Bogen um die Siedlung herum und gelangte zu einem Gelände, das er nur zu Fuß betreten durfte. Deshalb machte er seinen Hengst an einem Baum fest.
    Er fand Moana an der Stelle, wo sie nachzudenken und zu meditieren pflegte. Hier, in der Nähe des Meeres, fühlte sie sich der Urmutter Papa und dem Urvater Rangi nahe.
    Sie saß mit geschlossenen Augen auf einem Felsen; das schwarze Haar, das bereits einen Silberschimmer aufwies, wehte ebenso im Wind wie ihr bunt bedrucktes Gewand. Ihr Kinn war mit einer rankenförmigen Tätowierung verziert, ein moko, das nur die ehrenwerten Frauen des Stammes auszeichnete

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